Bremen

Ein Rabbiner von Gewicht

Von Haifa nach Bremen: Rabbiner Netanel Teitelbaum Foto: Nikolai Wolff / Fotoetage

Religion möge keine triste Angelegenheit sein, hat sein Vorgänger im Amt, der 2005 verstorbene Rabbiner Benyamin Barslai, gewünscht. Sich selbst. Aber auch der Gemeinde, der er zwei Jahrzehnte vorstand.

Nach fast zehn Jahren der Vakanz ist der Posten des Bremer Landesrabbiners seit Montag wieder besetzt. Und zwar mit Netanel Teitelbaum, der bereits seit 2010 in der Hansestadt tätig war. Nur eben als »fliegender Rabbi«, wie die Gemeindevorsitzende Elvira Noa in Anspielung auf Teitelbaums Wohnen und Wirken zwischen Bremen und Haifa, zwischen Deutschland und Israel, bemerkte. »Wir haben lange dafür gearbeitet«, so Noa, »dass aus dem fliegenden ein stehender Rabbiner wird«. Womit zweifelsfrei weniger Stillstand gemeint ist, als der Wunsch danach, anzuknüpfen an das in vieler Hinsicht untriste Wirken des Vorgängers.

Dialog Nicht zufällig erwies sich die Einführungsfeier des 39-jährigen Landesrabbiners in der Bremer Synagoge als eine Demonstration der Verbundenheit des Stadtstaats mit »seiner« jüdischen Gemeinde. Wäre der für das Wiedererstarken jüdischen Gemeindelebens in Bremen wichtige Hans Koschnick dem Festakt nicht krankheitsbedingt fern geblieben, wären bei gleich vier Alt- und amtierende Bürgermeister dagewesen.

Er habe »gehofft«, sagte Bürgermeister Jens Böhrnsen, »dass Sie, Herr Teitelbaum, sich mit ihrer Familie für Bremen entscheiden«. In jeder Hinsicht »ein Rabbiner mit Gewicht«, habe sich der frühere Kölner Rabbiner von Beginn seines Bremer Engagements an in offener und sympathischer Weise an einem Dialog für ein besseres Miteinander in dieser Stadt beteiligt. Er sei stets dabei gewesen, wenn es um das Zusammenleben von Zuwanderern und Alteingesessenen ging.

Warum man in Teitelbaum die für Bremen »beste, sinnvolle Lösung« gefunden habe, umschrieb Noa so: Sie habe Teitelbaum anfangs gefragt, was er sich denn von der Arbeit in einer kleinen Gemeinde verspreche, mit vielen Zuwanderern, von denen ein Großteil nicht einmal besonders religiös sei. Auf ihre Prophezeiung, er werde hier keine Freude haben, habe er geantwortet, er hätte »noch eine Aufgabe in Deutschland zu erfüllen, mitzuhelfen, das Judentum in Deutschland wiederaufzubauen«. Seit diesem Herbst nun lebt Netanel Teitelbaum mit seiner Frau und seinen Kindern dauerhaft in der Hansestadt.

Widrigkeiten Familien, die aus Israel kommen, wo das jüdische Leben selbstverständlich ist, seien ein Geschenk, weil sie diese Selbstverständlichkeit nach Bremen bringen, sagte Noa. Was immer Teitelbaum während seiner Amtszeit an Widrigkeiten begegne, es mögen »Stolpersteine des Lebens« sein, so die Gemeindevorsitzende.

Dass der offizielle Chanukka-Empfang im Bremer Rathaus am selben Tag stattfand, als Fest des Lichts, des Lebens, gegen die Dunkelheit, sei, so Noa, durchaus beabsichtigt. Und passend für einen neuen Landesrabbiner, der zwar längst gut in der Stadt vernetzt, aber nun erst sozusagen von Amts wegen vor Ort ist – ganz im Sinne seines Amtsvorgängers Benjamin Barslai, mit dem Teitelbaum 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland gehörte. Nicht nur als leuchtender Turm, der der Gemeinde den Weg der Tora weist, wie es der Berliner Rabbiner Yitsak Ehrenberg in seinem Grußwort bei der Amtseinführung in Bremen formulierte, müsse ein Rabbiner ins Innere der Gemeinde wirken. Sondern, wie Elvira Noa betonte, durch Dialog und Präsenz eben auch in die Stadt hinein.

Frankfurt

Ein Haus für alle

Der Zentralrat feierte mit vielen Gästen das Richtfest für die Jüdische Akademie in Frankfurt

von Eugen El  12.10.2024

Feiertage

Chatima towa, oder was?

Was von Rosch Haschana über Jom Kippur bis Sukkot die korrekte Grußformel ist

von Rabbiner Yaacov Zinvirt  11.10.2024 Aktualisiert

München

Eine starke Gemeinschaft

Israels früherer Ministerpräsident Naftali Bennett besuchte die IKG

von Luis Gruhler  11.10.2024

Berlin

Zu Besuch in Deutschlands einzigem koscheren Hotel

Ilan Oraizers King David Garden Hotel ist ein Unikum in der Bundesrepublik

von Nina Schmedding  11.10.2024

Frankfurt

»Jewrovision für den Kopf«

Anfang November rätseln junge Gemeindemitglieder bei »The Jewish Quiz« um die Wette. Ein Gespräch mit Marat Schlafstein und Nachumi Rosenblatt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.10.2024

Vor 80 Jahren

Regina Jonas war eine Pionierin - und ist bis heute ein Vorbild

Sie sah es als Notwendigkeit, dass Frauen ein rabbinisches Amt bekleiden. Regina Jonas hatte wenig Zeit als weltweit erste Rabbinerin: Am 12. Oktober 1944 wurde sie nach Auschwitz deportiert - und starb kurz danach

von Leticia Witte  10.10.2024

Gedenkveranstaltung

Steinmeier: Wer überlebt hat, trägt schwer an der Last

Fünf Jahre nach dem rechtsextremen Anschlag besucht Bundespräsident Steinmeier die Tatorte.

 09.10.2024

Deutschland

Jeder ist eingeladen, der Ohnmacht gute Taten entgegenzusetzen

Der Mitzvah Day findet zum zwölften Mal statt. Anmeldeschluss ist am 1. November

von Christine Schmitt  09.10.2024

Frankfurt

Graumann und Grünbaum zur Doppelspitze in der Frankfurter Gemeinde gewählt

Den Vorstand vervollständigen Rachel Heuberger, Daniel Korn und Boris Milgram

von Christine Schmitt  09.10.2024