Einspruch

Was abgeschafft gehört

Der Mann hat eine Mission. Er will seine Heimat erst wachrütteln und dann möglichst vor dem Untergang retten. Deutschland soll deutsch bleiben, dafür kämpft Thilo Sarrazin. Und zu jeder Mission gehört eine Vision. Beim Noch-Bundesbanker lässt sie sich zugespitzt so formulieren: Er fürchtet, dass in dem Staat seiner Enkel arabische Kopftuchmädchen und türkische Gemüsehändler optisch, vor allem aber gesell- schaftlich, den Ton angeben werden. Und so gibt der Thesenritter den omnipräsenten Talkshow-Zampano. Und siehe da: Von der politischen und medialen Elite zumeist verdammt, steigt die Zahl seiner Gefolgsleute tagtäglich. Recht hat Sarrazin mit seinen provokanten Äußerungen über die Versäumnisse bei der Integration der muslimi- schen Einwanderer, ist immer häufiger zu hören und zu lesen. Lasst ihn doch reden, unseren Volkshelden!

Und so arbeitet sich Deutschland seit mehreren Wochen an einer Personalie ab. Die eigentliche Debatte über die Folgen der Migration ist längst ins Hintertreffen geraten. Zu viel kreist um jüdische Gene, angeborene Dummheit und messbare Intelligenz. Wie das eine dringend erforderliche Diskussion über das gesellschaftliche Miteinander inhaltlich nach vorn bringen soll, bleibt das Geheimnis derjenigen, die den Sarrazynismus als wertvoll etikettieren. Keine Frage: Die Probleme mit der Integration sind gerade bei Muslimen augenfällig. Sprachdefizite, Kriminalität, Sozialhilfe statt Arbeit – all das ist hinlänglich bekannt. Sarrazin fügt diesem Befund lediglich eine gehörige Portion ressentimentgeladene Dramatik bei. Lebensnahe Lösungen hat auch er nicht parat. Deshalb wird seine Mission scheitern.

Ebenso sicher ist allerdings, dass auch die Integrationsdebatte wieder im Sande verläuft. In vier, fünf Monaten wird es einen neuen Anlauf geben – vielleicht mit Sarrazin in einer Gastrolle. Nicht als Missionar, sondern als selbst ernannter Märtyrer, den Bundesbank, SPD und üble Meinungsmacher am liebsten mundtot gemacht hätten. Opfer eines politischen Schauprozesses? Eher einer, der sich selbst abschafft.

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  25.11.2025

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Interview

»Weder die Verwaltung noch die Politik stehen an meiner Seite«

Stefan Hensel hat seinen Rücktritt als Antisemitismusbeauftragter Hamburgs angekündigt. Ein Gespräch über die Folgen des 7. Oktober, den Kampf gegen Windmühlen und kleine Gesten der Solidarität

von Joshua Schultheis  25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Entscheidung

Berlin benennt Platz nach Margot Friedländer

Jahrzehntelang engagierte sich die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer für Aussöhnung. Nun erfährt die Berlinerin nach ihrem Tod eine besondere Ehrung

 25.11.2025

Hanau

Rabbiner antisemitisch beleidigt

Für die Gemeinde ist die Pöbel-Attacke kein Einzelfall

 25.11.2025

Berlin

RIAS: Polizei erfasst antisemitische Taten lückenhaft

Der Bundesverband sagt, es gebe strukturelle Probleme, Unsicherheiten im Umgang mit Betroffenen und ein insgesamt unzureichendes Bild antisemitischer Hasskriminalität in den offiziellen Statistiken

 25.11.2025