Erfurt

Ausgezeichnetes Engagement

»Als Träger des Israel-Jacobson-Preises kann ich mir kaum jemand Geeigneteren vorstellen als Bodo Ramelow«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Montag bei der Verleihung der Auszeichnung an Thüringens Ministerpräsidenten. »Denn Herr Ramelow hat mit Israel Jacobson durchaus Gemeinsamkeiten: Beide mussten beziehungsweise müssen Kritik, ja mitunter sogar Anfeindungen aus den eigenen Reihen ertragen. Bei Israel Jacobson war es das orthodoxe Judentum, das mit seinen Reformideen nicht einverstanden war. Bei Bodo Ramelow sind es die Israelkritiker unter den Linken, vielleicht könnte man sie mit einem Augenzwinkern auch als orthodoxe Linke bezeichnen.«

Ramelow, der für sein Engagement für das Judentum und speziell für seine Verdienste um die akademische Rabbinerausbildung ausgezeichnet wurde, nahm den Preis stellvertretend für viele engagierte Mitstreiter entgegen.

namensgeber Sein Bemühen um das Judentum sei vergleichbar mit dem des Namensgebers, des 1768 geborenen Israel Jacobson. Ein Erneuerer, mutiger Reformer und Begründer des liberalen Judentums, der 1810 die weltweit erste Reformsynagoge eröffnete und 1815 in Berlin liberale Gottesdienste hielt, wie Walter Homolka, Rektor des Abraham Geiger Kollegs, in seinen Eingangsworten betonte.

Ramelow, 1956 in Niedersachsen geboren, ging 1999 in die Politik. Damals trat er in die PDS ein, wurde in den Landtag von Thüringen gewählt und später in den Bundestag. Dort war er Religionsbeauftragter seiner Fraktion. Schon damals gehörte er zu den wenigen Politikern, die einen engen Kontakt zur Jüdischen Landesgemeinde pflegten, nicht nur zu Festtagen. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Bewegt erzählt Reinhard Schramm, der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, von der gemeinsamen Begegnung mit dem Buchenwald-Überlebenden Naftali Fürst in Yad Vashem.

Ramelow engagiert sich auch für jüdische Kultur, wie beim Achava-Festival, dessen Schirmherr er gemeinsam mit Zentralratspräsident Josef Schuster ist.

grusswort »Er ist für unsere jüdischen Gemeinden ein verlässlicher Partner«, betonte Schuster in seinem Grußwort. »Die Festspiele schlagen mit ihrem Programm jährlich eine Brücke zwischen den Religionen und sind damit sehr kostbar für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt«, sagte der Zentralratspräsident und hob außerdem die Loyalität Ramelows hervor: »Wenn Erfurt Kippa trägt und damit ein Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft setzt, dann ist auch Bodo Ramelow mit Kippa auf der Straße.«

Für den Linken-Politiker ist das selbstverständlich. »Wir müssen auf die Demokratie aufpassen«, sagt er. »Im Thüringen-Monitor steht schon seit Jahren, dass etwa 25 Prozent der Menschen anfällig für Antisemitismus, Menschenfeindlichkeit und rassistische Grundfarben sind. Gefährlich wird es, wenn jetzt die Grenzen nach rechtsaußen eingeebnet werden.«

Die Laudatorin des Abends war Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. »Es ist wunderbar, über das Gute zu sprechen, über Menschen wie Sie«, sagte Knobloch, »über herausragende Persönlichkeiten, aufrecht und mitreißend für das einstehend, woran wir glauben und glauben wollen: verlässliche Freundschaft, verbindliche Solidarität, wahrhaftiges Miteinander, gelebten Respekt.«

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 6. November bis zum 13. November

 05.11.2025

Auswärtiges Amt

Deutschland entschärft Reisehinweise für Israel

Nach Beginn des Gaza-Krieges hatte das Auswärtige Amt vor Reisen in Teile Israels gewarnt. Dies gilt so nicht mehr. Der Außenminister begründet das mit gewachsenem Vertrauen in den Friedensprozess

 04.11.2025

Würdigung

Margot Friedländer wird mit Sonderbriefmarke geehrt

Wie das Finanzministerium mitteilte, war die Sonderbriefmarke für Friedländer ein »besonderes Anliegen« von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil

 04.11.2025

B’nai B’rith

»Wie eine große Familie«

Delegierte aus 20 Ländern kamen zusammen, um sich eine neue Organisationsstruktur zu geben

von Ralf Balke  03.11.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an November-Pogrome

Zum 87. Jahrestag der NS-November-Pogrome von 1938 werden am Sonntag ganztägig die Namen der im Holocaust ermordeten Berliner Jüdinnen und Juden vorgelesen. Bei einem Gedenken am Abend wird Berlins Regierender Bürgermeister sprechen

 03.11.2025

Gedenkstätten

Gedenkzeichen für jüdische Ravensbrück-Häftlinge

Zur feierlichen Enthüllung werden unter anderem Zentralratspräsident Josef Schuster, die brandenburgische Kulturministerin Manja Schüle (SPD) und der Beauftragte für Erinnerungskultur beim Kulturstaatsminister, Robin Mishra, erwartet

 03.11.2025

Porträt der Woche

Zufluchtsort Musik

Naomi Shamban ist Pianistin, lebt in Dresden und hat eine Schwäche für Märchenfilme

von Alicia Rust  03.11.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Hund, Katze & Co

Beste Freunde

Wenn Tiere Familie werden: Gemeindemitglieder erzählen vom leisen oder lauten Glück, mit Vierbeinern zu leben

von Christine Schmitt  02.11.2025