Berlin

Staatsanwaltschaft: Deutlich mehr antisemitische Straftaten

Die Zahl antisemitischer Straftaten in Berlin ist nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft deutlich gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden 756 Fälle registriert (2023: 586), wie der Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft, Florian Hengst, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Hinzu kämen 4.096 Fälle, die 2024 im Kontext mit dem Nahost-Konflikt stehen und bei denen häufig zumindest der Verdacht besteht, dass ein antisemitischer Hintergrund vorliegt.

Eine Zäsur sieht der Antisemitismusbeauftragte in dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Seitdem sei eine deutliche Zunahme von Verfahren zu bemerken. Das werde besonders deutlich bei den Zahlen zu Fällen, die im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt stehen. Im Jahr 2023 habe es noch 158 solcher Verfahren gegeben. 

Mehr Straftaten mit Israelbezug

Einen deutlichen Anstieg gibt es laut Hengst bei antisemitischen Straftaten mit Israelbezug. Bei einem Großteil der Delikte gehe es um Delikte wie Volksverhetzungen, Sachbeschädigungen wie antijüdische oder antiisraelische Schmierereien oder Beleidigungen. Es gebe aber auch vermehrt Bedrohungen, Beleidigungen und Körperverletzungen, erklärte der Jurist.

Für Jüdinnen und Juden in Berlin stelle der Terrorangriff einen »tiefen Einschnitt« dar, sagte Hengst. Es gebe zum Teil eine große Sorge, selbst Opfer einer antisemitischen Straftat zu werden, berichtete er von Gesprächen mit der Community. Es gebe Menschen, die seitdem bewusst darauf verzichteten, sichtbar Symbole ihres Glaubens zu tragen. 

»Das ist verständlich. Aber aus Sicht des Strafverfolgers ist es eine besorgniserregende Entwicklung«, so Hengst. Es gebe aber auch Menschen, die eher nach dem Motto »Jetzt erst recht« handelten. 

Hengst: Mit Klarheit gegen Straftaten vorgehen

Deswegen sei ein klares Zeichen von den Strafverfolgungsbehörden umso wichtiger. »Wir müssen mit aller Klarheit und Konsequenz gegen antisemitische Straftaten vorgehen - und das tun wir auch«, betonte Hengst. 

Helfen soll dabei der »Leitfaden zur Verfolgung antisemitischer Straftaten in Berlin«, den Polizei und Staatsanwaltschaft kürzlich in aktualisierter Form veröffentlicht haben. Dieser nennt zahlreiche Beispiele von Antisemitismus wie Aufrufe zum Kampf gegen Juden, stereotype Anschuldigungen, Mythen über eine angebliche jüdische Weltverschwörung, die Holocaustleugnung oder die kollektive Zuschreibung der Verantwortung von Juden für die Politik Israels.

Hilfestellung durch Leitfaden

»Dazu gibt es erste positive Rückmeldungen«, schilderte der Antisemitismusbeauftragte. Der Leitfaden erhebe aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er soll für das Thema sensibilisieren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Polizei und Staatsanwaltschaft eine praxisnahe Handlungsempfehlung für die Verfolgung antisemitischer Straftaten geben.

Hilfreich bei der Verfolgung antisemitischer Straftaten ist aus Sicht des Staatsanwalts auch eine Entscheidung des Landgerichts Berlin zu der Parole »From the river to the sea«. Die Staatsschutzkammer wertete diese als Kennzeichen der Hamas und verurteilte eine Frau für die Verbreitung der Parole wegen Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen zu einer Geldstrafe. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. 

Anders als von einigen Juristen erhofft, landete es damit nicht vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Bislang bewerten Strafgerichte die Parole unterschiedlich. Das Urteil war die erste Entscheidung eines Landgerichts in dem Kontext. dpa

Staatsbesuch

Kanzler Merz reist am nächsten Wochenende nach Israel

Das Datum steht: Bundeskanzler Merz reist in gut einer Woche zum Antrittsbesuch nach Israel. Der Gaza-Krieg hatte die Reise verzögert, durch die Waffenruhe wird sie jetzt möglich

 28.11.2025

Berlin

Anschlag auf israelische Botschaft geplant? Prozess beginnt

Ein mutmaßlicher IS-Unterstützer kommt vor Gericht. Der Prozess gegen den inzwischen 19-Jährigen beginnt am Montag

 28.11.2025

Brüssel

Weimer warnt vor Antisemitismus und Ausgrenzung beim ESC

Der Kulturstaatsminister will darüber mit seinen europäischen Kollegen sprechen

 28.11.2025

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

USA

Mehrheit der Juden blickt nach Mamdani-Sieg mit Sorge nach New York

Eine Umfrage zeigt: Fast zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, Mamdani sei sowohl antiisraelisch als auch antisemitisch

 28.11.2025

Berlin

Israel, der Krieg gegen die Hamas und die Völkermord-Legende

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellte im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025