München

Gedenken jenseits der Routine

Kinder aus der IKG zeigen ihre Bilder zum Thema Schoa-Gedenkstätten. Foto: Marina Maisel

Bilder, die Erinnerungen festhalten, Bilder, die viel erzählen, Bilder, die lebendig werden – Bilder in all ihren Facetten sind der Ausgangpunkt eines Projekts, mit dem das Jugendzentrums »Neshama« am Vorabend des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar die Ausstellung Denk Mal! Holocaust-Gedenkstätte eröffnen und das Theaterstück Bitte nicht anfassen! präsentieren wird.

Mit tollen Ideen und neuen Projekten gestaltet das Jugendrum die Erinnerungsarbeit immer wieder aufs Neue und setzt damit einen Anspruch um, den Präsidentin Charlotte Knobloch bei der Gedenkveranstaltung zum 68. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau im Mai 2013 formulierte und mit dem sie vor einer Ritualisierung der Erinnerungskultur warnte: »Wir brauchen eine lebendige Kultur des Erinnerns, praktiziert von jungen Menschen, die das Gedenken aus der Routine-Falle befreien.«

Interpretation Das aufgeführte Drama Bitte nicht anfassen! ist eine Neuauflage des im Jahr 2007 in München präsentierten Stückes, das im Rahmen des Projekts »Bilder leben – lebende Bilder« der Münchner Theatergruppe »Lo-Minor« und der Moskauer Theatergruppe »Ben Agnon« entstand. Am 26. Januar gestalten zwölf Jugendliche in neuer Besetzung und mit eigenen Interpretationen das Stück.

Die Bilder jüdischer Künstler wie Felix Nussbaum, Charlotte Buraschova, Aizik-Adolf Fedor, David Oler und David Ludwig Bloch, die zwischen 1939 und 1980 entstanden sind, stehen während der Aufführung großformatig auf der Bühne und werden gewissermaßen lebendig, wenn die Schauspieler aus den Bilderrahmen steigen. Inspirieren ließen sich die Jugendlichen durch die Biografien der jüdischen Künstler. In kleinen Szenen werden zudem Dialoge aus Eli Wiesels Buch Eine Generation später, Gedichte des Häftlings Alla Eisenscharf und Texte vorgetragen, die von den Jugendlichen selbst verfasst wurden.

»Eine starke emotionale Arbeit begleitete die jungen Schauspieler vom ersten Tag an, als sie sich den Themen des Stücks angenähert haben«, berichtet Theaterleiterin Anastasia Komerloh. Drei Aspekte führen dabei als Leitfaden von der Vergangenheit in die Gegenwart: die Beziehung zwischen Eltern und Kindern, Liebe und Moral sowie die Schoa. Was damals wichtig war, wie es heute ist und wie sich die zwischenmenschlichen Beziehungen entwickeln – all diese Themen wurden auf der Bühne ebenfalls verglichen und analysiert. Vergangenheit und Gegenwart kommen so einander näher und mischen sich. »Die Bilder sprechen mit den Menschen, sie werden lebendig«, erklärt Theaterpädagogin Komerloh. »Sie kommen aus dem Museumsrahmen heraus. Sie darf man anfassen, sie muss man anfassen!«

Verarbeitung Doch nicht nur auf der Bühne sind die Bilder lebendig geworden. Bei der Ausstellung Denk Mal! Holocaust-Gedenkstätte haben junge Künstler im Atelier der Kunstpädagogin Svetlana Durkova mit Fotos von Gedenkstätten gearbeitet und mit Pastellkreide, Buntstiften und Kohle eigene Bilder angefertigt. 17 Fotos wurden ausgewählt und nachgemalt. Über die künstlerische Verarbeitung hinaus haben die Kinder die Geschichte dieser Denkmäler und die damit verbundenen Ereignisse besprochen.

Am Beginn stand eine intensive Recherchearbeit, um die geeignetsten Bilder von zahlreichen Schoa-Gedenkstätten auszusuchen. Aus den Geschichten, die zu den Fotos gehören, entstanden Texte in russischer und deutscher Sprache, die in der Ausstellung die Bilder begleiten. Die Dokumente, die künstlerisch nicht weiter bearbeitet worden sind, werden als Ergebnis der umfangreichen Recherche in einer Powerpoint-Präsentation im Saal gezeigt.

Neben bekannten Gedenkstätten sind auch solche zu sehen, die erst vor einigen Jahren entstanden. Dazu gehören etwa das Denkmal in Babi Jar, das erst im Jahr 2006 eröffnet wurde, und das Menora-Denkmal im lettischen Rumbola, wo über 25.000 Juden ermordet wurden. Wegen einer langjährigen Auseinandersetzung mit den dortigen Behörden wurde die Gedenkstätte erst 2002 errichtet.

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