Jewrovision

Auftakt

Zwei Stunden Fahrt mit dem ICE – dann sind Rebekka Schmidt, ihre Zwillingsschwester und die weiteren Kinder und Jugendlichen am Sonntag am Ziel: in Mannheim, zur ersten Probe für die Jewrovision. »Bei der vergangenen Show in Frankfurt stand ich zum ersten Mal auf der Bühne – seitdem hat mich das Jewro-Fieber gepackt«, sagt die 14-Jährige aus Endingen am Kaiserstuhl.

Ende März ist es wieder so weit: Dann steht das Großereignis für Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 19 Jahren in Hannover an. Zwar hatte im vergangenen Jahr das Berliner Jugendzentrum Olam den Pokal mit nach Hause gebracht, aber da die Jewro schon öfter in Berlin stattfand, entschied sich das Orga-Team des Zentralrats der Juden dieses Mal für Hannover als Austragungsort. Der Zentralrat ist seit Jahren der Veranstalter.

Auch der Austragungsmonat hat sich wieder geändert. Statt im Mai, wie in den vergangenen Jahren, findet das Mini-Machane nun vom 29. März bis zum 1. April in den Schulferien statt. Die Show beginnt am Sonntagnachmittag (31. März). Das Motto lautet: »Time to Shine«. In den vergangenen Jahren haben sich etwa 15 bis 17 Jugendzentren aus ganz Deutschland angemeldet. Zur Show werden mehrere Tausend Zuschauer erwartet. Wer nicht im Rampenlicht stehen möchte, kann sich zum Mini-Machane anmelden.

Zehn Jugendzentren aus Baden gehören der JuJuBa an

Rebekka tanzt für die JuJuBa (Jüdische Jugend Baden), der zehn Jugendzentren aus Baden angehören, weshalb fast alle eine lange Anreise in Kauf nehmen müssen. Manche kommen aus Pforzheim, Karlsruhe oder Freiburg. »Das macht doch nichts«, sagt Rebekka über die lange Anreise. Es störe sie nicht, denn sie fahre schließlich mit einer Gruppe. Ein Höhepunkt bei den Proben sei für sie auch das Machane, in dem über mehrere Tage an dem Auftritt gefeilt wird. Ein Casting – wie in manchen größeren Jugendzentren – gebe es nicht. Jeder könne mitmachen, »da ich meine Stimme nicht so toll finde, möchte ich wieder tanzen«.

Außerdem trainiere sie seit acht, neun Jahren bei den Phanters in Riegel als Cheerleader und verfüge dank der Wettkämpfe und Auftritte über Erfahrung. Bei der vergangenen Jewro konnte JuJuBa den fünften Platz erreichen – »das wäre toll, wieder so weit nach oben zu kommen«, so die Achtklässlerin. Am Ende der ersten Probe geht es dann wieder zurück. Mindestens zwei Stunden Zeit, um sich über alles zu unterhalten.

Wer für Westfalen-Lippe starten möchte, darf kein Training verpassen.

Elisabeth Kamen aus Münster hofft noch, dass ihre anderen Termine so liegen, dass sie an der Jewro und an den Proben teilnehmen kann. Denn wer für den Landesverband Westfalen-Lippe auf der Bühne stehen möchte, muss bei allen Trainingseinheiten dabei sein. Zum zweiten Mal werden Kinder aus Münster dabei sein. Die anderen Kinder und Jugendlichen kommen aus Bochum, Recklinghausen, Herford, Detmold und Paderborn.

Dass die Jewro in den Ferien stattfinden soll, gefällt ihr. »Das ist entspannter, weil wir dann nicht für Arbeiten lernen müssen.« Auch Hannover als Austragungsort findet die 13-Jährige gut. Denn Berlin sei ihr bereits von der Jewro 2022 vertraut. Nun habe sie große Lust, eine weitere Stadt kennenzulernen. Auch sie tanzte bei der Jewro in Frankfurt zum ersten Mal mit. In ihrer Freizeit trainiert sie Hip-Hop in einer Tanzschule.

Vor zwei Jahren war sie bereits in Berlin dabei, um den anderen bei ihren Auftritten zuzuschauen und zuzuhören. Die erste Performance ihrer Gruppe sei eine sehr schöne Erfahrung gewesen. »Vor so vielen Leuten auf der Bühne zu tanzen, das ist schon super.«

Teamgeist in der Gruppe

Aber auch der Teamgeist, der sich untereinander entwickelte, sei ihr wichtig. Auf der Rückfahrt von Frankfurt nach Münster waren sie und die anderen beschwingt und sehr zufrieden – denn es war ihr erster Auftritt überhaupt, und sie waren glücklich über ihren dritten Platz. Am Anfang hätten sich etliche noch nicht gekannt, aber nun seien sie befreundet. Von dem Landesverband Westfalen-Lippe erhielten sie noch einen eigenen Pokal, der nun in dem Regal im Jugendzentrum steht. Und die Videos der Jewro haben sie sich öfter angeschaut. »Ich gehe weiterhin ins Jugendzentrum, wo wir tolle Sachen machen.«

