TuS Makkabi

Den Nachwuchs im Blick

Vor Trainingsbeginn gibt es High five für alle. »Schön, dass du heute wieder da bist, Theo«, empfängt Sergey Martynovsky einen Jungen. Jeden der 26 Fußballspieler begrüßt der Trainer persönlich. »Mir ist wichtig, mit den Jungs auf Augenhöhe zu sein«, sagt Martynovsky.

Seit Mai ist der gebürtige Ukrainer der neue Fußballcoach der Jugendteams vom Berliner Sportverein TuS Makkabi. Heute stehen Taktik und Stellungsspiel auf dem Trainingsplan der Junioren im Alter von sechs bis zwölf Jahren.

»Auf dem Feld sind wir als Mannschaft ein Organismus«, erklärt Martynovsky den Jungen, die im Kreis um ihn herum auf dem Kunstrasen sitzen. »Unsere Augen sind während des Spiels immer auf den Ballführer und seine Laufwege gerichtet.« Wie das in der Praxis auszusehen hat, will der Trainer mit einer Übung einstudieren. »Leon und Eli, ihr seid vorne, Nathan und Aviv, ihr geht nach hinten, und Theo, du bist im Tor«, sagt der Coach.

Trikot Das Team bekommt gelbe Leibchen. Die andere Mannschaft spielt im blau-weißen Makkabi-Trikot mit Davidstern-Logo auf der Brust. Die Aufstellung steht. Jetzt kann es losgehen. Doch statt sich den Ball zuzukicken, sollen sich die Jungs den Ball mit der Hand zuwerfen. »Häh? Wieso spielen wir denn jetzt Handball statt Fußball?«, fragt Leon seinen Trainer ungläubig. »Wir werfen uns den Ball zu, damit wir uns voll und ganz auf den Spieler, der den Ball hat, konzentrieren können und sehen, wo er ihn hinwerfen muss, um einen Abnehmer zu finden«, erwidert Martynovsky. »Es geht bei dem Ganzen um Teambuilding.«

Die Jugendmannschaften sollen wieder
im Berliner Ligabetrieb mitspielen.

Teambuilding ist momentan das große Stichwort beim TuS Makkabi. Die Verantwortlichen des Vereins haben für den Bereich Jugendfußball viel vor. »Unser Ziel ist es, mit unseren Jugendmannschaften wieder in den Spielbetrieb des Berliner Fußballverbandes einzusteigen«, sagt Ben Isakow. Der 24-Jährige ist seit Mai sportlicher Leiter des Vereins für den Bereich Jugendfußball.

»Viel zu lange hatten wir keine professionelle Struktur, und wir konnten den Kindern nur Freizeitkicken anbieten«, erzählt Isakow. »Das soll sich jetzt ändern.« Bereits für die nächste Saison, so der ambitionierte Plan, soll es für die Altersgruppen der D-, E-, F-, und G-Jugend eigene Mannschaften geben, die sich berlinweit mit anderen Teams messen können.

»Ich bin überzeugt, dass wir bis zum Herbst ausreichend Jungs für unseren Verein gewinnen können, um in die jeweiligen Jugendligen einzusteigen«, sagt Isakow. Eine der ersten Maßnahmen, um dem Jugendfußball an der Julius-Hirsch-Sportanlage in Berlin-Charlottenburg neuen Geist einzuhauchen, war die Einstellung von Trainer Martynovsky. Der 38-jährige erfahrene Fußballcoach hat eine Trainerlizenz bis in den Jugendbereich C und hat vor seinem Engagement beim TuS Makkabi schon Teams in der Ukraine und bei anderen Berliner Vereinen trainiert.

Als jüdisch geprägter Verein ist TuS Makkabi grundsätzlich offen für jedermann.

Werbung »Sergey ist ein guter Mann und ein erfahrener Trainer, der weiß, worauf es im Jugendfußball ankommt«, sagt Sportleiter Isakow. Um mehr fußballbegeisterte Kinder und Jugendliche für den Verein zu gewinnen, will TuS Makkabi speziell an den jüdischen Schulen in Berlin werben. »Wir haben den Vorteil, dass die Heinz-Galinski-Schule direkt ums Eck von unserer Sportanlage liegt«, sagt Isakow. »So haben die Kinder einen kurzen Weg.«

Um sich gegenüber der großen Konkurrenz an Fußballvereinen in Berlin durchzusetzen, will man bei TuS Makkabi die jüdischen Wurzeln des Vereins betonen. »Wir wollen der jüdischen Community zeigen, dass wir ein Verein mit einer guten Jugendabteilung sind, bei dem jedes Kind und jeder Jugendliche die Möglichkeit bekommt, Fußball zu spielen«, sagt der sportliche Leiter.

Hakoah Berlin Immerhin wurde der TuS Makkabi 1970 als Nachfolger der von den Nationalsozialisten zerstörten deutsch-jüdischen Vereine Bar Kochba Berlin und SC Hakoah Berlin gegründet. »Wir stehen als Verein in der langen Tradition jüdischer Sportklubs in Berlin«, sagt Isakow.

Als jüdisch geprägter Verein ist TuS Makkabi grundsätzlich offen für jedermann, wie André Poser, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit von Makkabi, betont. »Wir sind ein vielfältiger und multikultureller Verein.« In der ersten Herrenmannschaft spielen Fußballer aus 22 verschiedenen Nationen. »Ganz gleich ob jüdisch, christlich, muslimisch, buddhistisch oder agnostisch, bei uns ist jeder willkommen«, sagt der Presseverantwortliche. Das Vorurteil, dass der TuS Makkabi ein von russischsprachigen Juden dominierter Verein sei, begegne ihm immer wieder. »Ich lade jeden ein, zu uns zum Training zu kommen und sich selbst ein Bild von der Vielfalt bei uns zu machen«, sagt Poser.

Liga Auch er hofft auf einen schnellen Wiedereinstieg der Jugendmannschaften in die Berlin-Liga. »Wenn die Mannschaft mit dem Davidstern wieder in den Tabellen auftaucht, ist das ein gutes Signal an die Gesellschaft, dass die jüdische Gemeinschaft auch im Fußball ein selbstverständlicher Teil der Berliner Stadtgesellschaft ist«, sagt Poser.

Fußballtrainer Martynovsky will sich nicht um die Werbekampagne der Vereinsleitung kümmern. »Meine Aufgabe ist es, den Jungs guten Fußball beizubringen«, sagt er. Dennoch war es auch für ihn eine bewusste Entscheidung, bei TuS Makkabi anzufangen. Als er davon hörte, dass der Verein seine Jugendfußballabteilung neu aufbauen möchte, hat er den Trainerjob sofort angenommen.

Zusammenhalt »Bei Makkabi gibt es neben dem sportlichen Geist eine Philosophie des Zusammenhalts. Makkabi ist für mich wie eine große Familie«, sagt Martynovsky. »Das finde ich besonders für einen Mannschaftssport wie Fußball eine gute Grundlage.«

Apropos Fußball. Der wird bei der Trainingseinheit dann auch noch gespielt. Nach Handball, Elfmetertraining und Ausdauerübungen dürfen die Jungs gegeneinander kicken. »Das Spiel am Ende des Trainings macht mir immer besonders viel Spaß«, sagt Theo. Er hat schon seinen Kumpels in der Schule erzählt, wie gut der Fußball bei seinem Verein ist. Die wollen beim nächsten Mal zum Probetraining vorbeischauen.

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025