Amadeu Antonio Stiftung

Ukraine-Krieg befeuert Antisemitismus in Deutschland

Die Reaktionen auf den Ukraine-Krieg zeigten, wie austauschbar Antisemitismus in Deutschland nach wie vor sei, betont die Amadeu Antonio Stiftung. Foto: IMAGO/ZUMA Wire

Die Berliner Amadeu Antonio Stiftung beobachtet mit dem Ukraine-Krieg eine Zunahme antisemitischer Verschwörungsmythen in Deutschland. Dazu gehörten medial bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitete Vergleiche von Putin mit Hitler und Gleichsetzungen mit dem Holocaust.

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Hinzu kämen Verschwörungserzählungen, nach denen der Krieg Teil eines »Great Resets (Der große Umbruch) sei, oder Gleichsetzungen des Ukraine-Kriegs mit der Situation in den palästinensischen Gebieten, sagte Projektleiter Nikolas Lelle am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des jährlich von der Stiftung erstellten «Zivilgesellschaftlichen Lagebildes Antisemitismus».

Die verschiedenen Reaktionen auf den Ukraine-Krieg zeigten, wie austauschbar Antisemitismus in Deutschland nach wie vor sei. «Der Anlass ist Antisemiten egal, deshalb nutzen sie Impfkampagnen, Nato oder Ukraine-Krieg gleichermaßen für ihre Ideologie», sagte Lelle.

Ein verbindendes Element sei die Überzeugung einer hinter allen stehenden finsteren Elite. Es gebe dabei nicht «den Antisemitismus», sondern verschiedene Elemente von Judenfeindlichkeit, betonte Lelle. Auch die Gleichsetzung der russischen Invasion mit der Schoa oder ein Putin-Hitler-Vergleich sei im Kern antisemitisch, weil die Judenvernichtung der Nationalsozialisten dadurch relativiert werde. Hier sieht die Stiftung auch die Medien in der Verantwortung, entsprechende Aussagen nicht unhinterfragt zu transportieren.

In der deutschen jüdischen Community führt nach Aussage des Direktors der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden, Aron Schuster, der Ukraine-Krieg zum Teil zu Retraumatisierungen. «45 Prozent der hier lebenden Juden haben ukrainische Wurzeln», sagte Schuster. Zudem seien etwa 100 ukrainische Holocaust-Überlebende seit Kriegsbeginn nach Deutschland evakuiert worden. «Dass sie nun ausgerechnet hier Schutz finden, ist für viele vorher unvorstellbar gewesen», sagte Schuster.

Eine direkte Bedrohung für die in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden geht nach Einschätzung der Stiftung auch von dem wiederholten antisemitischen Terror in Israel aus. In der Folge gebe es immer wieder antiisraelische Demonstrationen wie in Berlin-Neukölln, auf denen der Terrorismus verherrlicht und offener Judenhass normalisiert werde.

«Ob bei den geschichtsrevisionistischen Verschwörungserzählungen um den Ukraine-Krieg, ›Querdenker‹-Demonstrationen oder bei pro-palästinensischen Demonstrationen in Neukölln: Alle drei Phänomene schaffen klare Feindbilder, bei dem sich Antisemiten auf der vermeintlich richtigen Seite wähnen», sagte Stiftungsvorständin Tahera Ameer.

Antisemitismus schaffe eine breite Klammer über die unterschiedlichsten demokratiefeindlichen Milieus hinweg. Insbesondere das «Querdenken -Milieu habe den Weg für neue austauschbare Formen des Antisemitismus geebnet.

In vielen Fällen sähen sich Antisemiten als die vermeintlichen Unterdrückten, die sich gegen eine Übermacht wehren müssten, egal ob sie Nato, Bundesregierung oder Staat Israel heiße: »Gerade in den aktuellen antisemitischen Erzählungen beobachten wir eine perfide Täter-Opfer Umkehr, mit der am Ende Gewalt gerechtfertigt wird.«

Andreas Büttner

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