Jewrovision

Balagan in Berlin

In der S-Bahn ist an diesem Donnerstagnachmittag kaum noch ein Platz frei, stattdessen herrscht beste Stimmung. Die Jugendlichen unterhalten sich angeregt und sind aufgeregt. Kein Wunder: Sie sind unterwegs zur Jewrovision. Fast alle haben ein graues Sweatshirt mit der Aufschrift »Olam« an, der Name des Berliner Jugendzentrums.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Mit 150 Kindern und Jugendlichen sind die Berliner die größte Delegation, die sich für die vier Tage zur Jewrovision in Neukölln angemeldet haben. »Wir haben uns alle im Jugendzentrum getroffen, um dann gemeinsam loszufahren«, sagt der zehnjährige Leonhardt. Er ist zum ersten Mal dabei und freut sich am meisten auf die »gute Show«.

STIMMUNG Welchen Workshop oder was für eine Aktivität er sich aussuchen will, weiß er noch nicht. Das Zimmer wird er sich mit Joseph teilen, den er bisher nicht kennengelernt hat. »Nun kommt als nächste Station Sonnenallee, da müssen wir aussteigen«, sagt ein Mädchen. Von dort sind es nur wenige Meter bis zum Hotel Estrel.

Eines ist an diesem Nachmittag klar: Langeweile ist ausgeschlossen.  

Die Jewrovision ist dort omnipräsent. Im Hotelfoyer, im Showbereich, auf den Außenplätzen am Eingang – an jeder Stelle sind Kinder und Jugendliche in blauen T-Shirts unterwegs, auf denen das diesjährige Motto gedruckt ist: »The Show must go on«. Auf anderen Shirts steht »Be Yourself«, das Motto der Jewrovision 2020, die coronabedingt ausfallen musste.

Mini-Machane Der Zentralrat der Juden in Deutschland lädt wieder zum in Europa größten Gesangs- und Tanzwettbewerb für jüdische Jugendliche ein. Bis Sonntag werden sich rund 1200 Jugendliche aus mehr als 60 jüdischen Gemeinden aus ganz Deutschland zu dem Wettbewerb und dem viertägigen Mini-Machane im Hotel Estrel Berlin einfinden.

Vor dem Hotel stehen mehrere Busse, aus denen Jugendliche strömen.

Nach dem Vorbild des Eurovision Song Contest wird am morgigen Freitagnachmittag die Show stattfinden. Zwölf Gruppen treten gegeneinander an. Dabei covern die Teilnehmenden zwischen zehn und 20 Jahren unter dem Motto »The Show Must Go On« bekannte Songs, die sie zu eigenen Choreografien darbieten. Außerdem präsentieren sie ihre Stadt mit einem Vorstellungsvideo passend zum Motto. Am Ende des Wettbewerbs werden die Sieger durch die Jury gekürt.

Auf dem Parkplatz vor dem Tor des Hotels stehen an diesem Donnerstagnachmittag mehrere Busse, aus denen Jugendliche strömen. Mit lauten Rufen des Namens ihrer jeweiligen Jugendzentren stürmen sie ins Foyer, in dem sie sich registrieren lassen müssen und sich auch für Workshops anmelden können.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

»Wer hat hier seinen Koffer vergessen?«, ruft Daniel Wassner, Rosch des Juze aus Wiesbaden, an der Rezeption. Mit 22 Kindern und vier Betreuern sind sie gerade angekommen. Die Darmstädter Kids stiegen um 5.30 Uhr in den Bus, der dann nach Wiesbaden weiterfuhr, wo um 6.45 Uhr die anderen zustiegen. »Die Fahrt war entspannt, die Kinder freuen sich auf die Atmosphäre und darauf, ihre Freunde wiederzusehen.« Er ist optimistisch, dass der Koffer seinen Besitzer wiederfindet.

STÄRKUNG Stacy, Laura, Anjelika und Lea aus Straubing sitzen bereits mit einer Portion Pommes frites und koscherer Currywurst zur Stärkung relaxt auf Hockern. Sechs Stunden dauerte ihre Fahrt. »In so einem großen Hotel waren wir noch nie«, sagt Rosch Svetlana Zap. Sie wollen zu fünft zusammenbleiben und haben sich bereits für Basketball, Stadtführungen und ein Selbstverteidigungstraining angemeldet.