Anton Tsirin-Goldenberg ist ebenfalls voller Tatendrang. »Wir sind jetzt dabei, alle Termine und Probenorte zu organisieren«, sagt der Schauspieler und Coach. Bis vor Kurzem war er noch als Jugendreferent für den Landesverband Westfalen-Lippe tätig, nun möchte er andere Projekte verwirklichen. »Aber die Jewro lasse ich mir nicht entgehen.« Er wird die künstlerische Leitung in die Hand nehmen, die neue Jugendreferentin Gloria Tenenbaum die Organisation. »Kleinere Gemeinden können sich oft kein Jugendzentrum leisten, da ist für die Kinder die Jewro eine Möglichkeit, mit anderen zusammenzukommen.«

Die Anmeldung startet in diesen Tagen. »Da alle fahren müssen, um an den Proben teilnehmen zu können, werden wir fünf Trainingseinheiten und ein Camp anbieten.« Wer im März auf der Bühne tanzen oder singen möchte, muss verbindlich für diese Termine zusagen. »Anders geht es leider nicht.« Tsirin-Goldenberg hofft, dass sich wieder viele Kinder anmelden. »Es gibt kein Casting. Es können alle mitmachen.« Für jeden werde ein Platz auf der Bühne gefunden. Die Proben werden an verschiedenen Orten stattfinden, damit die »Jugendlichen auch andere Gemeinden und Städte zu sehen bekommen«.

30 Sänger und Tänzer werden fürs Juze Emuna ihr Bestes geben.

In den vergangenen acht Jahren hat Mascha Protopopova aus Dortmund etliche Shows erlebt. Manchmal auch mit einem Platz ihres Jugendzentrums Emuna weiter vorne. Als aber Emuna bei einer Jewrovision die meisten Punkte erhielt und den Song Contest gewann, da war Mascha noch gar nicht geboren. Nun wird es ihr letzter Auftritt bei der Jewro sein, meint die 18-jährige Studentin und Madricha. Seit 2016 ist die Tänzerin dabei – und wird diesmal noch einmal alles auf der Bühne geben.

Einladung zu Castings

Emuna hatte zu Castings eingeladen. Bei einem Abendprogramm konnten Interessierte vorsingen und vortanzen. »Da gab es viele neue und alte Gesichter«, so Mascha. Alle seien aufgeregt gewesen – letztlich wurde jeder genommen. Etwa 30 Sänger und Tänzer werden für Dortmund auf der Bühne ihr Bestes geben. »Bei uns läuft alles sehr harmonisch ab. Und wir mögen es, Mehrheitsentscheidungen zu treffen. Das macht uns besonders.«

Derzeit wird über die Musik nachgedacht. »Wir suchen einen ausdrucksstarken Beat. Diesmal wollen wir uns auf einen Song konzentrieren und keinen Remix.« Was sie auch freut, ist, dass die Jewro und das dazugehörige Programm einen Tag länger als in der Vergangenheit geht. »Das finde ich cool.« Obwohl sie mittlerweile in Münster studiert, fährt sie jeden Sonntag nach Dortmund, um bei den Proben dabei sein zu können.

Zoe Schirman weiß bereits, dass sie in diesem Jahr nicht auf der Bühne tanzen kann, da sie fürs Abitur lernen muss und nicht so viel Zeit hat, um regelmäßig zu den Proben zu kommen. »Ich wäre sehr, sehr gern dabei.« Eine halbherzige Sache komme für sie allerdings nicht infrage. Wenn schon, dann möchte sie 100 Prozent geben. Bereits im Herbst fanden die ersten Castings im Frankfurter Jugendzentrum Amichai statt.

Da der Termin früher als sonst ist, sei es schon stressig, in so kurzer Zeit eine tolle Show zu planen und einzustudieren, weshalb jetzt schon an drei Nachmittagen trainiert wird. »Aber als Madricha werde ich nach Hannover mitfahren«, sagt die 18-jährige Frankfurterin. Sie betreut auch eine Gruppe von 13- bis 14-Jährigen im Amichai. Etwa 15 gehören ihrer Gruppe an, von denen etwa sechs früher das Programm verlassen, um an der Probe teilzunehmen.

»Einige sind über das Datum sehr enttäuscht, da sie dann verreist sein werden«, sagt die 18-Jährige. Manchmal schaut auch sie bei den Proben zu und freut sich, dass nun die nächste Generation am Start ist.

www.jewrovision.de

Porträt der Woche

Unterwegs

Channah von Eickstedt fuhr Taxi, war Buchhändlerin und gründete eine Gemeinde

von Gerhard Haase-Hindenberg  28.04.2024

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Gedenken gehört eine Kranzniederlegung am Mahnmal vor dem Gemeindehaus

 26.04.2024

Sachsen

Landesbeauftragter: Jüdisches Leben auch in Sachsen gefährdet

Die Hemmschwelle, in eine Synagoge zu gehen, sei größer geworden, sagt Thomas Feist (CDU)

 25.04.2024

Köln

Auftakt des Fachbereichs Frauen der ZWST

Zu den zentralen Themen gehören Empowerment, Gleichberechtigung und Gesundheit

 25.04.2024

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024