Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich zu Rosch Haschana mit einer eindringlichen Botschaft an die jüdische Gemeinschaft in Deutschland gewandt. In seinem schriftlichen Grußwort thematisierte das Staatsoberhaupt sowohl den palästinensischen Terror vom 7. Oktober 2023 als auch den steigenden Antisemitismus im eigenen Land.
»Zu Rosch Haschana wünsche ich Ihnen allen, Ihren Lieben und der gesamten jüdischen Gemeinschaft in Deutschland von Herzen alles Gute«, erklärte Steinmeier zu Beginn seiner Ansprache. Das Fest lade dazu ein, »zurückzublicken, Bilanz zu ziehen und darüber nachzudenken, wohin dieser Weg die Menschheit geführt hat«.
Der Bundespräsident zeigte Verständnis dafür, dass vielen Juden in Deutschland angesichts der aktuellen Weltlage »das Herz schwer« sei. »Aus der Ukraine und dem Nahen Osten erreichen uns täglich neue Bilder von Krieg, Gewalt und Zerstörung«, konstatierte Steinmeier und verwies auf die anhaltenden Folgen des Hamas-Angriffs vom 7. Oktober.
»Schmerz, Angst, Sorgen«
»Der 7. Oktober, jener Tag, an dem die Hamas unvorstellbar grausame Morde und Gräueltaten in Israel verübte, liegt nun fast schon zwei Jahre zurück«, führte das Staatsoberhaupt aus. »Die Narben, die dieser Tag in der Seele so vieler Jüdinnen und Juden hinterlassen hat, sind tief - auch für viele von Ihnen war dieser Tag eine Zäsur.«
Steinmeier sprach von »Schmerz, Angst, Sorgen«, die viele seither begleiten würden, und gedachte besonders der Angehörigen der noch immer in Gaza festgehaltenen Geiseln. Seine Begegnungen mit befreiten Geiseln und Familien Getöteter hätten ihn »tief bewegt« und »erschüttert«, weshalb er in den vergangenen Monaten versucht habe zu helfen »wo immer es möglich ist«.
Gleichzeitig äußerte der Bundespräsident große Besorgnis über die Entwicklungen in Deutschland selbst. »Was mich zutiefst sorgt, ist der weiter wachsende Antisemitismus in Deutschland«, erklärte Steinmeier. »Geschändete Friedhöfe, antisemitische Parolen an Hauswänden und Mahnmalen, Drohungen, Verleumdungen, gewalttätige Übergriffe gegen Jüdinnen und Juden, all das hat noch einmal zugenommen.«
»Wachsendes Leid«
Diese Entwicklungen bezeichnete das Staatsoberhaupt als »unerträglich« und betonte: »All das dürfen wir nicht hinnehmen. Niemals dürfen wir uns an Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit gewöhnen, daran, dass Jüdinnen und Juden sich hier nicht sicher fühlen.«
Der Krieg im Nahen Osten verändere auch das Zusammenleben in Deutschland, konstatierte Steinmeier, und verwies zugleich auf das »wachsende Leid der Bevölkerung in Gaza«, das die Menschen umtreibe.
Besondere Aufmerksamkeit widmete der Bundespräsident der kürzlich verstorbenen Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer. »Eine, die Großes geleistet hat, die sich unermüdlich für Versöhnung und gegen Hass und Menschenfeindlichkeit eingesetzt hat, ist leider nicht mehr unter uns: Margot Friedländer«, würdigte Steinmeier die Verstorbene.
»Menschliche Wärme«
Mit ihrer »menschlichen Wärme und ihrer beeindruckenden Lebensgeschichte« sei Friedländer »ein Vorbild für viele, gerade Jüngere« gewesen, »für Toleranz, Demokratie und Humanität einzustehen«.
Steinmeier schloss seine Botschaft mit einem symbolischen Verweis auf das Schofar. »Wenn zu Rosch Haschana der Klang des Schofars, des Widderhoms, ertönt, klingt darin auch der Aufruf an uns alle mit, ihr Werk in die Zukunft zu tragen«, erklärte der Bundespräsident.
Seine Grußbotschaft beendete Steinmeier mit dem Neujahrswunsch »Schana Tova u’metuka«. im