Niedersachsen

Woran erkennt man Judenhass?

Antisemitisch: Gelber Stern mit »Ungeimpft«-Aufschrift auf einer Demonstration Foto: imago images/Hannelore Förster

Niedersachsen

Woran erkennt man Judenhass?

Justizministerium und RIAS haben einen Leitfaden zur Einordnung antisemitischer Straftaten vorgestellt

von Eugen El  09.03.2022 13:44 Uhr

Wann ist eine Straftat antisemitisch? Anhand welcher Kriterien, Codes oder Symbole lassen sich judenfeindliche Bezüge erkennen und einordnen? Um die Arbeit von Polizei und Justiz zu erleichtern, hat das niedersächsische Justizministerium in Zusammenarbeit mit mehreren jüdischen und zivilgesellschaftlichen Organisationen einen Leitfaden erarbeitet.

Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) stellte die Publikation am Mittwoch gemeinsam mit Katarzyna Miszkiel-Deppe, Leiterin der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Niedersachsen, vor. Die Broschüre soll vor allem Polizei und Justiz helfen, mehr Handlungssicherheit zu erhalten, so Miszkiel-Deppe.

ANSTIEG Barbara Havliza informierte zunächst über den deutlichen Anstieg von Ermittlungsverfahren wegen antisemitischer Bestrebungen: 2021 seien in Niedersachsen 253 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, während es 2020 noch 179 gewesen seien. »Die Entwicklung antisemitischer Delikte gibt keinen Anlass zur Entwarnung«, sagte die Justizministerin.

»Klassische« und zeitgenössische Erscheinungsformen des Antisemitismus werden im Leitfaden erklärt.

»Es ist besonders wichtig, antisemitisch motivierte Straftaten als solche zu erkennen, klar zu benennen und konsequent zu verfolgen«, betonte sie. Oft würden judenfeindliche Bezüge nicht offen propagiert, »sondern durch die Verwendung angeblich ganz anders gemeinter Symbole oder Bezeichnungen getarnt«. Hier setze der neue Leitfaden an, so Havliza.

Die 40-seitige Broschüre enthält unter anderem ein Glossar mit antisemitischen beziehungsweise rechtsextremen Zeichen, Symbolen, Codes und Organisationen. »Klassische« und zeitgenössische Erscheinungsformen des Antisemitismus werden darin erklärt, ebenso wird die Antisemitismus-Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) erläutert.

CHECKLISTE Barbara Havliza hob zudem die im Leitfaden enthaltene »Checkliste für das Erkennen einer antisemitischen Straftat« hervor, die anhand von 24 Fragen zu Betroffenenperspektive, Tatort und -zeit, Kontext, Botschaften sowie Verbindungen zu politischen und weltanschaulichen Gruppierungen die Einstufung erleichtern soll. Nicht zuletzt enthält die Broschüre eine Übersicht von Handlungsoptionen.

Niedersachsens Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens, Franz Rainer Enste, hat laut Justizministerium an dem Leitfaden mitgewirkt. Er lobt die Publikation: »Die vielen wertvollen Hintergrundinformationen können das eigene Wissen vertiefen oder dazu dienen, Straftaten besser einzuordnen. Damit soll der Leitfaden Justiz und Polizei in ihrer alltäglichen Arbeit unterstützen.«

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza/Westjordanland

Umfrage: Mehr als die Hälfte der Palästinenser befürwortet die Massaker vom 7. Oktober 2023

Klare Mehrheit der Palästinenser zudem gegen Entwaffnung der Hamas

 21.12.2025

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025