Franz-Rosenzweig-Preis

Engagierter Journalismus

Michael Naor von der B’nai B’rith Loge Düsseldorf, »Bild«-Chef Julian Reichelt und der Historiker Michael Wolffsohn (v.l.) Foto: Annette Kanis

Couragiert gegen Antisemitismus und engagiert in der Unterstützung des Staates Israel – für sein journalistisches Wirken in diesem Sinne erhielt Julian Reichelt, Vorsitzender der »Bild«-Chefredaktionen, am vergangenen Samstag den Franz-Rosenzweig-Preis. Der Preis wurde erstmalig anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der gleichnamigen B’nai B’rith Loge in Düsseldorf vergeben.

Der Historiker und Publizist Michael Wolffsohn stellte in seiner Laudatio Beispiele des journalistischen Wirkens des Preisträgers heraus. So sei Julian Reichelt derjenige gewesen, der das erst kürzlich erlassene Gerichtsurteil zum Beförderungsverbot von Israelis der Kuwait Airways scharf verurteilt und deutlich publik gemacht hatte. »Ohne Wenn und Aber kommentierte und kritisierte Julian Reichelt die unrichtige Rechtsprechung«, lobte der Laudator in seiner Ansprache.

Arte Überzeugend sei auch gewesen, dass sich die »Bild«-Zeitung unter Reichelts Regie starkgemacht habe für die zunächst abgesagte Ausstrahlung der Arte-Dokumentation über Antisemitismus in Europa. Diese lief erst im Online-Auftritt der »Bild«-Zeitung und wurde dann nach Diskussionen im Fernsehen ausgestrahlt. »Julian Reichelt ist ein Leuchtturm, nicht nur als Journalist – für die Sache Israels und der Juden und weit darüber hinaus«, schloss Laudator Wolffsohn.

Persönlichkeit Michael Wolffsohn kennt den Preisträger Julian Reichelt seit zehn Jahren persönlich und stellte anerkennend dessen zugewandten Charakter heraus. »Ich schätze seine Arbeit und seine Persönlichkeit sehr«. »Geradlinig, mutig, intelligent«, dies seien treffende Begriffe für den Journalisten und Menschen Reichelt.

Der freute sich über die öffentliche Anerkennung und stellte sie zugleich kollegial in einen größeren Zusammenhang. »Der Preis bedeutet mir sehr viel, und er gebührt ebenso meinen Kollegen, die mit mir in einer Linie gehen und mit ihrer Berichterstattung auch damit verbundene Risiken und Anfeindungen tragen«, sagte Julian Reichelt.

In seiner Dankesrede erwähnte er Redaktionskollegen wie Antje Schippmann, die über den Nahen Osten berichtet, oder Claas Weinmann, der als Chefreporter für Video damals die Idee hatte, die Antisemitismus-Doku online zu zeigen.

Springer Seine eigene Verbundenheit mit Israel sei besonders durch seine journalistische Tätigkeit vor Ort während des zweiten Libanonkrieges geprägt worden, beschrieb Julian Reichelt. Israel sei für ihn ein »Herzensthema« geworden. Damit sieht sich der 37-Jährige in der Tradition des Springer-Verlagshauses und betonte zum Abschluss: »Solange es Antisemitismus in Deutschland gibt, werden wir eine besonders laute Stimme dagegen sein.«

Die Vizepräsidentin des Landtags von Nordrhein-Westfalen, Carina Gödecke (SPD), war wegen eines anderen Termins verhindert, sandte in ihrem Grußwort aber Anerkennung für eine faire und mutige Berichterstattung, die Preisträger Julian Reichelt in seiner leitenden Funktion verantworten würde.

Sie nahm Bezug auf den alltäglichen Antisemitismus und betonte: »Durch den Einzug einer rechtsnationalen Partei in fast alle Landtage und den Deutschen Bundestag haben hetzende, fremdenfeindliche und auf Spaltung unserer Gesellschaft ausgerichtete Äußerungen nun auch noch eine parlamentarische Bühne bekommen.«

Zukunft Unter den mehr als 100 Gästen des Festbanketts war auch Reinold Simon, Ehrenpräsident von B’nai B’rith Europe. Der Niederländer verlas ein warmherziges Grußwort an die ihm eng verbundene Franz-Rosenzweig-Loge, in dem er auf den neu aufkommenden Antisemitismus einging. Dagegen anzugehen, sei eine wichtige Aufgabe der B’nai-B’rith-Logen, der sie sich in Zukunft weiter stellen müssten.

