Erfurt

»Das Judentum hat dieses Land mitgeprägt und zu dem gemacht, was es heute ist«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: dpa

In Erfurt ist heute Abend das Themenjahr »Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen« eröffnet worden. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte zur Eröffnung in seinem Festvortrag: »Neben Bildung, neben Dialog, neben klarem politischen Handeln, neben der Zivilcourage eines jeden Einzelnen ist es auch wichtig, dass die Menschen hier in Deutschland verstehen, dass das Judentum tatsächlich schon seit sehr langer Zeit dieses Land mitgeprägt und zu dem gemacht hat, was es heute ist.«

Schuster betonte, Antisemitismus müsse nicht nur mit Worten, auch mit Taten wirksam bekämpft werden. Dies bleibe eine Herkulesaufgabe: »Dieses Land und seine Gesellschaft müssen sich ihr noch viel ernsthafter und energischer stellen, als das bislang schon der Fall war.«

Er sagte weiter: »Bei diesem Kampf geht es nicht nur um uns Juden. Da geht es auch um unsere Demokratie, unsere Grundrechte, unsere Freiheit als Bürgerinnen und Bürger.«

Im Themenjahr sind über 100 Veranstaltungen im ganzen Land geplant.

Das Judentum werde in den Schulen und in den Medien sehr häufig im Zusammenhang mit der Schoa thematisiert, sagte Schuster. Aus seiner Sicht wird über das »bereichernde Zusammenleben, über die positiven Seiten des jüdischen Lebens, über seinen Beitrag zur deutschen Geschichte« zu wenig gesprochen.

ENGAGEMENT Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, würdigte das Engagement des Landes für das Themenjahr, aber auch das Eintreten vieler Landespolitiker gegen Antisemitismus. »Mit dem Themenjahr können von den Nazis geschlagene Lücken in das Wissen über die vielen Facetten jüdischen Lebens gefüllt werden«, sagte Schramm. Er freue sich auf den Dialog.

»Das ist etwas Einmaliges«, betont Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bezeichnete Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche als Paten des Themenjahres. Sie hätten auch den Anstoß gegeben, dass für die Landesgemeinde eine neue Torarolle mit den fünf Büchern Mose geschrieben werde, aus der in jüdischen Gottesdiensten gelesen wird. »Das ist etwas Einmaliges«, sagte der Regierungschef.

PROGRAMM Im Themenjahr sind über 100 Veranstaltungen im ganzen Land geplant. Es geht auf eine Initiative der beiden großen christlichen Kirchen und der Jüdischen Landesgemeinde zurück und soll in den folgenden zwölf Monaten den Beitrag der Juden für die Kultur und das Leben in der Region wieder sichtbar machen und für die Zukunft bewahren.

Wichtiger Teil des Themenjahres werden unter anderem die drei jüdischen Festivals im Freistaat sein. Wie unterschiedlich sie jüdische Kultur ins Publikum bringen, wird – wie schon in den Jahren zuvor – auch während des Themenjahres sichtbar werden. Vertreter des Yiddish Summer Weimar, der Achava-Festspiele und auch der Jüdisch-Israelischen Kulturtage werden während eines Konzerts auf der Bühne die Vielfalt jüdischen Lebens präsentieren. epd/ja

Lesen Sie mehr zu der Eröffnungsveranstaltung in unserer nächsten Printausgabe.

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Zohran Mamdanis Sieg spaltet die jüdische Gemeinschaft

Während ein Drittel der New Yorker Juden den neuen Bürgermeister gewählt hat, haben andere Angst, dass dessen Antizionismus ihre Sicherheit gefährdet

 06.11.2025

Hamburg

Viel mehr als Klezmer

In der Hansestadt haben die zweiten Jüdischen Kulturtage begonnen. Bis Mitte Dezember erwartet die Besucher ein breit gefächertes Programm – inklusive einer jiddisch-hebräischen Oper

von Heike Linde-Lembke  06.11.2025

Düsseldorf

»Eine Stimme, wo andere schwiegen«

Die Gemeinde zeichnet Wolfgang Rolshoven mit der Josef-Neuberger-Medaille aus

von Stefan Laurin  06.11.2025

Berlin

Andacht für Margot Friedländer: »Du lebst weiter«

Sie war Holocaustüberlebende, Berliner Ehrenbürgerin und eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Gestern wäre Margot Friedländer 104 Jahre alt geworden. An ihrem Grab erinnern Freunde und Bekannte an sie

von Andreas Heimann  06.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Potsdam

Abraham-Geiger-Kolleg ordiniert zwei Rabbinerinnen

In Deutschlands größter Synagoge Rykestraße in Berlin-Prenzlauer Berg werden an diesem Donnerstag zwei Rabbinerinnen ordiniert. Zu der Feier wird auch Polit-Prominenz erwartet

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025