Partnerwahl

Bibis Sohn und die Norwegerin

Jüdische Vorzeigefamilie: Jair Netanjahu mit Vater und Bruder Avner an der Kotel Foto: Flash 90

Manchmal sind die Sorgen eines Premierministers nicht anders als die aller anderen Eltern, obwohl diese sicher schwerwiegender werden, wenn jeder einfache Bürger sich öffentlich einmischt. In dieser Situation befand sich Benjamin Netanjahu, als er vor Kurzem dem Regierungsoberhaupt Norwegens mitteilte, dass sein Sohn Jair mit einer Norwegerin namens Sandra Leikanger, die in Israel studiert, befreundet ist.

Der Schas-Politiker Aryeh Deri verkündete daraufhin, diese Beziehung sei keine private, sondern eine nationale Angelegenheit. Bentzi Gopshtain, Direktor der Organisation Lehava, die die Assimilation bekämpft, erklärte: »Ihre Enkel werden nicht jüdisch sein.« Der Onkel, Haggai Ben Artzi, sagte, eine solche Beziehung bedeute, dass Jair Netanjahu auf das Grab seiner Vorfahren spucke.

vermutung Nissim Ze’ev, wie Aryeh Deri von der Schas-Partei, äußerte sich deutlich verständnisvoller, als er seine Vermutung zum Ausdruck brachte, der Premier wünsche sich bestimmt eine nette jüdische Schwiegertochter. Und Rabbi Amnon Bazak von der Gusch-Ezion-Jeschiwa zeigte sich pragmatisch, als er erklärte, Leikanger könne vielleicht konvertieren und Jair Netanjahu heiraten. Was soll der Premier nun tun?

Ideal wäre es, solche Beziehungen frühzeitig zu verhindern. Das ist aber nicht einfach. Ich beneide Rabbiner, die erzählen können, wie sie, wenn sie von einer interkonfessionellen Eheschließung erfuhren, mit dem jüdischen Partner sprachen und ihn überzeugten, die Hochzeit abzusagen. So etwas habe ich leider nie erleben dürfen.

Wir können uns leicht eine Szene vorstellen, bei der Papa Netanjahu dem Sohn sagt: »So etwas kannst du uns doch nicht antun, ich lasse diese Frau nicht in unser Haus.« Oder: »Ich sitze Schiwe, und für uns existierst du dann nicht mehr.« Spätestens nach der letzten Drohung wird der Sohn sich entscheiden, seine »primitiven« Eltern zu verlassen und nach Norwegen zu ziehen, vermutlich ohne Mitglied der dortigen jüdischen Gemeinde zu werden. Ein einziges Mal wird er den Rabbi besuchen, wenn die Beziehung so lange hält, um sich im Namen der Freundin oder Gattin nach einem Übertritt zu erkundigen, aber auch dann wird nicht sicher sein, dass sie sich dafür entscheidet und es erfolgreich verwirklicht.

normalität Heutzutage sind interkonfessionelle Ehen nolens volens ein Teil der Normalität, auch wenn sie die jüdischen Normen erheblich verletzen. Sollen wir also aufgeben und die interkonfessionelle oder außerkonfessionelle Ehe einfach akzeptieren oder sogar begrüßen? In vielen Kreisen ist das bereits Realität, und die Folgen sind für die jüdische Kontinuität desaströs: Familien in jüdischer Ehe werden viermal wahrscheinlicher einer Synagogengemeinde angehören und fünfmal wahrscheinlicher einen koscheren Haushalt führen. Kinder mit nur einem jüdischen Elternteil erhalten lediglich zu 22 Prozent eine jüdische Erziehung, während die Rate bei denen mit zwei jüdischen Eltern bei 82 Prozent liegt.

