Berlin

Altersarmut bei Juden entgegenwirken

Zentralratspräsidium appelliert an Merkel: Josef Schuster, Dieter Graumann und Salomon Korn (v.l.) Foto: Rafael Herlich

Die Spitze des Zentralrats der Juden in Deutschland hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eindringlich gebeten, der Altersarmut jüdischer Bürger entgegenzuwirken. Die Kanzlerin solle die »unwürdige Situation der jüdischen Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion wirksam und rasch« beenden, schrieben Präsident Dieter Graumann und seine Stellvertreter Salomon Korn und Josef Schuster Anfang Juli in einem jetzt veröffentlichten Brief an die Kanzlerin.

Zwei Generationen von Zuwanderern, die zwischen 1991 und 2005 als Kontingentflüchtlinge nach Deutschland kamen, lebten inzwischen im Rentenalter »sämtlich von Sozialhilfe beziehungsweise Altersgrundsicherung«, hieß es weiter in dem Brief des Zentralrats. Es handele sich »zumeist um Menschen, die ihr ganzes Leben lang hart gearbeitet und auch hier in Deutschland versucht haben, Arbeit zu finden«. Für diese 60.000 Menschen im Rentenalter sei es »entwürdigend und belastend«, von Sozialhilfe abhängig zu sein, so die Spitze des Zentralrats.

Rentenansprüche Zwischen Russland und Deutschland gibt es kein Sozialversicherungsabkommen – ebenso wenig mit der Ukraine und einigen anderen Herkunftsländern der Zuwanderer. Viele der Älteren von ihnen haben aus diesen Gründen Rentenansprüche eingebüßt und leben in Deutschland von Grundsicherung.

Der Bundesrat habe im April 2011 mit der Entschließung »Renten statt Sozialhilfe – Verbesserung des sozialrechtlichen Status für in Deutschland lebende jüdische Holocaust-Überlebende aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion« einen »wichtigen und richtigen Schritt« getan, hieß es weiter in dem Schreiben des Zentralrats an Merkel. Erwähnt wurde auch ein neuer Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Fremdrentengesetzes, um bei Zuwanderern ähnlich wie bei Spätaussiedlern Beitragszeiten anzuerkennen.

spätaussiedler Alle diese Initiativen seien aber bisher daran gescheitert, »dass entweder keine Spielräume im vorleistungsbezogenen System der gesetzlichen Rentenversicherung gesehen wurden oder aber vor allem der politische Wille zur Anerkennung der jüdischen Zuwanderer analog der Spätaussiedler gefehlt« habe, kritisierte der Zentralrat.

Die große Mehrheit der jüdischen Zuwanderer sei dankbar, dass sie und ihre Kinder in der Bundesrepublik Deutschland eine neue Heimat und Zukunftsperspektive gefunden habe, so Graumann, Korn und Schuster weiter. Für die kommende Legislaturperiode solle es nun die Politik in Deutschland als Chance und absolute Notwendigkeit begreifen, die Lage der älteren Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion zu verbessern. ja

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025