Ganz besonders fiebern sie der After-Show-Party entgegen. Sie werden diesmal nicht auf der Bühne stehen. »Das ist etwas Neues«, sagt Laura, 15 Jahre. Dann ist sie abgelenkt. Früher haben sie und ihre Schwester Stacy in Bremen gewohnt und waren dort im Juze aktiv, und jetzt kommen die Bremer in die Halle. »Schau mal, wer da ist«, ruft sie.

Anjelika, 17 Jahre, ist hingegen das erste Mal dabei. Sie kennt noch nicht so viele Leute, sagt sie.

An dem Stand, an dem sich die Jugendliche für das Rahmenprogramm anmelden können, herrscht großer Andrang.

Ein paar Hocker weiter sitzen Jugendliche aus Chemnitz und Hamburg. Zwölf Teilnehmer aus Chemnitz sind mitgefahren, sagt Michael Khurgen. Der 18-jährige Abiturient und Madrich freut sich sehr auf die drei Partys. Yaniv Golan aus Hamburg hingegen »auf alles«. Er findet es super, dass die Jewrovision über mehrere Tage geht und so ein tolles Programm anbietet. Und die Location sei »mega cool«.

Mascha Lipson, ebenfalls Abiturientin aus Hamburg, weiß genau, was sie besonders mag: »Die Show genießen und Freunde wiedertreffen.« Allerdings sei sie auch etwas wehmütig, denn es wird für sie das letzte Mal sein.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

An dem Stand, an dem sich die Jugendliche für die Programme anmelden können, herrscht nun großer Andrang. »Die größeren Jugendzentren sind gerade angekommen, da dauert es länger«, sagt Gabriel, der versucht, hinter dem Tresen den Anfragen nachzukommen. Ausflugsziele wie der Zoo, Museen, Stadtführungen werden angeboten, ebenso Workshops und sportliche Aktivitäten.   

Auf dem Markt der Möglichkeiten, der ebenfalls im Foyer stattfindet, präsentieren sich zahlreiche jüdische Organisationen wie Makkabi, »Meet a Jew«, »Library«, »Mischpacha«, »Keshet« oder das Rabbinerseminar Berlin.

Eines ist an diesem Nachmittag klar: Langeweile ist ausgeschlossen.  

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  14.09.2025

Hamburg

»An einem Ort getrennt vereint«

In der Hansestadt soll die Bornplatzsynagoge, die in der Pogromnacht von den Nazis verwüstet wurde, wiederaufgebaut werden. Ein Gespräch mit dem Stiftungsvorsitzenden Daniel Sheffer über Architektur, Bürokratie und Räume für traditionelles und liberales Judentum

von Edgar S. Hasse  13.09.2025

Meinung

»Als Jude bin ich lieber im Krieg in der Ukraine als im Frieden in Berlin«

Andreas Tölke verbringt viel Zeit in Kyjiw und Odessa – wo man den Davidstern offen tragen kann und jüdisches Leben zum Alltag gehört. Hier schreibt er, warum Deutschland ihm fremd geworden ist

von Andreas Tölke  13.09.2025

Porträt der Woche

Das Geheimnis

Susanne Hanshold war Werbetexterin, Flugbegleiterin und denkt über Alija nach

von Gerhard Haase-Hindenberg  13.09.2025

Jahrestag

»So betäubend wie damals«

Am Mahnmal in Fürstenfeldbruck wurde an die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 erinnert

von Luis Gruhler  13.09.2025

Feiertage

Tradition im Paket

Das Familienreferat des Zentralrats der Juden verschickt die neuen Mischpacha-Boxen mit allerhand Wissenswertem rund um Rosch Haschana und Sukkot

von Helmut Kuhn  12.09.2025

Interview

»Berlin ist zu meiner Realität geworden«

Die Filmemacherin Shoshana Simons über ihre Arbeit, das Schtetl und die Jüdische Kunstschule

von Pascal Beck  11.09.2025

München

Ein Fundament der Gemeinde

Die Restaurierung der Synagoge an der Reichenbachstraße ist abgeschlossen. In den Erinnerungen der Mitglieder hat das Haus einen besonderen Platz

von Luis Gruhler  11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Die Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigte sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025