Klage

Vor Gericht kann man sich nicht wegducken

Foto: Marco Limberg

Mit dieser Entscheidung hat die Freie Universität wohl nicht gerechnet. Am Dienstag plädierte sie vor dem Verwaltungsgericht Berlin dafür, die Klage Lahav Shapiras abzuweisen. Die Rechtsabteilung der Universität hatte sich ein Argument zurechtgelegt, warum das Ansinnen ihres Studenten, sein Recht auf ein diskriminierungsfreies Studieren geltend zu machen, nicht zulässig sei. Diese Strategie, die beispielhaft steht für das Wegducken der Universität vor ihrem Antisemitismus-Problem, ging nicht auf. Die FU Berlin muss im Oktober dem Gericht erklären, warum sie auf ihrem Campus eine Dynamik zulässt, in der sich viele jüdische Studierende nicht mehr sicher fühlen – und aus der heraus konkrete Gewalt entstanden ist.

Allein die Tatsache, dass der Richter sich genauer ansehen möchte, inwiefern die Universität ihrer gesetzlich verankerten Verpflichtung nachkommt, ihre Studierenden vor Diskriminierung zu schützen, ist richtungsweisend: In einem Land, in dem jede noch so kleine staatliche Institution einen Antisemitismusbeauftragten hat, der jedes Jahr am 9. November historische Verantwortung beschwört, steht plötzlich zur Debatte, wie ernst man es mit dem Schutz lebender Jüdinnen und Juden wirklich nimmt.

Floskeln oder Fakten?

Ist die »Hochschule für Vielfalt« im Berliner Hochschulgesetz nur eine leere Floskel? Reicht es, einfach weitere Stellen in der »Stabsstelle Diversity und Antidiskriminierung« zu schaffen, oder müssen diese auch kompetent sein, modernen Judenhass zu erkennen? Kann eine Antidiskriminierungssatzung nur auf dem Papier bestehen, oder dürfen Studierende bei Verstößen auch Konsequenzen fordern?

Lesen Sie auch

Judenhass lässt sich nicht weg-bürokratisieren. Er lässt sich nicht in Floskeln zerreden. Er wird nicht durch Konzepte kleiner. Antisemitismus ernsthaft zu bekämpfen, heißt im ersten Schritt, sich seines Ausmaßes bewusst zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Wenn der Leitung der FU Berlin das bis Oktober gelänge, wäre viel gewonnen.

malburg@juedische-allgemeine.de

Berlin

Karoline Preisler bei Marsch gegen Antisemitismus

»Es ist ganz besonderer Marsch, weil Männer Frauen und Kinder, Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammengekommen sind«, sagt die Juristin und Politikerin

 01.12.2025

Potsdam

Anne Frank mit Kufiya: Jüdische Gemeinde fordert Ausstellungs-Stopp

Eine Ausstellung im Museum Fluxus+ will Ähnlichkeiten zwischen Palästinensern und Israelis aufzeigen. Doch die Darstellung zieht Kritik aus der Jüdischen Gemeinde und von Brandenburgs Antisemitismusbeauftragten auf sich

 01.12.2025

Interview

»Nach dem Waffenembargo gibt es einiges zu kitten«

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter über den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Israel, Siedlergewalt im Westjordanland und die Kooperation mit dem Mossad

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Hamburg

So reagiert die Politik auf den Rücktritt Stefan Hensels

Wegen der vorzeitigen Amtsaufgabe des Antisemitismusbeauftragten macht die CDU dem rot-grünen Senat schwere Vorwürfe. Der Erste Bürgermeister lobt dagegen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Beauftragten

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Verteidigung

Deutschland stellt Arrow 3 in Dienst

Erstmals kommt das Raketenabwehrsystem außerhalb Israels zum Einsatz

 01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Deutschland

Massive Proteste gegen neuen AfD-Nachwuchs 

Die AfD organisiert ihren Nachwuchs - Gießen erlebt den Ausnahmezustand. Zehntausende haben sich nach Mittelhessen aufgemacht, um die Gründung der Generation Deutschland zu verhindern

von Christian Schultz  30.11.2025

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  30.11.2025

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025