Einspruch

Trivialisierung der Schoa

Ingo Way Foto: Stephan Pramme

Einspruch

Trivialisierung der Schoa

Ingo Way findet Vergleiche unpassend, die zum 80. Jahrestag von Évian zur heutigen Flüchtlingskrise gezogen werden

von Ingo Way  09.07.2018 18:46 Uhr

Vor zehn Jahren veranstaltete das Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) gemeinsam mit Pro Asyl eine Diskussion zum Jahrestag der Konferenz von Évian. Der Mitgründer von Pro Asyl, Heiko Kauffmann, geißelte die EU damals dafür, Flüchtlinge in einem »System von Lagern« zu internieren.

Im Kontext von Évian war der Vergleich zum Lagersystem der Nationalsozialisten beabsichtigt. Wirkte eine derart hypermoralistische Fundamentalkritik vor einem Jahrzehnt noch randständig, scheint sie mittlerweile Mainstream geworden zu sein. So kam, von der SZ bis zum »Spiegel«, kaum ein Beitrag zum 80. Jahrestag von Évian ohne den Vergleich mit der heutigen Flüchtlingskrise aus.

Europa Am 5. Juli 1938 trafen sich Vertreter von 32 Staaten in dem französischen Kurort, um über die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge zu beraten. Bekanntlich erklärte sich kaum ein Land bereit, Juden in nennenswerter Zahl aufzunehmen. Die Botschaft des Vergleichs: Wenn Europa sich heute gegen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge sperrt, droht diesen ein ähnliches Schicksal wie den europäischen Juden in den 30er- und 40er-Jahren.

Dabei sind schon die Dimensionen völlig andere. In Évian ging es um die Rettung von 550.000 Juden aus Deutschland und Österreich. Heute sind weltweit etwa 60 bis 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Aber in Évian ging es nicht um Kriegs- und Armutsflüchtlinge generell, sondern um die klar umrissene Gruppe deutscher und österreichischer Juden, die verfolgt und drangsaliert und die schließlich in den NS-Vernichtungslagern ermordet wurden.

Jeder, der heute seine Heimat verlässt, um in Europa ein besseres Leben zu suchen, hat subjektiv einen guten Grund dafür. Aber nicht jeder ist von staatlicher Verfolgung, gar von Völkermord bedroht. Diese beiden Situationen in ahistorischer Weise gleichzusetzen, ist nicht nur eine Trivialisierung der Schoa, sondern trägt auch rein gar nichts zu der Diskussion bei, wie heute eine humane und gleichzeitig pragmatische Flüchtlingspolitik aussehen könnte.

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025

Simi Valley

»Vorbildliche Verbündete«: Hegseth nennt Israel und Deutschland

Die Signale, die jüngst aus den USA in Richtung Europa drangen, waren alles andere als positiv. Der US-Verteidigungsminister findet nun allerdings nicht nur Lob für den jüdischen Staat, sondern auch für einige EU-Staaten

 07.12.2025

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert