Terror und Judenhass

Verfassungsschützer: Bundesregierung viel zu zögerlich bei Islamisten

Stephan Kramer, Verfassungsschutzpräsident von Thüringen Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, hat den Umgang der Bundesregierung mit islamistischen Gruppen in Deutschland kritisiert. Das zu späte Verbot von Hamas und Samidoun passe zu anderen Fällen, in denen man nach dem Motto »Wir tun euch nichts, dann tut ihr uns nichts« verfahren sei, sagte Kramer dem Portal »web.de«.

»Die Bundesrepublik wurde dadurch aber zu einer Art Rückzugsraum, einem mutmaßlichen Erholungsgebiet für diese Gruppen, und eine wirkliche Garantie für Ruhe hat es nie gegeben«, so der Verfassungsschützer.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte unter dem Eindruck des Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober ein Betätigungsverbot der Terrororganisation Hamas sowie des palästinensischen Netzwerks Samidoun angekündigt, das dann drei Wochen später erfolgte. »Verbote setzt man um und kündigt sie nicht an. Darüber reden kann man danach«, sagte Kramer.

Gefahr auch durch AfD

Als politisches Zeichen könne er die Ankündigung nachvollziehen. »Warum diese Organisationen nicht schon früher verboten wurden, verstehe ich dagegen nicht.« In der Vergangenheit hätten die Gruppierungen antisemitische Proteste in Deutschland geprägt und stünden außerdem auf der Terrorliste der EU.

Eine Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sieht Kramer nicht nur durch die Folgen des Nahost-Konflikts, sondern auch durch die AfD, die in Thüringen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. »Die AfD versucht ganz gezielt mit Verschwörungsfantasien Stimmung zu machen, die nichts anderes als versteckter Antisemitismus sind«, sagte Kramer, der früher Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland war.

Wenn die AfD in Regierungsverantwortung käme, würde er selbst nach Israel auswandern, sagte er »web.de«. Bisher habe er die Idee, ins Ausland zu gehen, verworfen. »Für mich und meine Familie ist aber klar, dass eine rote Linie überschritten ist, wenn die AfD auf Bundes- oder Landesebene in die Regierung kommt. Das Experiment machen wir nicht mit.« dpa

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss Zürichs ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Ostdeutschland

AfD-Regierung als »Schreckensszenario«

Zehn Monate vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt wächst in den jüdischen Gemeinden die Sorge vor einem Sieg der AfD

von Joshua Schultheis  06.11.2025

9. November

Erinnerung ohne Empathie ist leer

Wenn Deutschland am Sonntag der Pogromnacht gedenkt, darf Erinnerung nicht nur rückwärtsgewandt sein. Sie muss auch die Angst der Juden von heute im Blick haben

von Tobias Kühn  06.11.2025

Karlsruhe/Aarhus

Erneut Festnahme wegen mutmaßlicher Terrorpläne gegen jüdische Ziele

In Dänemark wurde ein Afghane festgenommen, der nach Erkenntnissen des deutschen Generalbundesanwalts Waffen und Sprengstoff für Anschläge auf Einrichtungen in Deutschland beschaffen sollte

 06.11.2025

Hanau

Hakenkreuze aus Menschenblut auf Autos geschmiert

Schauerliche Entdeckung im Hanauer Stadtteil Lamboy: Das Nazi-Symbol wurde auf Autos, Briefkästen und Hauswänden entdeckt. Die Polizei bittet die Bevölkerung um Hinweise

 06.11.2025

Berlin

Untersuchungsausschuss zu Fördergeld-Vergabe steht an

Wurde Förderung für Projekte gegen Antisemitismus nach politischen Wünschen der Berliner CDU vergeben? Grüne und Linke wollen die Vergabe durch Kultursenatoren nun genau durchleuchten

 06.11.2025