Duisburg

Aufwärmen und los

Am Eingang vor dem Sport-Hotel läuft Alfi Goldenberg, Vizepräsident für Sport bei Makkabi Deutschland, auf Stelzen. In einer Hand hält er ein Megafon und ruft: »Makkabi?!« Wie aus einem Mund rufen die Umstehenden zurück: »Chai!«

Gerade ist der Bus aus Frankfurt angekommen und mit ihm die letzten deutschen Teilnehmer der Maccabiah. Nach der Regis­trierung und einem Corona-Test sind auch sie startklar. Es ist Freitagabend in Duisburg, und endlich kann das »PreCamp« losgehen.

tradition Für die Makkabäer aus Deutschland ist es eine Tradition: Vor jeder Maccabiah kommen sie für einige Tage zusammen, um gemeinsam zu trainieren, sich kennenzulernen und ihren Teamgeist zu stärken. Auch vor dem diesjährigen »jüdischen Olympia« in Israel – dem größten Sportevent der jüdischen Welt – reisten etwa 230 Sportlerinnen und Sportler aus ganz Deutschland an, um vor dem Wettbewerb noch einmal Zeit miteinander zu verbringen.

In Duisburg bewohnten und bespielten sie für vier Tage eine Sportanlage, die zugleich Unterkunft, Vollverpflegung sowie eine große Zahl an Hallen und Spielfeldern bot.

Doch bevor sich die Athleten ihren Schlägern, Bällen oder Floretten widmeten, wurde zusammen der Schabbatbeginn gefeiert. Unter der Leitung von Rabbiner Jonah Sievers wurde aus der »Gymnastikwiese« für kurze Zeit eine Gebetswiese. Der Rabbiner wird als Radfahrer selbst an dem Wettbewerb in Israel teilnehmen. Er sei nicht der sportlichste Rabbiner Deutschlands, »aber vielleicht der schnellste«, scherzt Sievers. An der Maccabiah begeistert ihn, dass dort »so viele Juden aus den unterschiedlichsten Regionen und Strömungen zusammenkommen, alle vereint durch den Sport«.

Unter der Leitung von Rabbiner Sievers wurde aus der Gymnastikwiese eine Gebetswiese.

Gleich nach dem Frühstück am nächsten Tag teilen sich die Makkabäer nach Disziplinen auf und gehen zu ihren jeweiligen Sportstätten: Auf dem Fußballfeld trainiert die Herrenmannschaft das Passen, während ein Stück weiter die Beachvolleyballer die Aufschlagsannahme üben. In der Basketball-Halle haben gerade die Makkabi-Männer ein Freundschaftsspiel gegen ein lokales Team, und im Nachbargebäude schlagen sich die Tischtennisspieler mit unglaublichem Tempo die Bälle zu.

Gold Mit ihnen trainiert auch Katharina Michajlova, die bei der europäischen Maccabiah 2019 in Ungarn drei Goldmedaillen holte. »In Israel will ich vier Mal Gold holen«, sagt die 33-Jährige. Einige Stockwerke weiter oben blickt eine Handvoll Menschen bei absoluter Stille auf einen Bildschirm, darauf eine verzwickte Figurenkonstellation. Nach einigen Minuten kommt einem der Makkabi-Schachspieler schließlich die Lösung: »Turm auf F4!«

Am Samstag nach der Hawdala, die im Mittelkreis eines Fußballfeldes gefeiert wurde, stimmten sich die Makkabäer auf das kommende Turnier in Israel ein. Gemeinsam schauten sie sich Zusammenschnitte von vorangegangenen Spielen sowie einige Grußworte von Prominenten, wie dem Sportreporter Robert Hunke oder dem Rockmusiker Alice Cooper, an.

Selbst der deutsche Bundespräsident wandte sich mit einer Videobotschaft an die Makkabäer. »Ich wünsche dem Makkabi-Team sehr viel Erfolg« und eine Erfahrung, die die Teilnehmer »für immer im Herzen tragen« werden, sagte Frank-Walter Steinmeier und endete mit einem beherzten »Makkabi Chai!«.

bundeskanzler Zuvor hatte schon Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schriftlich einen Gruß an die deutsche Maccabiah-Delegation übersandt. Für ihn stehe die jüdische Olympiade für »Spiele im Geist von Fairplay, Toleranz und Teamgeist«, er wünsche den Teilnehmern neben sportlichen Bestleistungen »viele neue Freundschaften und Begegnungen«.

