Nachdem bei Polizeianwärtern in Sachsen-Anhalt rassistische, antisemitische und gewaltverherrlichende Chats entdeckt worden sind, fordern die Grünen im Landtag Konsequenzen. Ein entsprechender Antrag der Fraktion wurde am Donnerstag in den zuständigen Innenausschuss überwiesen.
Unter anderem soll ein Untersuchungsausschuss des Landtags die Vorfälle an der Fachhochschule der Polizei in Aschersleben (Salzlandkreis) klären. »Wir dürfen die Aufarbeitung nicht allein der Exekutive und der Judikative überlassen«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Sebastian Striegel, in der Landtagsdebatte. Ebenso setze sich die Fraktion in dem Antrag für die Schaffung eines unabhängigen Polizeibeauftragten nach dem Vorbild von Brandenburg ein, das eine solche Stelle jüngst eingerichtet hat.
Fehler Striegel sprach in der Debatte von einem »Chat der Schande«. Es habe keinen offenen Umgang mit Fehlern gegeben, sondern eine über Jahre gepflegte Unkultur. Zwar habe die Landesregierung angemessen reagiert. »Eine moderne Fehlerkultur ist aber viel mehr als das«, so der Grünen-Politiker.
Widerspruch zu den Forderungen der Grünen kam aus den Koalitionsfraktionen. »Wenn von 26 Chat-Beteiligten niemand Anstalten machte, etwas zu unternehmen, ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass sich jemand an einen Polizeibeauftragten gewandt hätte«, sagte der SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben. Zudem könne ein solcher Beauftragter aufgrund der rechtlichen Situation nicht völlig unabhängig sein.
Die AfD-Fraktion hatte einen Alternativantrag eingereicht, der ebenfalls an den Innenausschuss verwiesen wurde. Darin heißt es, man vertraue auf die »Selbstreinigungskräfte in der Polizei«.
Generalverdacht Scharfe Kritik an der Forderung der Grünen nach einem Untersuchungsausschuss kam von Guido Kosmehl, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion. »Was sie machen, ist einen Popanz aufzuführen, weil sie selber nicht an einer Aufklärung interessiert sind«, sagte er in Richtung der Grünen. Der CDU-Abgeordnete Chris Schulenburg, selbst Polizeibeamter, warnte vor einem Generalverdacht gegen die Polizei.
Zustimmung erhielt der Grünen-Antrag dagegen von der Linken. »Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass wir es mit einem strukturellen Problem zu tun haben und nicht mit Einzelfällen«, hieß es. Die aktuellen Fälle zeigten, dass man Hinweisgeber schützen müsse.
Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) betonte, die Öffentlichkeit sei zum frühestmöglichen Zeitpunkt transparent informiert worden.
Zudem habe die Landesregierung bereits das Eignungsauswahlverfahren ausgeweitet.
Mitte Februar war durch zufällige Ermittlungen eine Chatgruppe von früheren Polizeischülern entdeckt worden, die zwischen 2017 und 2021 bestanden haben soll. Laut Zieschang wurden rund 50 Chatnachrichten unter anderem als rassistisch, antisemitisch oder gewaltverherrlichend eingestuft. 18 Bedienstete sollen als Konsequenz aus dem Polizeidienst entlassen werden. Auch die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg ermittelt gegen mehrere Personen. epd