Die Wahrheit ist, dass die entscheidende Frage viel zu spät gestellt wird. Wenn ein Paar sich verliebt hat, ist die Situation bereits sehr komplex. Manchmal kann die Beziehung verhindert werden. Vielleicht haben der junge jüdische Mann oder die junge jüdische Frau in ihrem modernen Individualismus noch nicht verinnerlicht, dass unsere privaten Entscheidungen, wie wir lieben und leben, auch nationale Bedeutung haben, und sie brauchen dafür Zeit und Besinnung.

Giur Vielleicht ist die Beziehung bereits zu stark oder das Paar bereits verheiratet, aber der nichtjüdische Partner interessiert sich ernsthaft für einen Giur. Und vielleicht ist diese Beziehung einfach eine Tatsache, und die Eltern müssen darauf achten, dass ihre Beziehung mit dem Sohn oder der Tochter auch in Zukunft bestehen bleibt.

Wenn ein Kind von seinen Eltern und seinem Umfeld keine Gründe mitbekommen hat, um etwas Greifbares wegen des Judentums aufzugeben, warum soll es dann auf einer jüdischen Ehe bestehen? Die Liebe ist dann stärker als alles andere. Deshalb kommen wir nicht weg vom zentralen jüdischen Begriff der Auserwählung.

Es ist klar, dass wir im Auftrag G’ttes eine Rolle in der Weltgeschichte zu spielen haben. Wir sind eine »Mamlechet Kohanim«, eine Nation der Priester, die sich bestimmter Dinge enthält und bestimmte Pflichten befolgt, um eine Vorbildfunktion auf der Weltbühne zu spielen. Und dazu gehört jüdische Kontinuität. Wen ich heirate und wen ich date, ist von Bedeutung für unser Volk. Wie aber Benjamin Netanjahu mit seinem Sohn umgeht, ist kein Thema für die Öffentlichkeit. Darüber sollte er sich intensiv mit seinem Rabbi unterhalten.

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 02.11.2025

Lech Lecha

Im Sinne der Gerechtigkeit

Awraham war der Erste in der Menschheitsgeschichte, der gegen das Böse aufstand

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  31.10.2025

Talmudisches

Audienz beim König aller Könige

Was unsere Weisen über das Gebet und seine Bedeutung lehren

von Rabbiner Avraham Radbil  31.10.2025

Geschichte

Wer war Kyros der Große?

Manche behaupten, Donald Trump sei wie der persische Herrscher, der den Juden die Rückkehr nach Jerusalem erlaubte. Was hinter dem Vergleich steckt

von Rabbiner Raphael Evers  30.10.2025

Interview

»Süßes gibt’s auch in der Synagoge«

Jugendrabbiner Samuel Kantorovych über Halloween, dunkle Mächte und Hexen im Talmud

von Mascha Malburg  30.10.2025

Vatikan

Papst bedauert Krise im Dialog mit Juden - verurteilt Antisemitismus

Seit Jahren ist der Dialog des Vatikans mit dem Judentum belastet. Nun hat Leo XIV. versucht, die Dinge klarzustellen - mit einem Bekenntnis zum Dialog und gegen den Antisemitismus

von Ludwig Ring-Eifel  29.10.2025

Schwielowsee

Shlomo Afanasev ist erster orthodoxer Militärrabbiner für Berlin und Brandenburg

Militärrabbiner gibt es bereits in Deutschland. Nun steigt der erste orthodoxe Rabbiner bei der Bundeswehr in Brandenburg ein

 29.10.2025

Rom

Eklat durch NS-Vergleich bei interreligiösem Kongress

Der Dialog zwischen katholischer Kirche und Judentum ist heikel. Wie schwierig das Gespräch sein kann, wurde jetzt bei einem Kongress in Rom schlagartig deutlich. Jüdische Vertreter sprachen von einem Tiefpunkt

von Ludwig Ring-Eifel  27.10.2025

Talmudisches

Das Schicksal der Berurja

Die rätselhafte Geschichte einer Frau zwischen Märtyrertum und Missverständnis

von Yizhak Ahren  24.10.2025