Der Schwimmer Jonathan Ben-Shlomo wird die Deutschland-Fahne schwenken.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, meldete sich anlässlich der Maccabiah zu Wort und zeigte sich über »eine solch große Makkabi-Delegation aus Deutschland« erfreut.

Er hoffe ebenfalls auf viele Medaillen, sagte er in dem Video. Die Wettkämpfe in Israel seien aber »nicht nur Tage des Sports, sondern auch des gemeinsamen Erlebens«.

Rekord Zum Abschluss des Abends wurde bekannt gegeben, wer die Fahnen der deutschen Delegation bei der Eröffnungsfeier in Israel ins Stadion tragen wird. Die jüngste Teilnehmerin, die Tennisspielerin Kristina Sachenko (13), wird zusammen mit der ältesten, Schwimmerin Beatrice Feicht (68), die Makkabi-Fahne hochhalten, während Jonathan Ben-Shlomo die Deutschland-Fahne schwenken wird.

Ben-Shlomo ist bei Makkabi Deutschland Vizepräsident für Finanzen und hält als Schwimmer den deutschen Rekord für die meisten Maccabiah-Medaillen. »Zwischen 25 und 30 Stück, so genau weiß ich das gar nicht«, sagte der 42-Jährige. Dass er bei seiner sechsten Maccabiah der Fahnenträger sein wird, sei für ihn »eine besondere Ehre«.

Am folgenden Nachmittag versammelten sich die Makkabäer für eine Gedenkzeremonie. Vor 50 Jahren waren elf israelische Sportler bei einem Attentat palästinensischer Terroristen in München ermordet worden. Zu diesem Anlass waren mehrere Politiker der Lokal- und Bundesebene sowie Sportfunktionäre nach Duisburg gekommen.

Am Sonntag wurde der vor 50 Jahren ermordeten elf israelischen Sportler gedacht.

Mahmut Özdemir (SPD), Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sagte, Makkabi Deutschland sei »ein Sinnbild dafür, dass ein Attentat wie 1972 in München nie mehr passieren darf«, und der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer, versicherte: Die Makkabi-Athleten »tragen die Namen aller Ermordeten« in ihren Herzen. Dadurch würden die Opfer des Attentats fortbestehen, »in dem, was sie einst gelebt haben: ihrem Sport, der Gemeinschaft und der Freude am Wettkampf«.

Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, sprach bei der Zeremonie über eines seiner großen Vorbilder: den ehemaligen olympischen Geher Shaul Ladany, der als Kind die Schoa und als Teil der israelischen Delegation 1972 das Attentat überlebt hat. »Winners don’t quit, quitters don’t win!« sei das Leitmotiv des heute 86-jährigen Ladany, das ihn, Alon Meyer, tief beeindruckt habe. Ladany, der 2019 bei den European Maccabi Games in Budapest einer der Fahnenträger der deutschen Delegation war, sei die Verkörperung der »Versöhnung zwischen Deutschland und Israel«, sagte Meyer.

Davidstern Im Laufe des Montags fanden noch einmal Trainingseinheiten statt, und das große Delegationsfoto in der Formation eines Davidsterns wurde aufgenommen. Bei dem letzten gemeinsamen Treffen vor dem Abflug heizte Alfi Goldenberg den 230 deutschen Makkabäern noch einmal mit einem dreifachen, ohrenbetäubenden »Makkabi Chai!« ein, bevor er sie mit dem dringenden Appell, bald ins Bett zu gehen, entließ.

Viel Schlaf sollte in dieser Nacht jedoch niemand bekommen. Damit die Delegation rechtzeitig am Flughafen sein konnte, mussten die Sportler um 4.30 Uhr aufstehen. »Winners don’t quit!« – das ist schließlich das Motto des guten Makkabäers.

Köln

ZWST lädt zu Konferenz über Gleichberechtigung ein

Achtung: Der Anmeldeschluss ist morgen, am 26. April 2024

 25.04.2024

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen. Dies muss auch politisch unverhandelbare Realität sein

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024