Was haben »Herr Kafka und die verlorene Puppe«, das japanische Israel und »Die Großstadt-Detektive« gemeinsam? Ganz einfach. Es sind einige der über 80 Themen und Veranstaltungen der »Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr«. Sie feiern vom 23. bis 30. Juni unter dem Motto »Mit allen Sinnen« die Vielfalt jüdischer Kultur in den Regionen Rheinland, Ruhrgebiet und Bergisches Land.
Das Festival findet zum sechsten Mal statt und lädt in mehr als zehn Städten zu einem bunten Programm sowie vielen offenen Türen in die Gemeinden ein. Kunst, Musik, Literatur, Film und kulinarische Highlights sind ebenso dabei wie Veranstaltungen für Kinder und Familien. In diesem Jahr waren es vor allem die jüdischen Gemeinden der Region, die das Marathon-Programm für alle Altersgruppen in Zusammenarbeit mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und lokalen Kulturinstitutionen auf die Beine stellten.
Auf vielen Ebenen gefördert
Das Festival steht unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Hendrik Wüst und wird vom Land und der Stadt Düsseldorf auf vielen Ebenen gefördert. »Mit den Kulturtagen möchten wir dazu beitragen, Barrieren abzubauen, Begegnungen zu schaffen und jüdische Kultur mit allen Sinnen zu genießen«, sagt Oded Horowitz, der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Auch wenn es »in Zeiten wachsender Unsicherheiten und zunehmendem Antisemitismus keine Selbstverständlichkeit« sei, ein jüdisches Kulturfestival zu organisieren.
Das Festival findet alle vier Jahre statt und ist längst eine feste Größe.
Nach einer ersten Düsseldorfer Ausgabe im Jahr 1998 fanden die Jüdischen Kulturtage das erste Mal 2002 auf Initiative von Paul Spiegel und Herbert Rubinstein in ganz NRW statt – und seither mit Ausnahme einer pandemiebedingten Pause alle vier Jahre. Sie sind längst zu einer festen Größe der Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens geworden, dem mit rund 18 Millionen Menschen bevölkerungsreichsten Bundesland.
»Wir freuen uns in diesem Jahr ganz besonders, dass die Gemeinden so begeistert und aktiv die Veranstaltungen selbst vorgeschlagen und mitgestaltet haben. Erstmals gibt es auch ein eigenes Kinder- und Jugendprogramm«, sagt Inna Goudz, Geschäftsführerin des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein. »Die Idee ist, Kultur auch dort zu zeigen, wo sie stattfindet, eben in den Gemeinden. Und das trotz der Situation.«
»Wir wollen uns nicht verstecken, sondern mit den Stadtgesellschaften feiern«
Die Rahmenbedingungen des letzten Festivals 2019 waren noch ganz andere als diesmal. Seit dem 7. Oktober 2023 gibt es weitaus höhere Sicherheitsmaßnahmen, sie würden aber trotz des Krieges zwischen Israel und dem Iran nicht weiter verschärft. »Die Jüdischen Kulturtage sind ein Fenster des jüdischen Lebens in Deutschland, und wir wollen uns nicht verstecken, sondern mit den Stadtgesellschaften feiern. Wichtig ist, dass das Festival weitgehend in den Gemeinden stattfindet und Dialoge entstehen«, sagt Horowitz.
»Es kommen diesmal auch nicht so viele Künstler aus Israel oder von außen, sondern wir haben vieles aus der Region zu bieten, um jüdisches Leben 2025 authentisch zu vermitteln«, so Horowitz. Neu ist dabei auch die Reihe »Gemeinsames Erleben«. »Wo Menschen etwas zusammen tun, nehmen sie auch mehr mit«, sagt Landesverbandsgeschäftsführerin Goudz.
Die Veranstaltungen sind so abwechslungsreich wie das jüdische Leben und die Region Ruhr.
Die Veranstaltungen sind so abwechslungsreich wie das jüdische Leben und die Region Ruhr: vom Bildvortrag »Die vergessene Königin« über »Unbekannte Geschichten von Juden aus Dinslaken« bis zur brisanten Frage im Theatermuseum Hofgartenhaus Düsseldorf (TMD), welche Rolle »Kosher Pickles« in der jüdischen Pop-Kultur spielen, die dank TikTok gerade im Trend liegen. Mit Gästen feiert TMD-Leiter Sascha Förster diesen »bunten Abend« im »Pickle Palace«.
Eine der größten japanischen Exilgemeinden Europas
Und weil die charmante Landeshauptstadt auch eine der größten japanischen Exilgemeinden Europas beherbergt, findet dort die Ausstellung Israel auf Japanisch statt: »Wie zeige ich meine Liebe zu Israel und auch dem Judentum in Verbindung mit meiner Herkunft?«, fragte sich die japanische Künstlerin Makoto Tanaka und präsentiert ihre Antworten durch Manga, japanisch für Comic.
Eva Lezzis Großstadt-Detektive gehen in Bonn und Düsseldorf auf die Jagd nach einem Handy-Dieb. Das israelisch-amerikanische Duo Yonina tritt auch in Essen und in Aachen auf. Der Rapper Nissim Black aus Seattle, der heute in Israel lebt, singt seine eigene Geschichte von tiefer Spiritualität. Die jüdischen Gemeinden in Krefeld, Aachen, Essen und Bonn laden zum Challa-Backen, ein muslimisch-jüdischer Kochkurs wird in Dorsten angeboten, und die Autorinnen Katharina Höftmann Ciobotaru |und Sohrab Shahnameh präsentieren trotz der aktuellen Lage ihren »Dialog für die Menschlichkeit«: Über den Hass hinweg. Briefe zwischen Tel Aviv und Teheran.
Im Bonner CineStar läuft der Film Masel Tov Cocktail: »1 Jude, 12 Deutsche, 5cl Erinnerungskultur, 3cl Stereotype, 1 TL Israel, 100 % Koscher«. Porträts von Jankel Adler und Else Lasker-Schüler sind am »Familiensonntag« in Wuppertal zu sehen, das Abschlusskonzert mit Pinchas Zukerman und Daniel Hope findet in Bonn statt. Zum Closing Rave im NRW-Forum verbindet sich die in Tel Aviv geborene DJane Mor Elian mit den lokalen Größen Sophietje aus der Düsseldorfer Klubszene und dem Duo Trancesetters of Westphalia. Eines ihrer Stücke heißt »Night Crawler«. Na dann: Fröhliches Krabbeln!