Köln

30 Jahre Zuwanderung

Gemeindevertreter Miguel Freund und Stella Shcherbatova im Porzer Begegnungszentrum Foto: Roland Kaufhold

»Anfangs war es eine schwierige Zeit, auch für uns selbst.« Stella Shcherbatova, langjährige Leiterin des Porzer Begegnungszentrums der Synagogen-Gemeinde Köln, benannte in ihrem Vortrag zu Chancen und Hindernissen der Integration russischsprachiger jüdischer Zuwanderer die Probleme deutlich. Ihr Referat war Teil der Lehrhaus-Reihe der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (Kölnische Gesellschaft).

Miguel Freund, langjähriges Vorstandsmitglied der Kölnischen Gesellschaft, hob die Pionierleistung der Porzer Außenstelle hervor. Die Synagogen-Gemeinde hatte schnell reagiert: 1990 eröffnete sie einen Kindergarten. Speziell für russischsprachige Gemeindemitglieder wurde ein eigener Rabbiner eingestellt. 1996 wurde in Porz ein Sprachunterricht angeboten. Die Kontinuität der Arbeit wird durch ein enormes ehrenamtliches Engagement ergänzt.

Identität Als besonders kränkend erlebte Stella Shcherbatova Reaktionen aus der Mehrheitsgesellschaft: »Warum seid ihr denn nach Deutschland gekommen?« Die Frage nach der eigenen Identität stelle sich russischen Juden bis heute. »Verstehe ich mich als Deutsche? Nein, das ist komplizierter. Aber als Kölnerin«, sagt eine Zuhörerin.

Die Gemeinden erwarteten Ostjuden aus dem Schtetl – es kamen jedoch Menschen meist ohne religiöse Vorerfahrung.

Immer wieder kreiste die Diskussion um die Frage der jüdisch-russischen Identität: Die aufnehmenden jüdischen Gemeinden hätten Ostjuden aus dem Schtetl erwartet – es kamen jedoch Menschen meist ohne religiöse Vorerfahrung. Bei einer eigenen Befragung nach dem jüdischen Selbstverständnis bezeichneten es 57 Prozent als entscheidend, dass ein Jude aus einer jüdischen Familie stamme. Nur 13 Prozent benannten die Abstammung von einer jüdischen Mutter als wichtigstes Kriterium. Der regelmäßige Austausch zwischen den russischsprachigen Juden, Freunden und den übrigen Gemeindemitgliedern bleibe eine dauerhafte Herausforderung.

Erwartungshaltung Im jüdischen Jugendzentrum hätten sich rasch unterschiedliche Erwartungen der Eltern gezeigt: »Die Kinder der Alteingesessenen wollten meist, dass ihre Kinder einen Freiraum zum gemeinsamen Spielen haben.« Die Zuwanderereltern erwarteten hingegen ein zielgerichtetes Lernen im Jugendzentrum. Verschiedentlich hätten sie ihre Kinder dann aus dem Jugendzentrum wieder abgemeldet.

Sie sei sehr froh, dass sie bereits kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland mit der russischsprachigen psychologischen Beratung beginnen konnte. »Immer wieder sprachen wir über das Gefühl, von der Gemeinde nicht ernst genommen zu werden«, erzählte Shcherbatova. Nach der anfänglichen Euphorie seien nach schweren Enttäuschungen bei der Arbeitssuche Frustrationen, teils auch Depressionen, Ängste und Kontaktstörungen entstanden.

Antisemitismus Bei Pilotprojekten in Porzer Schulen zum Judentum habe sie in jüngster Zeit von schlimmen antisemitischen Vorfällen gehört. Für jüdische Kinder gehörten antisemitische Beleidigungen durch Mitschüler zum Alltag. Stella Shcherbatova wusste auf Nachfragen des Publikums aber auch über ein positives Beispiel zu berichten: Ein Kölner Gymnasium habe ein übles antisemitisches Vorkommnis bewusst öffentlich gemacht. Auch der Staatsschutz habe sich eingeschaltet. Tabuisierung sei kein Hilfsmittel.

Berlin/Potsdam

Zentralrat der Juden erwartet Stiftung für Geiger-Kolleg im Herbst

Zum Wintersemester 2024/25 soll sie ihre Arbeit aufnehmen

 26.07.2024

Potsdam

Neuer Name für das Abraham Geiger Kolleg bekannt geworden

Die Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner soll nach Regina Jonas benannt werden

 26.07.2024

Berlin

Wegner besucht verwüstetes israelisch-palästinensisches Lokal

Das Restaurant wurde vergangene Woche verwüstet

 26.07.2024

Düsseldorf

Sägen, fräsen, bohren

Im Südwesten der Stadt betreibt die Gemeinde eine metallverarbeitende Behindertenwerkstatt

von Stefan Laurin  25.07.2024

Ausstellung

Olympioniken im KZ Buchenwald

Auf dem Ettersberg bei Weimar treffen unterschiedlichste Biografien aufeinander

von Matthias Thüsing  25.07.2024

Berlin

Große Räume für große Träume

Hillel zieht von Neukölln nach Kreuzberg

von Joshua Schultheis  25.07.2024

Olam

Für die Kids

Der Senat unterstützt das Jugendzentrum der Jüdischen Gemeinde zu Berlin mit 450.000 Euro

von Christine Schmitt  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Leipzig

Sachbeschädigung an jüdischer Einrichtung

Der Tatverdächtige wurde nach der Tat verhaftet und ist inzwischen wieder auf freiem Fuß

 24.07.2024