Berlin

Der Kreis schließt sich

»So wie einst mein Urgroßvater stehe heute auch ich vor dem Tora-Schrein. Und so wie meine Großeltern singe ich jiddische Lieder«: Svetlana Kundish Foto: Tobias Barniske

Besuchern der Jüdischen Kulturtage Berlin oder des Yiddish Summer in Weimar ist sie ein fester Begriff. Bei den beiden Festivals hat die Sängerin Svetlana Kundish schon oft gezeigt, was die osteuropäische Musiktradition zu bieten hat – und das ist mehr als imposant. Die Stimme der 36-Jährigen mit klassischer Gesangsausbildung geht unter die Haut, auch wenn man weder Jiddisch noch Hebräisch versteht.

Am Donnerstag nun konnte Svetlana Kundish ein ganz besonderes Ereignis feiern. In der Synagoge Pestalozzistraße der Jüdischen Gemeinde zu Berlin wurde sie vom Potsdamer Abraham Geiger Kolleg als Kantorin eingeführt. Es war die erste Investitur einer Kantorin in der Synagoge Pestalozzistraße überhaupt. Zukünftig wird sie als Kantorin der Jüdischen Gemeinde Braunschweig wirken. Sie ist damit die erste Frau in diesem Amt in Niedersachsen.

Premiere Am Rande der Einführung sagte Hartmut Bomhoff vom Geiger-Kolleg: »Diese Premiere freut uns besonders, weil dies die weltweit einzige Synagoge ist, die noch durchgängig mit Chor und Orgel das musikalische Erbe von Louis Lewandowski pflegt, dem Erneuerer der Synagogalmusik in Berlin im 19. Jahrhundert.«

Svetlana Kundish wurde 1982 in der Ukraine geboren und wuchs in Israel auf. Schon als Kind lernte sie Jiddisch von ihren Eltern und Großeltern. Heute tritt sie als Sängerin mit hebräischen, aber eben auch jiddischen Liedern auf. Gemeinsam mit ihrer Familie zog sie 1995 nach Israel. Aber gerade in Israel gebe es für diese Kultur zu wenig Verständnis, sagte sie vor einigen Jahren im Interview mit der Jüdischen Allgemeinen.

Gottesdienste Für sie war es ein Grund mehr, nach Deutschland zu kommen, wo sie im Jahr 2013 am Abraham Geiger Kolleg die Ausbildung als Kantorin begann. »Für mich schließt sich damit ein Kreis«, sagte Svetlana Kundish. »So wie einst mein Urgroßvater stehe heute auch ich vor dem Tora-Schrein von Synagogen und leite Gottesdienste. Und so wie meine Großeltern singe ich jiddische Lieder.«

An der Investitur von Svetlana Kundish nahmen zahlreiche Ehrengäste teil, darunter auch Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, und Sonja Guentner, Vorsitzende der European Union for Progressive Judaism London. ja

Lesen Sie mehr über Svetlana Kundishs Einführung als Kantorin in unserer Ausgabe am Donnerstag.

Interview

»Mir war himmelangst«

Die 96-Jährige Ruth Winkelmann überlebte die Novemberpogrome in Berlin. Bis heute geht sie in Schulen und spricht über ihr Schicksal - und darüber, was ihr den Glauben an die Menschheit zurückgegeben hat

von Nina Schmedding  09.05.2025 Aktualisiert

Urteil

Klage von jüdischem Erben gegen Sparkasse Hagen bleibt erfolglos

Der Großvater des Klägers hatte den Angaben zufolge 1932 ein Konto bei der Sparkasse in Hagen eröffnet und darauf Geld eingezahlt. Später floh er mit seiner Ehefrau in die Schweiz

 07.05.2025

Digitale Erinnerung

Neue App zeigt Deutschland-Karte mit Nazi-Verbrechen

Von 1933 bis 1945 haben die Nationalsozialisten Menschen enteignet, missbraucht, getötet. Die Untaten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik versammelt eine neue App. Schon zum Start gibt es eine Erweiterungs-Idee

von Christopher Beschnitt  07.05.2025

Jom Haschoa

Geboren im Versteck

Bei der Gedenkstunde in der Münchner Synagoge »Ohel Jakob« berichtete der Holocaust-Überlebende Roman Haller von Flucht und Verfolgung

von Luis Gruhler  05.05.2025

Berlin/Potsdam

Anderthalb Challot in Apartment 10b

In Berlin und Potsdam beginnt am 6. Mai das Jüdische Filmfestival. Die Auswahl ist in diesem Jahr besonders gut gelungen

von Katrin Richter  05.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert

Nachruf

»Hej då, lieber Walter Frankenstein«

Der Berliner Zeitzeuge und Hertha-Fan starb im Alter von 100 Jahren in seiner Wahlheimat Stockholm

von Chris Meyer  04.05.2025

Essay

Das höchste Ziel

Was heißt es eigentlich, ein Mensch zu sein? Was, einer zu bleiben? Überlegungen zu einem Begriff, der das jüdische Denken in besonderer Weise prägt

von Barbara Bišický-Ehrlich  04.05.2025

Zusammenhalt

Kraft der Gemeinschaft

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern feierte das Fest der Freiheit im Geiste von Tradition und Herzlichkeit

von Rabbiner Shmuel Aharon Brodman  03.05.2025