Tu beAw

Heilige Gefühle

Love is the Answer! Foto: Getty Images/iStockphoto

Der Feiertag Tu beAw, der heute Abend beginnt und den ganzen Tag über am 20. August gefeiert wird, leitet sich von dem Worten »Tu« (Zahlenwert der Buchstaben auf Hebräisch: 15) und dem jüdischen Monat Aw ab. Tu beAw wird manchmal als jiddischer (jüdischer) Valentinstag bezeichnet, aber es gibt keinen guten Grund dafür.

Der Valentinstag am 14. Februar basiert auf einer katholischen Tradition. Sein Ursprung ist wahrscheinlich ein römisches Fruchtbarkeitsfest. Da der Handel am Valentinstag Gewinn macht, wird der Name auch auf Tu beAw übertragen.

Liebe Ich denke, dies ist völlig ungerechtfertigt, da Tu beAw ein äußerst heiliger Feiertag ist – Jom Kippur, dem Versöhnungstag, ebenbürtig. Und obwohl er heute in Israel »Chag Haahawa« (Fest der Liebe) heißt und die Kassen klingeln, ist dieser Tag viel mehr als ein profitables Gewinnmodell.

Im Babylonischen Talmud (Taanit 30b-31a) markierte Tu beAw den Beginn der Weinlese und Jom Kippur das Ende. An Tu beAw trugen die Jungfrauen Jerusalems geliehene weiße Kleidung, tanzten in den Weinbergen und forderten die Ehekandidaten auf, sie als Braut zu wählen.

Liebe ohne einen tieferen Zweck, klare Richtung und höhere Weihen ist leider flüchtig.

Der Grund für die Freude an Jom Kippur ist klar. An diesem Tag sind alle Sünden zwischen Mensch und G’tt vergeben. Aber was ist der Grund für die Freude an Tu beAw, sechs Tage nach Tischa beAw, unserem nationalen Tag der Trauer um die Zerstörung des Ersten und des Zweiten Tempels? Der Talmud gibt sechs Gründe an, von denen zwei mit der Ehe zusammenhängen.

Tora Das Eheverbot zwischen verschiedenen Stämmen wurde zu Tu beAw aufgehoben. Wenn Lea aus dem Stamm Schimon den Jaakow aus dem Stamm Reuwen heiraten wollte, war das nach Tu beAw erlaubt. In der Vergangenheit wollte die Tora dies nicht, weil dann das Erbe von einem Stamm zum anderen transferiert wurde.

Um dies zu vermeiden, heirateten die Menschen zuvor nur innerhalb ihres eigenen Stammes. Außerdem hatte der Stamm Benjamin Gräueltaten begangen und wurde aus dem jüdischen Volk vertrieben. Niemand durfte seine Kinder mit Benjaminiten verheiraten. Als klar wurde, dass dies bedeuten würde, dass der Stamm Benjamin aufhören würde zu existieren, wurde dieses Eheverbot mehr oder weniger aufgehoben (Richter 19-21).

Tu beAw schafft Frieden in der Familie.

Tu beAw wurde zu einem nationalen Schidduch-Tag erhoben. Um die Unterschiede zwischen Arm und Reich auszugleichen, liehen alle traulustigen Damen einander weiße Kleidung, damit sich niemand durch auffällige Kleidung auszeichne. Der Talmud sagt, dass die schönen Mädchen beim Tanzen in den Weinbergen an die zukünftige Bräutigame mit Blick auf ihr Aussehen appellierten.

Herkunft Die Mädchen mit gutem Jichus (Abstammung) hingegen ließen wissen, dass sie eine gute Familie anstrebten. Und weniger gut aussehende Mädchen machten laut Talmud darauf aufmerksam, dass man »leschem Schamaim« heiraten muss, um G’tt zu dienen.

Der nationale Schidduch-Tag war der jüdischen Ehe gewidmet. Die jüdische Ehe heißt Kidduschin, was heilig bedeutet. Nur Liebe zu feiern, ist zu oberflächlich. Es geht um das Überleben unserer g’ttlichen Mission in der Geschichte. Liebe ist dabei ein wichtiger Bestandteil.

Aber Liebe ohne einen tieferen Zweck, klare Richtung und höhere Weihen ist leider flüchtig und verwandelt sich ohne heilige Gefühle in ihr Gegenteil. Liebe braucht Führung. Zuneigung braucht geistige Orientierung. Ein dedizierter Rahmen ist unabdingbar.

Kurz nach der größten Zerstörung, Tischa beAw, feiern wir die Fortsetzung des jüdischen Lebens im jüdischen Heim und in der jüdischen Familie. Das ist unser wahres Heiligtum. Jom Kippur stellt den Frieden zwischen G’tt und Mensch wieder her. Tu beAw schafft Frieden in der Familie. Beide sind die Säulen des Judentums.

Chanukka

Das jüdische Licht

Die Tempelgeschichte verweist auf eine grundlegende Erkenntnis, ohne die unser Volk nicht überlebt hätte – ohne Wunder kein Judentum

von Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky  12.12.2025

Deutschland-Reise

Israels Oberrabbiner besucht Bremen

Kalman Meir Ber trifft Bürgermeister Andreas Bovenschulte und die Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, Antje Grotheer (beide SPD)

 12.12.2025

Wajeschew

Ein weiter Weg

Das Leben Josefs verlief nicht geradlinig. Aber im Rückblick erkennt er den Plan des Ewigen

von Rabbinerin Yael Deusel  12.12.2025

Talmudisches

Nach der Sieben kommt die Acht

Was unsere Weisen über die Grenze zwischen Natur und Wunder lehren

von Vyacheslav Dobrovych  12.12.2025

Chanukka

Nach dem Wunder

Die Makkabäer befreiten zwar den Tempel, doch konnten sie ihre Herrschaft nicht dauerhaft bewahren. Aus ihren Fehlern können auch wir heute lernen

von Rabbiner Julian-Chaim Soussan  12.12.2025

Quellen

Es ist kompliziert

Chanukka wird im Talmud nur selten erwähnt. Warum klammerten die Weisen diese Geschichte aus?

von Rabbiner Avraham Radbil  11.12.2025

Religion

Israels Oberrabbiner erstmals auf Deutschlandbesuch

Kalman Ber startet seine Reise in Hamburg und informiert sich dort über jüdisches Leben. Ein Schwerpunkt: der geplante Neubau einer Synagoge

 10.12.2025

Thüringen

Jüdische Landesgemeinde und Erfurt feiern Chanukka

Die Zeremonie markiert den Auftakt der inzwischen 17. öffentlichen Chanukka-Begehung in der Thüringer Landeshauptstadt

 08.12.2025

Wajischlach

Zwischen Angst und Umarmung

Die Geschichte von Jakow und Esaw zeigt, wie zwei Brüder und zwei Welten wieder zueinanderfinden

von Rabbiner Joel Berger  05.12.2025