Jubiläumsjahr Die Preisverleihung am Samstag war ein abschließender Höhepunkt des Jubiläumsjahres der Franz-Rosenzweig-Loge. Im Sommer schon hatte ihr das Stadtmuseum Düsseldorf anlässlich des 50-jährigen Bestehens eine umfassende Ausstellung gewidmet. Es war die erste Ausstellung über B’nai B’rith in Europa. Unter dem Titel Wohltätigkeit. Brüderlichkeit. Eintracht. verwies sie auf die Ideale von B’nai B’rith. Sie finden sich auch im vielfältigen Wirken der Düsseldorfer Loge.

So sind neben dem politischen Engagement gegen Antisemitismus weitere Schwerpunkte wohltätiges Engagement sowie die Förderung der jüdischen Kultur und die Verbundenheit mit dem Staat Israel. Die Franz-Rosenzweig-Loge hat derzeit rund 50 Mitglieder. Sie werden, wie bei B’nai B’rith traditionell üblich, auf Vorschlag und nach Prüfung aufgenommen.

Der derzeitige Düsseldorfer Logen-Präsident Michael Naor hatte in der von ihm verantworteten Festschrift für die Gäste einen Überblick über das Wirken der Franz-Rosenzweig-Loge sowie ihrer Vorgänger-Loge zusammengestellt. In seiner Ansprache ging Naor auf die Menora als Symbol der Organisation ein. Angesichts von Hass, Vorurteilen und Ausgrenzung sei das »Licht« in der heutigen Zeit oftmals verdunkelt. »Es fehlt an ethischen Werten und Orientierung.«

Den Medien komme in dieser Zeit der Verunsicherung eine wichtige Rolle zu. Für ihn als Repräsentanten der Loge sei die Preisverleihung an Julian Reichelt daher ein wichtiges Zeichen.

Aufgaben Der Jubiläumsveranstaltung war ein internes Logentreffen vorausgegangen, bei dem Funktionen im Beamtenrat, dem Vorstand der Loge, neu besetzt wurden. Logen-Präsident Michael Naor wurde in seinem Amt bestätigt. Der Ehrenpräsident von B’nai B’rith Europe, Reinold Simon, führte vier jüngere Mitglieder neu in ihre Aufgaben ein.

So übernimmt Michael Rubinstein neben Oded Horowitz künftig das Amt des Vizepräsidenten, und Tamar Grünewald wurde zur Schatzmeisterin ernannt. Neue Schriftführerin ist Alla Dronov und Bert Römgens Kulturreferent oder, wie es in der Logensprache heißt, Marschall. Die jüngere Generation übernehme wichtige Aufgaben, freute sich Michael Naor. Für ihn ein zukunftsweisendes Zeichen.

München

Wir feiern das Leben!

Vor 80 Jahren wurde die Israelitische Kultusgemeinde München wiedergegründet. Ein Festakt würdigte ihre Kontinuität

von Luis Gruhler  29.07.2025

Bremen

Belebtes Trafohäuschen

Die Initiative Köfte Kosher ruft mit vielen Veranstaltungen zum aktiven Gedenken an die Opfer von rechter Gewalt auf

von Helmut Kuhn  29.07.2025

Schwerin

Stolpern mit App

In 37 Orten Mecklenburg-Vorpommerns sind Gedenksteine zu finden. Mithilfe des Smartphones kann man nun mehr erfahren

von Axel Seitz  28.07.2025

Chemnitz

Ein ganzes Jahr Kultur

Zu Chanukka eröffnet in Chemnitz »Tacheles 2026«. Das sind 365 Tage jüdische Kunst, Literatur, Musik und Events. Die Vorbereitungen laufen bereits

von Christine Schmitt  28.07.2025

Kompakt

SchUM, Haifa, WhatsApp

Kurzmeldungen aus den Gemeinden

 27.07.2025

Düsseldorf

27. Juli 2000, 15.04 Uhr

Bei einem Rohrbombenanschlag am S-Bahnhof Wehrhahn wurden zehn Menschen teils schwer verletzt, ein ungeborenes Kind getötet. Der Angeklagte wurde freigesprochen. Auch nach 25 Jahren bleiben Ohnmacht und Sprachlosigkeit

von Katrin Richter  27.07.2025

Erziehung

Es ist schön, jüdisch zu sein!

Wie wir unsere Kinder gerade in schwierigen Zeiten in ihrer Identität bestärken können

von Daniela Fabian  25.07.2025

Portrait der Woche

Städte, die bleiben

Joseph L. Ronel ist Architekt und malt Erinnerungen an Orte, an denen er nie war

von Katrin Diehl  24.07.2025

Judith Kessler

Die Geschichtenjägerin

Viele Jahrzehnte war Judith Kessler Redakteurin beim »jüdischen berlin«, hat Menschen zusammengebracht, vergessene Storys recherchiert. Jetzt geht sie in Rente – und hat eine neue Mission

von Christine Schmitt  24.07.2025