Kundgebung

500 Menschen demonstrieren in Bonn gegen Antisemitismus

Gemeinsam gegen Judenhass: Demonstranten auf dem Bonner Marktplatz Foto: dpa

Nach dem antisemitischen Angriff auf einen jüdischen Professor haben sich am Donnerstag in Bonn mehr als 500 Menschen zum »Tag der Kippa« versammelt. Bonns Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan (CDU), der zu der Solidaritätskundgebung gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde auf dem Marktplatz eingeladen hatte, sagte, er schäme sich für die Geschehnisse.

An die Adresse des jüdischen Gastforschers Yitzhak Melamed aus den Vereinigten Staaten sagte er, Bonn sei eine weltoffene Stadt, in der Melamed herzlich willkommen sei. »Bitte kommen Sie zurück nach Bonn«, lud Sridharan den US-Forscher ein.

Angriff Melamed war am Mittwoch vergangener Woche im Bonner Hofgarten in der Nähe der Universität von einem Deutschen mit palästinensischen Wurzeln attackiert und antisemitisch beschimpft worden. Dabei hatte der Angreifer dem US-Wissenschaftler mehrfach die Kippa vom Kopf geschlagen.

Eine zur Hilfe gerufene Polizeistreife verwechselte den Professor mit dem Angreifer und schlug ihn nach dessen eigenen Angaben und nach Berichten von Augenzeugen brutal zu Boden. Der Angreifer wurde wenig später gefasst.

Die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn, Margaret Traub, sagte: »Es ist genug. Wir können es nicht mehr ertragen, dass wir angefeindet werden, nur weil wir Juden sind.« Der Vorfall in Bonn reihe sich ein in eine Serie ähnlicher Vorfälle in Deutschland in der jüngsten Zeit. »Ich erwarte von der Politik, dass unsere Kinder hier angstfrei die Kippa tragen können.«

Aufklärung Sridharan forderte, dass der Polizeieinsatz im Fall des Angriffs auf Melamed nun lückenlos untersucht werden müsse. Melamed hatte die unverhältnismäßige Brutalität des Einsatzes kritisiert. Zudem hätten Polizisten versucht, ihm die Beschwerde gegen seine Behandlung auszureden. Die Bonner Polizei hatte am Montag Disziplinarverfahren gegen die vier beteiligten Beamten eingeleitet.

Nach dem Angriff auf Yitzhak Melamed war der tatverdächtige Deutsch-Palästinenser am Mittwoch erneut festgenommen worden. Der 20-jährige hatte in der Nacht zum Mittwoch bei einem Streit im Bonner Hofgarten mehrere Menschen mit einem Messer bedroht, wie die Polizei mitteilte.

Das Bonner Landgericht habe den bereits bestehenden Haftbefehl gegen den Mann, der zunächst außer Vollzug gesetzt worden war, nach der erneuten Festnahme wieder in Vollzug gesetzt. Der Tatverdächtige wird den Angaben zufolge am Donnerstag in eine Justizvollzugsanstalt überstellt. epd/ja

Porträt der Woche

Die Sprachlehrerin

Julia Steinberg arbeitete als Dolmetscherin vor Gericht, heute unterrichtet sie Deutsch

von Gerhard Haase-Hindenberg  22.07.2025

Nachruf

Regionales wird zur Weltgeschichte

Zum Tod der Historikerin Edith Raim, die ein bedeutendes publizistisches Vermächtnis hinterlässt

von Ellen Presser  22.07.2025

Kunst

Enthüllung im Paradies

Navot Miller malt in kräftigen Farben Momente aus dem Leben in New York und Berlin. Derzeit sind seine Werke in der Galerie Dittrich & Schlechtriem zu sehen

von Katrin Richter  21.07.2025

Konzert

Melodien als Hoffnung

Das Polizeiorchester Bayern gab auf Wunsch der IKG-Präsidentin ein Benefizkonzert. Mit dem Erlös sollen Opfer von Anschlägen unterstützt werden

von Luis Gruhler  21.07.2025

Buchenwald

KZ-Gedenkstätte muss Ausstellungen schließen

Für mindestens zwölf Monate können Besucher ab dem kommenden Jahr den zentralen Ausstellungsbereich nicht besuchen. Die Hintergründe

 21.07.2025

Gelsenkirchen

Da schließt sich ein Kreis

Die Nachfahren des 1938 vor den Nationalsozialisten geflohenen Kantors Gustav Bär bringen den geretteten Synagogenschmuck aus Amerika zurück

von Stefan Laurin  20.07.2025

Solidarität

Menschenkette um Münchner Synagoge

Ausgerechnet zum Zeitpunkt des Gebets am Schabbatabend zogen propalästinensische Gruppen durch die Münchner Innenstadt. Hunderte Bürger setzten mit einer Menschenkette um die Synagoge ein Zeichen der Solidarität mit Juden

 20.07.2025

Thüringen

Jüdisches Kulturfest will Haifa stärker einbeziehen

Beide Städte pflegen seit dem Jahr 2005 eine offizielle Städtepartnerschaft

 17.07.2025

Interview

Zusammenlegung von jüdischen Gemeinden »schmerzlich«, aber denkbar

Zu wenig engagierter Nachwuchs und mögliche Zusammenschlüsse von jüdischen Gemeinden - so sieht die Lage laut Zentralrat der Juden derzeit aus. Präsident Schuster äußert sich auch zur Rabbinerausbildung in Potsdam

von Leticia Witte  17.07.2025