»Ohne die Madrichim würde kein Jugendzentrum funktionieren.« Da ist sich Raissa Manachirova, Leiterin vom Juze Kadima in Düsseldorf, sicher. Die Jugendleiter planen wöchentlich die Programme für die Kids und Jugendlichen, die sonntags ins Juze kommen, übernehmen Verantwortung, haben einen Draht zu den Jüngeren und begleiten sie zum Mini-Machane nach Berlin, wo die Jewrovision in diesem Jahr stattfindet.
»Da kümmern sie sich um die Zimmereinteilung, dass alle rechtzeitig am richtigen Ort sind, und auch darum, dass alle zu einer bestimmten Zeit im Bett sind«, sagt Manachirova. Als Kind besuchte die heute 23-jährige Studentin das Juze regelmäßig, und schnell stand für sie fest, dass sie Madricha werden will. Deshalb nahm sie an Ausbildungsseminaren teil. »Die Madrichim waren meine Vorbilder, und ich wollte in ihre Fußstapfen treten«, sagt Manachirova. Was ihr besonders wichtig ist: »Einen guten Kontakt zu den Kindern zu haben. Ich interessiere mich für sie, mag es, ihnen zuzuhören und zu helfen.«
Das sei sehr wichtig. Denn nur so fühlten sich die Kids wohl. 2014 stand Manachirova das erste Mal auf der Jewrovision-Bühne. »Und auch gleichzeitig das letzte Mal, denn ich bin nicht begabt, was das Tanzen angeht«, sagt die junge Frau mit einem Lächeln. Heute ist sie für die Planung und Organisation zuständig. »Als Leiterin agiere ich aber mehr im Hintergrund«, sagt die Studentin, die ihren Bachelor in International Business Management macht.
CARGOHOSEN Derzeit steht die Jewrovision im Mittelpunkt. Den Inhalt des Songs haben die Madrichim zusammen bestimmt und ihre Wünsche an einen ehemaligen Madrich gegeben. Der hat daraus ein Lied geschrieben. Dann müssen auch noch die Kostüme ausgesucht werden. Im vergangenen Jahr sollten alle Cargohosen tragen. Die waren in. Also zog Manachirova damals los, um für die zehn- bis 19-jährigen Tänzer und Sänger Cargohosen zu kaufen. »Das war nicht einfach.« Auch weil der Etat, der ihr zur Verfügung steht, überschaubar ist.
Dieses Jahr ist das Outfit eine Herausforderung, denn es werden 48 Kinder auf der Bühne performen. »Das ist Rekord für uns«, sagt Manachirova. Sieben Madrichim engagieren sich im Jugendzentrum, von denen einige auch beim Act mit dabei sind. Jedes Kind hat eine Tüte, in die seine Sachen kommen. Alle Utensilien werden von den Madrichim und den Roschs eingepackt, damit nichts vergessen wird. Und vor Berlin gibt es noch die Probe mit Übernachtung. »Das schweißt alle zusammen«, sagt Manachirova. Spaß haben, das sei Sinn der Proben. Aber natürlich wolle man auch eine gute Platzierung erreichen.
Ohne die Madrichim würde kein Jugendzentrum funktionieren.
HIP-HOP Als Melissa Vapner aus Dortmund vor der Entscheidung stand, entweder weiter Hip-Hop zu tanzen oder als Madricha im Jugendzentrum Emuna im Einsatz zu sein, wusste sie sofort, was sie will: Jugendzentrum. Die 17-Jährige war in der Hip-Hop-Gruppe Deutsche Meisterin geworden, besucht die elfte Klasse und spürte, dass sie nicht gleichzeitig drei bis vier Nachmittage in der Woche das Tanztraining und ihre Arbeit im Jugendzentrum schaffen würde. »Ich genieße es, in der Jugendarbeit weiterzumachen, denn ich möchte weitergeben, was ich bekommen habe«, sagt die Jugendliche.
