Es wurde lang, ausführlich und in guter Atmosphäre diskutiert: Jüngst kamen die Vorstandsmitglieder des JLEV, des Jüdischen Liberal-Egalitären Verbandes, zusammen, um über Möglichkeiten und Ziele zu diskutieren. Im April war der Verband gegründet worden, nun ging es um den Inhalt.
»Wir sind basisdemokratisch, auch deshalb haben wir fast den ganzen Tag miteinander konferiert«, so die zweite Co-Vorsitzende von JLEV, Sarah-Elisa Krasnov. »Es herrschte eine gute Atmosphäre, die uns richtig beflügelte.« Und nun stehe ein Programm, mit dem alle sieben Vorstandsmitglieder zufrieden seien. Das Besondere für sie: Die Mitgliedsgemeinden liegen weit auseinander. Zwischen Hannover und Freiburg immerhin einige Hundert Kilometer.
distanz Doch auch diese Distanz ist überwindbar: Die Freiburger werden sich davon nicht abschrecken lassen und im Sommer nach Hannover fahren, denn die Organisation des ersten gemeinsamen Schabbatons ist bereits in vollem Gange. »Im Juli werden wir in Hannover ein ganzes Wochenende gestalten, mit allen Mitgliedern von JLEV, Gottesdiensten, Schiurim und Workshops«, so Krasnov.
JLEV möchte bundesweite Veranstaltungen anbieten, um das liberale und egalitäre Judentum in Deutschland miteinander zu vernetzen, sich untereinander auszutauschen und gemeinsam zu wachsen und sich weiterzuentwickeln. Auch dafür soll ein digitales Lehrhaus eingerichtet werden. Monatlich lädt dieses zu einem Online-Schiur ein. Darin soll es um Themen wie liberale und konservative Halacha, um politische und gesellschaftliche Fragen aus jüdischer Sicht, relevante Publikationen, Talmud, Kabbala, jüdische Strömungen, interreligiöse Themen, jüdische Politik, Wissenschaft und Religion gehen.
Außerdem soll das digitale Lehrhaus ein Seminar anbieten, bei dem interessierte Mitglieder der JLEV-Gemeinden und -Gruppierungen alles rund um den Gottesdienst lernen, beispielsweise, wie man aus der Tora lernt, was die Aufgaben des Gabbai und der Gabbait sind. Dabei wird es um Fragen gehen, wie Vorstands- und Gemeindearbeit Spaß machen und Erfüllung geben kann, wie Konfliktlösungen für typische Probleme in jüdischen Gemeinden gefunden werden und wie die Organisation von sozialem Engagement gelingt. Ein Gemeindecoaching soll ebenfalls angeboten werden.
treffen Einmal im Jahr wollen die Mitglieder der zu JLEV gehörenden Gemeinden und Gruppierungen zu einem großen Treffen in Präsenz mit vielen Vorträgen und Workshops zusammenkommen. Dabei stehen Themen, die liberale und egalitäre Jüdinnen und Juden interessieren, im Mittelpunkt, so Krasnov.
Insgesamt gehören JLEV neun liberale oder egalitäre Gemeinden an, etwa aus Göttingen, Berlin, Hameln und Wolfsburg-Braunschweig.
Die erste Co-Vorsitzende ist Rebecca Seidler aus Hannover, die zweite Krasnov. Die Stellvertretung übernehmen Achim Doerfer und Tatjana Mass. Neben Rabbinerin Elisa Klapheck fungieren Ruth Geiss-Friedlander sowie Cornelia Haberlandt-Krüger als Beisitzerinnen. Der Sitz des Verbandes ist in Berlin.
»JLEV ist demokratisch«, sagt Krasnov. »Die Kommunikation miteinander ist transparent und konstruktiv.« Man lege Wert auf »gegenseitige Solidarität und das Vermeiden von Spaltung«. Meinungsverschiedenheiten sollen »offen und in respektvoller Weise« angesprochen werden. Der Verband besteht aus liberalen und egalitären jüdischen Gemeinden und Gruppierungen in Deutschland und ist angesiedelt unter dem Dach des Zentralrats der Juden in Deutschland als eigenständige Organisation.