Literatur

Freud und Leid einer jüdischen Braut

Las in der Kultusgemeinde aus ihrem neuen Roman: Eve Harris Foto: Marina Maisel

Charmante Frauenpower war angesagt, als die Engländerin Eve Harris mit polnisch-israelischen Wurzeln jüngst ihren Roman Die Hochzeit der Chani Kaufman im Jüdischen Gemeindezentrum vorstellte. Seit die Autorin die Geschichte rund um die Verheiratung einer 19-jährigen Rabbinertochter veröffentlichte, ist sie mit Lob überschüttet worden.

Zu Recht: Das Leben in den chassidischen Enklaven von Golders Green und Hendon mag durch ein vielfältiges Regelwerk vorbestimmt und kontrolliert sein – die Art indes, wie Frauen und Männer zueinanderfinden, ein gutes Zuhause aufbauen, Freundschaften pflegen oder einander wehtun, hat eine universell gültige Dimension. Dies schildert der Roman authentisch, fernab aller Klischees.

orthodox Henriette Schroeder, die 2014 mit ihrem Sachbuch Ein Hauch von Lippenstift für die Würde. Weiblichkeit in Zeiten großer Not selbst von sich reden gemacht hat, arbeitete im Gespräch mit Eve Harris diese Qualitäten des Roman heraus. Harris habe, resümierte die Moderatorin, mit Empathie und Humor Einblicke in die orthodox-jüdische Welt gewährt. Wie sei ihr dies gelungen, obgleich sie doch selbst nicht so fromm lebe? Eve Harris berichtete unverblümt, dass sie in säkularer Atmosphäre aufgewachsen sei. Wegen der Schoa sei es ihrem Vater nicht mehr möglich gewesen, religiös zu sein. »Ich wurde als stolze Jüdin, aber ohne Ritus erzogen.«

Die Beschreibung der Mädchenerziehung ist ihr so präzise gelungen, »weil ich nach einem Job an einer toughen Londoner Schule als Literatur-Lehrerin an ein sehr religiöses Lehrinstitut gewechselt bin«, berichtete Harris. Alles war reglementiert, Fernsehen unerwünscht, die Lektüre von Harry Potter-Romanen verboten. Harris begriff jedoch, dass das, was ihr klaustrophob erschien, für andere beschützend war.

Sie bewahrte sich Offenheit, sah, wie bescheiden die Schülerinnen erzogen wurden. Und zuletzt waren auch sie nur Teenager. Als Eve Harris sich anschickte zu heiraten, »mit Anfang 30 in dieser Welt spät genug«, wie sie trocken anmerkte, diskutierten ihre Schülerinnen aufgeregt über ihr Kleid. Die Schuldirektorin wiederum machte sich Sorgen, weil Harris das Tragen einer Perücke verweigerte.

israel Ein mehrjähriger Aufenthalt in Israel und speziell die Stimmung kurz vor Schabbat an der Klagemauer – es sind biografische Erfahrungen wie diese im Leben der Autorin, die Eingang in den Roman gefunden haben und ihn so glaubwürdig machen. Was sie am jüdischen Staat besonders fasziniert habe, wollte Moderatorin Henriette Schroeder von der Schriftstellerin wissen.

Jerusalem, antwortete Eve Harris prompt. Und diese genoss ganz offensichtlich die wohlklingende Stimme der Schauspielerin Ulrike Kriener, die Passagen aus ihrem bei Diogenes erschienenen Roman grandios vortrug. »Es war, als wäre die Mauer ein Symbol für ein Volk – und eine Verbindung dazu. Zu Ihrem Volk.«

Eve Harris: »Die Hochzeit der Chani Kaufman«. Roman. Deutsch von Kathrin Bielfeldt. Diogenes, Zürich 2015, 464 S., 16 €

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen. Dies muss auch politisch unverhandelbare Realität sein

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024