Gesellschaft

Umfrage: Jeder zweite Deutsche empfindet keine besondere Verantwortung für Juden

Verantwortung für das übernehmen, was die Vorfahren verbrochen haben? Nein, Danke, scheinen sich viele Befragte zu sagen. Foto: imago images/robertharding

Weniger als jeder zweite Deutsche empfindet noch eine besondere Verantwortung für das jüdische Volk. Dies ergab eine bundesweite Umfrage des Instituts Yougov im Auftrag der »Welt am Sonntag«.

Demnach lehnen 42 Prozent der Befragten die Aussage ab: »Vor dem Hintergrund der Geschichte des Nationalsozialismus hat Deutschland bis heute eine besondere Verantwortung für das jüdische Volk«. 43 Prozent stimmen dem Satz zu. Politiker zeigten sich alarmiert.

Bei Personen mit niedrigerem Schulabschluss, bei 40- bis 59-Jährigen sowie auf dem Land gibt es weniger Zustimmung als Ablehnung. Für die repräsentative Studie wurden der Mitteilung zufolge zwischen dem 5. und 9. Mai 2147 erwachsene deutsche Staatsbürger befragt.

Im israelisch-palästinensischen Konflikt positionieren sich die Deutschen deutlich auf der Seite der Palästinenser. 13 Prozent empfinden die israelische Politik gegenüber den Palästinensern als (eher) gerecht, 54 Prozent als tendenziell ungerecht. Wähler der Linkspartei (69 Prozent) und der Grünen (61 Prozent) halten die israelische Politik am häufigsten für ungerecht.

Grünen-Chef Omid Nouripour sagte: »Dass weniger als die Hälfte der Deutschen die besondere Verantwortung für die Sicherheit des Staates Israel heute noch wahrnimmt, ist alarmierend.« Der Kampf gegen das Vergessen und gegen den Antisemitismus müsse immer wieder aufs Neue geführt werden.

Ähnlich äußerte sich CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Er rief dazu auf, der »besonderen Verpflichtung für das jüdische Volk« gerecht zu werden. »Dass so viele Menschen in unserem Land diese besondere Verantwortung ablehnen, muss uns besorgen«, fügte er hinzu.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert erklärte: »Israel ist durch das iranische Mullah-Regime und sein Atomprogramm existenziell bedroht. Wir Deutsche als von Freunden umzingeltes Volk müssen uns unserer privilegierten Situation bewusst sein.« kna

Digitale Erinnerung

Neue App zeigt Deutschland-Karte mit Nazi-Verbrechen

Von 1933 bis 1945 haben die Nationalsozialisten Menschen enteignet, missbraucht, getötet. Die Untaten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik versammelt eine neue App. Schon zum Start gibt es eine Erweiterungs-Idee

von Christopher Beschnitt  07.05.2025

Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen - aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien

von Leticia Witte  07.05.2025

Kommentar

Mit aller gebotenen Härte

Ein AfD-Verbotsverfahren ist nach der Verfassungsschutz-Einschätzung der Partei als rechtsextremistisch dringlicher denn je

von Philipp Peyman Engel  07.05.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel und Deutschland: 60 Jahre diplomatische Beziehungen

Deutschland und Israel haben am 12. Mai 1965 diplomatische Beziehungen aufgenommen. Dies feiern beide Länder mit einem symbolträchtigen Besuch von Herzog in Berlin und Steinmeier in Israel

 07.05.2025

Berlin

Weimer: Antisemitismus in der Kultur als erstes großes Thema

Der neue Staatsminister für Kultur und Medien will an seinem ersten Tag ein Zeichen setzen - und empfängt gleich einen besonderen Gast

 07.05.2025

Potsdam

Auch AfD Brandenburg als gesichert rechtsextrem eingestuft

Die Einstufung stammt bereits aus dem April, doch Innenministerin Lange erfuhr erst jetzt davon. Landesverfassungsschutz-Chef Müller muss deshalb gehen

 07.05.2025

Hamm/Hagen

Gerichtsentscheidung zu jüdischem Konto aus Nazi-Zeit

Während der NS-Diktatur wurden Juden systematisch enteignet. Ein Urenkel verlangt vor Gericht Auskunft, was aus einem alten Konto seiner Vorfahren geworden ist. Nun steht ein Urteil an

 07.05.2025

Berlin

Kabinett streicht zum Auftakt 25 Posten, Felix Klein bleibt

Der Tag wurde deutlich länger als erwartet, aber am Ende kam das frisch vereidigte Kabinett dann doch noch zum ersten Mal im Kanzleramt zusammen - und traf eine erste Entscheidung

 07.05.2025

Nahost

Waffenruhe zwischen den Huthi und den USA

Trump verkündet ein Ende der Angriffe im Jemen. Hat dies mit den Atomgesprächen mit Teheran zu tun?

 07.05.2025