100 Jahre Synagoge Augsburg

»Davidstern und Zirbelnuss«

Frank-Walter Steinmeier: »Wir wollen dieses starke selbstbewusste, orthodoxe wie liberale jüdische Leben in Deutschland.«

Die Augsburger Synagoge war und ist eine der schönsten Deutschlands. Es ist ein Glück, dass sie erhalten geblieben ist – ein Glück für die Gemeinde, für die Stadt und für uns alle. 1985, 40 Jahre nach Kriegsende, im dem Jahr, in dem mein Vorgänger Richard von Weizsäcker den Deutschen –und sich selbst – dabei half, ihre Geschichte als das anzunehmen, was sie war, da begann hier in Augsburg das neue Leben der jüdischen Gemeinde. Und damals, vor der Einweihung, sprach Walter Jacob, der Sohn des letzten Rabbiners in Augsburg, und erinnerte die Deutschen daran, dass die Erbauergemeinde sich hier vor dem Krieg »vollkommen zu Hause« gefühlt habe.

Walter Jacob hat seine Kindheit in diesen Räumen verlebt. Es gelang seinen Eltern, »die Schrecken jener Zeit von uns Kindern fernzuhalten«, schrieb er später. Es gelang ihnen bis zum frühen Morgen des 10. November 1938, als der Mob in die Synagoge eindrang, randalierte, plünderte, Feuer legte und schließlich den Rabbiner, seinen Vater Ernst Jacob, verhaftete, um ihn gemeinsam mit dem Synagogendiener ins Konzentrationslager Dachau zu bringen. Bei seiner Rückkehr 1985 sagte Walter Jacob, sein Weg zurück nach Augsburg führe durch Dachau. Aber dass wir mit seiner Hilfe und der Hilfe vieler anderer neu beginnen konnten, ist ein kostbares Geschenk. Wir wollen dieses starke selbstbewusste, orthodoxe wie liberale jüdische Leben in Deutschland. Es ein weiteres Mal preiszugeben, ist undenkbar.

Und deswegen will ich es auch an diesem Jahrestag deutlich aussprechen: Ja, es gibt Antisemitismus in unserem Land. Er steckt in der tumben Hetzparole ebenso wie in der versteckten, scheinbar entgleisten intellektuellen Nebenbemerkung. An das eine wie das andere dürfen wir uns niemals gewöhnen! Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Synagogen in unserem Land immer noch von der Polizei bewacht werden müssen. Wir dürfen nicht ertragen, dass völkisches Gedankengut wieder Einzug hält in politische Reden. Wir dürfen es nicht hinnehmen, wenn Einwanderer aus muslimisch geprägten Regionen auch ihre Feindbilder importieren. Wir dürfen es nicht durchgehen lassen, wenn aus Kritik an israelischer Regierungspolitik mit einem boshaften Winkelzug eine Infragestellung Israels wird. Antisemitismus muss uns empören, nicht, weil wir eine Schuld abzutragen haben, sondern weil wir Menschen sind. Lassen Sie uns wachsam sein – wachsamer denn je!

---

Josef Schuster: »Was die Juden mit der Kombination von Davidstern und Zirbelnuss zum Ausdruck bringen wollten: Wir sind Augsburger Bürger!«

Die Augsburger Synagoge zählt zu den schönsten in Deutschland, ja in Europa. Aufgrund unserer Geschichte ist sie nicht nur ein Juwel, sondern ein Solitär. Es freut mich sehr, dass Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, diesen Solitär und die Menschen, die diese Synagoge mit Leben erfüllen, würdigen. Und ich danke Kulturstaatsministerin Grütters sowie Ministerpräsident Seehofer, dass Bund und Land die nicht geringen Kosten der Restaurierung in den nächsten Jahren übernehmen werden. Ich denke, wir sind hier einer Meinung: Diese Synagoge zu erhalten, lohnt sich!

Die Augsburger Juden haben vor 100 Jahren eine Platte in den Boden des Eingangshofes eingelassen: Darauf ist ein Davidstern zu sehen, der eine Zirbelnuss umschließt. Sie gehört seit Jahrhunderten zum Stadtwappen. Was die Augsburger Juden mit der Kombination von Davidstern und Zirbelnuss zum Ausdruck bringen wollten, liegt auf der Hand: Wir sind Augsburger Bürger!

Das gilt auch heute für die jüdische Gemeinschaft: Sich selbstbewusst als Bürger dieses Landes zu verstehen, bedeutet weder, überheblich zu sein, noch andere abzuwerten. Aber es bedeutet, sich seiner Herkunft und Tradition sowie seiner Zugehörigkeit sowohl zum Judentum als auch zu Deutschland bewusst zu sein. Dass wir nicht als Fremde, sondern Verbündete betrachtet werden, das wünsche ich mir für die Israelitische Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg, für die jüdische Gemeinschaft und letztlich für dieses Land.

Oper

Kammeroper »Kabbalat Shabbat« in Berlin

Die Zuschauer werden zu einem Schabbatmahl eingeladen. Die Oper ist die erste, die auf Hebräisch in Deutschland interpretiert wird

von Christine Schmitt  23.10.2024

Kunstatelier Omanut

Beschallung mit wunderbaren Stimmen

Judith Tarazi über das erste Inklusions-Konzert, Vandalismus und offene Türen

von Christine Schmitt  22.10.2024

Jüdische Gemeinde Frankfurt

Erstmals eine Doppelspitze

Die neuen Gemeindechefs Benjamin Graumann und Marc Grünbaum wollen Vorreiter sein

von Christine Schmitt  22.10.2024

Potsdam

Gründer des Abraham Geiger Kollegs verstorben

Rabbiner Walter Jacob starb mit 94 Jahren in Pittsburgh

 21.10.2024

Mitzvah Day

Zeit zu verschenken

Jeder ist eingeladen, sich am Tag der guten Taten einzubringen. Anmeldeschluss ist der 1. November

von Christine Schmitt  21.10.2024

Porträt der Woche

Ein Leben mit Büchern

Tanja Korsunska aus Hannover liest, schreibt und organisiert Literaturfestivals

von Chris Meyer  20.10.2024

Berlin

Ceremony of Resilience: Ein Abend des gemeinsamen Gedenkens

Viele kamen nach Kreuzberg, um an den Anschlag von Halle zu erinnern

von Florentine Lippmann  16.10.2024

Makkabi

»Sportlich und mental stärken«

Simone Schneidmann über den Sukkot-Großlehrgang in NRW, Zusammenhalt und die Highlights im Programm

von Ralf Balke  16.10.2024

Feiertag

Abenteuer Sukka

Balkon oder Garten? Es gibt viele Möglichkeiten, eine Laubhütte aufzustellen. Wir haben uns umgesehen

von Chris Meyer  16.10.2024