Aufgetreten ist sie bei der Jewrovision auch. »Ich war so aufgeregt, denn es ist etwas vollkommen anderes, ob man vor einem anonymen Publikum wie beim Hip-Hop tanzt, oder bei der Jewrovision.« Deshalb gibt sie den aktuellen Tänzern Tipps. Die Jugendzentren aus Dortmund und Bochum haben sich wie im vergangenen Jahr wieder zusammengetan. Aus Dortmund sind 30 dabei, aus Bochum etwa sieben. »Es ist eine schöne Atmosphäre, und man sieht eine Entwicklung.«
ANRUF Als Zvi Bebera, Jugendzentrumsleiter aus Frankfurt, Sophie Rtveliashvili anrief und ihr anbot, eine größere Rolle in dem Jewrovision-Video spielen zu können, war sie völlig baff. Das ist nun sieben Jahre her, »aber damit hat er mich geholt«, sagt Rtveliashvili. Denn davor war sie nicht mehr im Jugendzentrum.
Heute ist sie Madricha und erledigt die Büroarbeiten. Seit vier Jahren plant sie mit den beiden anderen Madrichim den Sonntagnachmittag für ihre Gruppe, der 15- bis 17-Jährige angehören. »Eigentlich sind wir zusammen groß geworden«, sagt die junge Frau. Sie habe inzwischen alle in ihr Herz geschlossen. Natürlich bleibe sie länger, um mit den Kindern zu sprechen, mehr über ihr Leben zu erfahren und ihnen eventuell zu helfen.
Gerade wenn die Kinder älter werden, sei es schwerer, sie immer zu erreichen, sagt Sophie Rtveliashvili.
Dennoch habe sie auch eine Fluktuation festgestellt. Gerade wenn die Kinder älter werden, sei es schwerer, sie immer zu erreichen. »Deshalb müssen sie wissen, dass sie im Juze ein tolles Programm erwartet.« Aus diesem Grund rufen die Madrichim sie an, wenn sie fehlen. »Oft müssen sie fürs Abi lernen«, sagt Rtveliashvili. Sie hat ihren Schulabschluss seit knapp einem Jahr in der Tasche und studiert nun Soziologie. Aber wofür sie sich noch interessiert, ist Mode. Deshalb plant sie die Kostüme für den Jewrovision-Act seit vier Jahren mit.
»Vergangenes Jahr war es eine Herausforderung, denn 50 Kinder haben auf der Bühne gestanden«, sagt sie. Und für alle musste sie einkaufen – und stellte fest, dass die Geschäfte nicht über so viel Kleidung in verschiedenen Größen verfügten. Daraufhin mussten mehrere Läden angefragt werden. Ein weiteres Problem waren die Größen, die nicht immer stimmten. »Da musste ich öfters umnähen.« Dieses Jahr werden 18 Kids auftreten. In Berlin wird sich Rtveliashvili eher hinter der Bühne aufhalten. Sie will sich um die Tänzer und Sänger kümmern, die dann sehr aufgeregt sein werden.
vorbilder Auch Roman Udler wird nach Berlin reisen und sich im Organisationsteam engagieren. Mit sechs Jahren nahm seine Mutter ihn mit ins Münchener Jugendzentrum, denn sie gab dort Tanzkurse, und sein älterer Bruder war bereits Madrich. »Ich wurde wie ein Familienmitglied von den anderen Kids aufgenommen«, erinnert er sich.
Mit der Zeit wusste er, dass er auch Madrich werden möchte. »Sie waren meine Vorbilder«, sagt Udler. Also belegte er die entsprechenden Seminare. Auch er wollte etwas zurückgeben. So bekam Udler eine Gruppe mit Acht- bis Neunjährigen. Natürlich haben sie gemeinsam viel Spaß gehabt, aber es sollten auch ernste Themen angesprochen werden. Das sei mit Älteren natürlich leichter, bei Jüngeren musste er sich erst vorsichtig herantasten, sagt Roman.
Drei Jahre war er dort im Einsatz, und auch mehr als zehnmal bei den Machanot der ZWST, und nun ist er seit einiger Zeit Madrich beim Zentralrat. »Die Jugendarbeit fehlt mir heute in meinem Studentenleben«, sagt Udler. Nach dem Abitur ging er für ein halbes Jahr nach Israel. Danach begann er sein Medizinstudium in Vilnius. Dort engagiert sich der junge Mann bei den jüdischen Studenten. Der gebürtige Münchner will sich dafür einsetzen, dass alle eine gute Zeit in Berlin haben.