Oldenburg

Eine Frau voller Ideen

Sara-Ruth Schumann (1938–2014) sel. A. Foto: Kay Michalak

Die ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg, Sara-Ruth Schumann, ist am Sonntag nach langer schwerer Krankheit in einem Hamburger Altersheim gestorben.

Schumann hatte die Gemeinde Anfang der 90er-Jahre wiederaufgebaut und sie von 1992 an mehr als 20 Jahre als Vorsitzende geleitet. Dies konnte sie im Juni 2012 mit der Gemeinde, Wegbereitern und Freunden feiern.

Stadtsiegel Noch im Januar dieses Jahres hatte ihr in Anerkennung der Verdienste um die Stadt Oberbürgermeister Gerd Schwandner das Große Stadtsiegel Oldenburgs verliehen.
Schwandner zeigte sich tief betroffen als er vom Tod Schumanns hörte. »Ohne ihre menschliche Größe, ihre Versöhnlichkeit und ihr klares Verständnis und offenes Wirken wäre Oldenburg eine weniger vielfältige Stadt. Sara-Ruth Schumann hat Oldenburg über Grenzen hinaus einen guten Klang verliehen«, erklärte der Oberbürgermeister. Nicht zuletzt durch ihre unnachgiebige Leidenschaft habe sie für alle Sparten des kulturellen Lebens in Oldenburg gewirkt. »Die Stadt hat einen großen Menschen verloren«, so Schwandner.

Sara-Ruth Schumann war Trägerin des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, saß lange in Vertretung der niedersächsischen Gemeinden im Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks Hamburg, war im Vorstand des Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen. Bis zu ihrem Ausscheiden aus der Oldenburger Gemeinde gehörte sie zudem dem Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland an.

Nicht immer wurden ihre Pläne am Anfang gutgeheißen, doch im Nachhinein stellte sich häufig heraus, wie recht sie hatte und wie viel Glück ihr damit beschieden war. Das begann schon mit der Idee, die Gemeinde in Oldenburg neu zu gründen. Viele Verantwortliche sahen damals ein großes Risiko darin, das Schumann jedoch unbeirrt, gern und schließlich mit Erfolg einging.

novum 1995 stellte die Gemeinde mit Bea Wyler die erste Frau als Rabbinerin in Deutschland ein. Ein Novum, das von vielen Rabbinerkollegen damals skeptisch beäugt wurde. Heute sind in Deutschland ordinierte Rabbinerinnen schon fast alltäglich. Mit Alina Treiger und Jona Simon hat Oldenburg sogar ein Rabbinerehepaar, wobei beide Partner in Deutschland ausgebildet und ordiniert wurden.

Sara-Ruth Schumann wurde am 11. März 1938 als Hedwig Abraham in Bremen geboren. Zehn Monate später wurden ihre Großeltern auf die Straße getrieben und ihr Geschäft verwüstet. Ihr jüdischer Vater konnte sich und seine Familie vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten im nahen Bokel verstecken. 17 ihrer Familienangehörigen wurden in Minsk ermordet. Schumann besuchte Schulen in Bremen. Den späteren Oberbürgermeister von Bremen, Henning Scherf, kannte sie aus gemeinsamen Jugendtagen.

Kunst Auf Wunsch ihres Vaters machte sie zunächst eine kaufmännische Ausbildung, wurde schließlich Krankenschwester und arbeitete in einem Bremer Diakonissenhaus. Später versorgte sie ihre kleine Familie und war schließlich 13 Jahre Kulturamtsleiterin der Stadt Oldenburg. Ihre Liebe zur Kunst schlug sich nicht nur in der Leitung einer eigenen Galerie, sondern auch in der Ausstattung der Synagoge, die die Gemeinde 1995 erwerben konnte, nieder. Ihre persönliche Handschrift war nicht nur in deren Ausstattung und Gestaltung, sondern auch im gemeinsamen Lernen, etwa mit Rabbinerin Bea Wyler, zu erkennen.

Im Sommer 2012 erkrankte Sara-Ruth Schumann an einem Autoimmun-Leiden, das sie schließlich zum Rücktritt zwang. Nun ist sie mit 76 Jahren an den Folgen ihrer Erkrankung gestorben. Um sie trauern ihr Sohn Thomas mit Ehefrau und zwei Söhnen, die Gemeinde und viele Freunde, weit über die Grenzen Oldenburgs hinaus.

Köln

ZWST lädt zu Konferenz über Gleichberechtigung ein

Achtung: Der Anmeldeschluss ist morgen, am 26. April 2024

 25.04.2024

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen. Dies muss auch politisch unverhandelbare Realität sein

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024