EMG 2015

»Be Jewish! Be Maccabi! Be Berlin!«

Competing in Sports – United at Heart!» Am Anfang noch etwas zögerlich, doch schnell immer lauter werdend riefen die Gäste im großen Saal des Estrel-Hotels das Motto der European Maccabi Games 2015 – und gaben so das Startsignal für die mehr als 2000 Sportlerinnen und Sportler, die vor den Türen warteten, mit dem gemeinsamen Einmarsch zu beginnen.

Zum rhythmischen Klatschen des Publikums ergoss sich ein nicht enden wollender Strom in den stimmungsvoll rot und blau ausgeleuchteten Raum. Während man einigen der Teilnehmer die Anstrengung der vergangenen Tage am schleppenden Gang ansah, tanzten andere voller Elan durch die restlos besetzten Stuhlreihen. Am Ende bot der Saal ein buntes und flirrendes Bild, das fast schon symbolisch die Vielfalt der Spiele zusammenfasste.

Für Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, bestätigte die besondere Stimmung der Abschlusszeremonie noch einmal die Entscheidung, die EMG nach Berlin zu holen. «Es war wirklich Zeit, die Spiele hier in der Stadt zu veranstalten, meint ihr nicht auch?», fragte er in die applaudierende Menge. Für Makkabi Deutschland sei es eine große Ehre gewesen, zehn Tage lang Gastgeber gewesen zu sein.

Wehmut Oren Osterer, Direktor des Organisationskomitees, wirkte bei seiner kurzen Rede fast schon etwas wehmütig: Sein ausdrücklicher Dank galt dem Team, das monatelang an der Vorbereitung der EMG gearbeitet hatte, und den Kooperationspartnern. Zu diesen Partnern gehörte etwa der Landessportbund Berlin. Dessen Präsident Klaus Böger lobte die Atmosphäre der Spiele – trotz des enormen gesellschaftspolitischen und historischen Kontextes hätten Spaß und die Freude am Wettkampf überwogen: «So, wie Sport sein soll», betonte Böger am Rande der Zeremonie.

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich beeindruckt: Die EMG seien ein spannendes, sicheres und friedliches Fest der Völkerverständigung und der Lebensfreude gewesen. Obwohl er allen Gewinnern gratuliere, freue er sich doch besonders über das Abschneiden der deutschen Delegation, die den ersten Platz im Medaillenspiegel feiern konnte.

Selbstverständlichkeit Die Spiele hätten ein Signal ausgesendet, das international wahrgenommen werde. «Wir wissen um unsere Geschichte und wollen dieses Wissen bewahren», sagte Müller angesichts der historischen Bedeutung dieser European Maccabi Games in Berlin. Diese hätten nicht zuletzt gezeigt, dass jüdisches Leben in Deutschland wieder eine Selbstverständlichkeit ist. «Sport steht für Fairness und ist ein Symbol dafür, dass alle Menschen gleich sind.» Doch Müller unterschlug auch die beiden antisemitischen Vorfälle nicht, die es während der EMG gegeben hatte: Er nannte sie eine Schande. Die schnelle Resonanz habe allerdings gezeigt, «dass für solche Idioten kein Platz in der Stadt ist», betonte Müller unter dem donnernden Applaus des Publikums.

Dessen Geräuschpegel stieg unterdessen ins Unermessliche: Für viele Teilnehmer bot der Abschlussabend die letzte Möglichkeit, sich von neu gewonnenen Freunden zu verabschieden. So wurden während der Reden eifrig Selfies gemacht, Nummern ausgetauscht und immer wieder spontane Sprechgesänge angestimmt.

Das freudige Gejohle erlebte einen Höhepunkt, als während der Zeremonie die letzten Medaillen im Wasserball und Fußball vergeben wurden. Während die israelischen Wasserballer ihre Goldmedaille feierten, indem sie ihre blau-weißen Badekappen in die Menge warfen, bildeten die deutschen Fußballer nach Bekanntgabe ihres ersten Platzes einen wild tanzenden Kreis, den nur DFB-Präsident Wolfgang Niersbach kurz durchbrechen konnte, um jedem Einzelnen seine Medaille zu überreichen.

Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, freute sich sichtlich über das ausgelassene Bild, das der Saal bot. In der vergangenen Woche sei die Stadt etwas jüdischer geworden, habe doch die Gemeinde für die Dauer der EMG einen temporären Zuwachs um 20 Prozent erlebt. In Abwandlung einer Werbekampagne für die Hauptstadt forderte Joffe: «Be Jewish! Be Maccabi! Be Berlin!». Angesichts dieses Slogans wirkte das Grußwort von Stuart Lustigman, Chairman der European Maccabi Confederation, umso passender: «Endlich können wir Juden sagen, dass wir Berlin mit glücklichen Erinnerungen verlassen.» Alle EMG-Teilnehmer seien Teil eines außergewöhnlichen historischen Events gewesen.

Makkabi-Botschafter Ebenjene Veranstaltung zu beenden, war die Aufgabe von Motti Tichauer, Vorsitzender der European Maccabi Confederation. Zum Abschluss rief er alle Sportler dazu auf, nach ihrer Rückkehr Makkabi-Botschafter zu sein, denn Makkabi stehe für die jüdische Identität. «Die 14. European Maccabi Games waren Spiele des jüdischen Stolzes», betonte Tichauer in seiner engagierten Rede.

Das gemeinsame Singen der Hatikwa gab schließlich das Signal zum Übergang in eine ausgelassene Party, deren Auftakt der Auftritt der Berliner Band Jewdyssee bildete. Schon nach den ersten Takten erklärten einige Zuschauer die Bühne zur Tanzfläche – nicht wenige davon in weißen T-Shirts, auf denen das inoffizielle Motto des Abends zu lesen war: «See you in 2017».

Israels Botschafter in Deutschland Yakov Hadas-Handelsman zog ebenfalls eine positive Bilanz der 14. European Maccabi Games. Am letzten Tag der größten jüdischen Sportveranstaltung Europas sagte Hadas-Handelsman der Jüdischen Allgemeinen: «Dieses große Sportereignis brachte den Sportlern, Zuschauern und Berlinern sehr viele emotionale Momente.»

gefühle Für Juden und Israelis sei der Besuch Deutschlands und ganz besonders Berlins mit vielen Gefühlen verbunden. Dies gelte umso mehr im Olympiastadion, wo die Nationalsozialisten 1936 die Spiele veranstaltet hatten. Gleichzeitig dürften aber die antisemitischen Vorfälle am Rande der Spiele nicht vergessen werden, betonte der Botschafter: «Antisemitismus, wo immer er auftritt, ist beschämend. In Deutschland ist er unerträglich. Abgesehen von diesen Zwischenfällen waren die Makkabi-Spiele mit schönen Begegnungen und freudigen Erlebnissen verbunden.»

Zum Ende der rund einwöchigen Spiele sei sehr klar zu erkennen, dass sich die Entscheidung für die Austragung in Berlin gelohnt habe, betonte Hadas-Handelsman zum Abschluss.

Jom Haschoa

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