Diplomatie

»Viel Potenzial für die Zukunft«

Israels Botschafter Jeremy Issacharoff Foto: dpa

Herr Botschafter, der jüdische Staat feiert den 71. Unabhängigkeitstag. Wie beurteilen Sie die deutsch-israelischen Beziehungen?
Wenn man berücksichtigt, dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern nach den Schrecken der Schoa an einem denkbar niedrigen Punkt ihren Anfang nahmen, dann ist die Bilanz des Erreichten in der Tat sehr beeindruckend. In den eineinhalb Jahren, seit ich Botschafter in Berlin bin, ist eine Menge geschehen.

Können Sie Beispiele nennen?
Es gibt eine kontinuierliche und sehr enge Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheitspolitik, Forschung und Wissenschaft sowie auf nachrichtendienstlicher und wirtschaftlicher Ebene. Als ein weiteres aktuelles Beispiel ist vor allem das Thema Cybersecurity zu nennen, bei dem Israel und Deutschland viel voneinander profitieren können. Diese Kooperationen werden zwar nicht dadurch bestimmt, was vor 1945 geschehen ist, haben aber viel Potenzial für Gegenwart und Zukunft. Die Vergangenheit jedoch wird immer präsent sein. Aber sie sollte nicht bestimmen, was in den bilateralen Beziehungen erreicht werden kann.

Am Wochenende feuerten Terroristen Raketen aus Gaza auf Israel. Wie sind vor diesem Hintergrund Äußerungen von Christoph Heusgen zu bewerten, der die Geschosse der Hamas mit israelischen Bulldozern gleichsetzt?
Der jüngste Angriff mit fast 700 Raketen auf Zivilisten, bei dem vier Israelis getötet und viele weitere verletzt wurden, entzieht einem solchen unangemessenen Vergleich jegliche Grundlage. Das deutsche Außenministerium verurteilte diese Raketenangriffe eindeutig und unterstützt Israels Recht auf Selbstverteidigung. Es sollte diesbezüglich keine Einschränkungen geben.

Deutschland hat in jüngster Zeit oft UN-Resolutionen unterstützt, die Israel verurteilen. Beeinträchtigt das die Beziehungen?
Ja, in den letzten Monaten haben wir dieses Thema auf höherer Ebene mit vielen unserer Kollegen in der deutschen Regierung angesprochen. Wir sind der Überzeugung, dass die engen Beziehungen zwischen beiden Ländern sich auch in Deutschlands Abstimmungsverhalten in den UN-Gremien in New York, Paris oder Genf widerspiegeln sollten.

Unternimmt Deutschland genug zur Bekämpfung von Antisemitismus?
Es gibt keine einfachen Antworten zu diesem sehr komplexen Problem. Aber die Ernennung von Felix Klein zum Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus auf nationaler Ebene sowie die Schaffung ähnlicher Positionen auf Länderebene sind Schritte in die richtige Richtung. Erziehung zu Hause und Bildung in den Schulen spielen dabei ebenso eine entscheidende Rolle wie das Verhalten der Zivilgesellschaft insgesamt. Es sollte immer klar zum Ausdruck kommen, dass Antisemitismus nirgendwo toleriert wird.

Mit dem israelischen Botschafter in Deutschland sprach Ralf Balke.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  06.05.2025

8. Mai

Deutschland braucht noch Zeit

Auch 80 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft sind entscheidende Fragen umstritten: Wer wurde befreit, von wem genau, und was folgt daraus? Ein Gesprächsangebot

von Igor Matviyets  06.05.2025

Essay

Bitburg 1985: Plötzlich waren wieder die Juden schuld

Maram Stern über eine Zeit, als in Deutschland schon einmal versucht wurde, einen Schlussstrich zu ziehen

von Maram Stern  06.05.2025

Studie

Bildungsstätte Anne Frank: NS-Geschichte wird im Netz zum Spiel

Dabei würden falsche Darstellungen und antisemitische Klischees verbreitet

 06.05.2025

Kanzlerwahl

So reagiert das Ausland auf die Wahl-Niederlage im ersten Durchgang von Friedrich Merz

Die Niederlage von Friedrich Merz im ersten Wahlgang überrascht auch die internationalen Medien.

 06.05.2025

Presseschau

»Drama beGermania«: Wie israelische Medien auf die Kanzlerwahl blicken

Auch in Israel wird der Krimi um die im ersten Gang gescheiterte Wahl von Friedrich Merz mit Interesse verfolgt. Ein Überblick

 06.05.2025

Berlin

Friedrich Merz ist Bundeskanzler

Nach der historisch einmaligen Niederlage im ersten Wahlgang wurden die Abgeordneten am Nachmittag zum zweiten Mal an die Urne gerufen

 06.05.2025 Aktualisiert

Reaktionen

Jüdische Stimmen zum gescheiterten ersten Wahlgang

Michel Friedman, Sergey Lagodinsky, Esther Schapira: Wir haben Jüdinnen und Juden aus Politik und Medien nach ihrer Einschätzung gefragt

 06.05.2025

Kommentar

Springt über euren Schatten!

Friedrich Merz ist schwer angezählt. Trotzdem sollten sich im zweiten Wahlgang alle Abgeordneten einen Ruck geben und ihn zum Kanzler wählen. Es geht um die Demokratie

von Michael Thaidigsmann  06.05.2025