Meinung

Vergesst Gurlitt, Bilder ins Netz!

Peter Raue Foto: dpa

Im Gurlitt-Skandal geht es nicht um einen älteren Herrn, bei dem Bilder gefunden wurden, die ihm nicht gehören. Der Skandal besteht vielmehr darin, wie die Behörden mit den sichergestellten Bildern umgehen. Da muss man redlicherweise von einem Geheimverfahren sprechen, das uns präsentiert wird. Wir wissen nicht, auf welcher Grundlage die Beschlagnahmung der Bilder in der Wohnung von Cornelius Gurlitt erfolgt ist. Uns wurde gesagt, dass es sich um 1200 Werke handelt – anfänglich war noch von 1400 die Rede.

Warum wurden die Bilder nicht gezeigt, etwa im Internet? Angeblich, weil das rechtlich nicht möglich sein soll, obwohl es keine juristischen Argumente für diese Geheimnistuerei gibt. Dann werden trotzdem auf einer Pressekonferenz acht Bilder präsentiert, aber niemand erklärt, warum dieses Pars pro Toto zulässig, das Ganze ins Internet zu stellen aber unzulässig sein soll.

Völlig unklar ist, wie diese Auswahl zustande kam. Später werden 25 Bilder im Netz veröffentlicht – warum nicht 225? Und warum erfahren wir die Quelle der Bilder nicht – stammen sie aus der Aktion »Entartete Kunst« oder wurden sie jüdischen Familien geraubt?

diebesgut Den Höhepunkt an Zynismus hat der zuständige Staatsanwalt in Augsburg erreicht, der in einer abstrusen Pressekonferenz erklärte, man könne die Bilder nicht zeigen, weil die Anspruchssteller geschont werden müssten. Wenn man die Bilder aus der Sammlung Gurlitt nicht kennt, kann man keine Ansprüche geltend machen, deshalb besteht ja das Gebot der Transparenz.

Diesem Zynismus steht Bayerns Justizminister kaum nach: Er hat nun mitgeteilt, dass er ein Gesetz einbringen will, wonach für Bilder die Verjährungsfrist aufgehoben wird. Das wird nicht gelingen, weil es verfassungsrechtlich unzulässig und überflüssig ist. Denn niemand, der berechtigte Ansprüche auf ein bei Gurlitt gefundenes Bild stellt, muss hinnehmen, dass der sich auf Verjährung beruft. Das wäre ja so, als versuche ein Dieb, mit Hinweis auf die Verjährung das Diebesgut zu behalten.

Was nottut, ist erst einmal Transparenz: Die Staatsanwaltschaft Augsburg muss die Bilder, um die es geht, ins Netz stellen – und zwar vollständig. Es gibt keinen Grund, dies nicht zu tun. Erst wenn diese Forderung erfüllt ist, können wir sinnvoll diskutieren, wie die geraubten Bilder ihren rechtmäßigen Besitzern beziehungsweise ihren Erben zukommen oder aber auch den Museen zurückgegeben werden können.

Der Autor ist Rechtsanwalt und war lange Zeit Vorsitzender des Vereins der Freunde der Nationalgalerie Berlin.

Sydney

Jüdische Organisationen prangern »Geißel« Antisemitismus an

Im Fokus steht dieses Mal Australien. Es ist Gastgeber einer Konferenz der internationalen jüdischen Initiative »J7«. Sie stellt Zahlen zu Judenhass auf dem Kontinent vor - und spricht von historischen Höchstständen

von Leticia Witte  02.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  02.12.2025 Aktualisiert

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  02.12.2025

Verteidigung

Deutschland stellt Arrow 3 in Dienst

Erstmals kommt das Raketenabwehrsystem außerhalb Israels zum Einsatz

 02.12.2025 Aktualisiert

Interview

»Die Altersarmut bleibt«

Aron Schuster über das Ende des Härtefallfonds, Einmalzahlungen und Gerechtigkeit für jüdische Rentner

von Mascha Malburg  02.12.2025

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Berlin

Zentrum für Politische Schönheit errichtet »Walter Lübcke Memorial« vor CDU-Zentrale

Am Freitag soll außerdem eine Gedenkveranstaltung mit Michel Friedman durchgeführt werden

 02.12.2025

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Berlin

Steinmeier erinnert an Stiftungsgründung für NS-Zwangsarbeiter

Im Jahr 2000 gründeten die deutsche Wirtschaft und der Bund nach langem Vorlauf die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Millionen NS-Opfer erhielten zumindest einen symbolischen Betrag

 02.12.2025