Tobias Kühn

Wenn Wahrheit das Amt kostet

Tobias Kühn, Redakteur der Jüdischen Allgemeinen Foto: Marco Limberg

Tobias Kühn

Wenn Wahrheit das Amt kostet

Tobias Kühn bedauert, dass Polens Außenminister einen kompetenten Mitarbeiter gefeuert hat

von Tobias Kühn  13.01.2022 11:07 Uhr

Am 8. Januar hat Polens rechtskonservativer Außenminister Zbigniew Rau den Bevollmächtigten der Regierung für Kontakte zur jüdischen Diaspora, Jaro­slaw Nowak, entlassen.

Einen Tag zuvor hatte die britisch-jüdische Zeitung »Jewish News« ein Interview mit Nowak veröffentlicht. Darin äußerte sich der Regierungsbeauftragte kritisch zu einer Gesetzesnovelle von 2018, die das Erwähnen polnischer Kollaboration mit den Nazis unter Strafe stellte. Sie sei, so Nowak, »eine der dümmsten Änderungen, die je an einem Gesetz vorgenommen wurden«. Bei natio­nalistischen Politikern in Warschau löste das Interview Wut aus.

botschafter Ähnlich wie Nowak erging es vergangene Woche Polens neuem Botschafter in Prag, Miroslaw Jasinski. Auch er hatte sich in einem Interview kritisch zu einem Aspekt polnischer Regierungspolitik geäußert und wurde daraufhin sofort entlassen.

Dies zeigt: Wer das Handeln der Warschauer Regierung kritisiert, muss damit rechnen, gefeuert zu werden.

Anders als viele Nationalisten hielten die jüdischen Gemeinden Jaroslaw Nowak für eine gute Besetzung.

Anders als viele Nationalisten hielten die jüdischen Gemeinden Jaroslaw Nowak für eine gute Besetzung. Der Jurist aus Lodz kennt sich in der Materie aus und beteiligt sich schon seit den 80er-Jahren am polnisch-jüdischen Dialog. 2009 organisierte er die Gedenkfeiern zum 65. Jahrestag der Liquidierung des deutschen »Ghettos Litzmannstadt«. Außerdem arbeitete er für eine Organisation, die sich an ehemalige Lodzer Juden in Israel und Kanada wandte und sie einlud, ihre alte Heimatstadt zu besuchen.

regierungspartei All dies zeigt: Nowak war keiner, der einen Versorgungsposten brauchte oder den die rechtspopulistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit diesem Amt für treue Dienste belohnte. Nein, er kommt nicht aus dem PiS-Umfeld und hat in dem Interview vermutlich nur gesagt, was in seinen Kreisen alle denken.

Erstaunlich scheint also weniger, dass Nowak jetzt seinen Job los ist, sondern dass man ihn im Juli 2021 überhaupt in dieses Amt berief. Nun ist der Posten frei − für einen linientreuen Funktionär.

kuehn@juedische-allgemeine.de

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal: Prozess beginnt

Ein 19-jährigen Syrer soll dort im Februar einem spanischen Touristen lebensgefährlich verletzt haben. Aufgrund einer sofortigen Notoperation überlebte das Opfer

 20.11.2025

Washington D.C.

Trump unterschreibt Gesetz zur Freigabe von Epstein-Akten

Der Druck auf den US-Präsidenten wurde zu groß - nun hat er die Veröffentlichung von Akten zu einem Fall genehmigt, den er nicht loswurde. Was das bedeutet

von Anna Ringle, Franziska Spiecker, Khang Mischke, Luzia Geier  20.11.2025

Russischer Eroberungskrieg

Neuer US-Friedensplan: Ukraine unter Druck

Die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt, doch hinter den Kulissen scheint weiter verhandelt worden zu sein. Kiew trifft dies zu einem doppelt ungünstigen Zeitpunkt

 20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025