Berlin

»Relativierung der Schoa«

Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, bei der Pressekonferenz im Kanzleramt am vergangenen Dienstag Foto: picture alliance / photothek

Die Berliner Polizei ermittelt gegen den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas. Anlass ist eine Anzeige, die Mike Samuel Delberg, Präsidiumsmitglied bei Makkabi Deutschland und Social-Media-Manager der CDU, im Zusammenhang mit Äußerungen von Abbas im Bundeskanzleramt erstattet hatte. Er sei jüdischer Deutscher und Enkel von Überlebenden des Holocaust, durch die Äußerungen habe Abbas auch die Geschichte seiner Familie und Glaubensgemeinschaft verharmlost und relativiert, schrieb Delberg in der Anzeige.

»Wer in Deutschland den Holocaust relativiert oder verharmlost, gehört dafür bestraft. Das sage nicht nur ich, sondern unser Gesetz. Ich möchte mit meiner Anzeige erreichen, dass Herr Abbas für seine Äußerungen zur Verantwortung gezogen wird«, sagte Delberg unserer Zeitung. Das Schweigen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei verheerend gewesen. »Wie kann die Politik von den Bürgern verlangen, aufzustehen und einzugreifen, wenn sie Antisemitismus, Rassismus oder Unrecht jeder Art sehen, während der Bundeskanzler in seinem eigenen Haus bei einer solchen Angelegenheit schweigt?«

pressekonferenz Am Dienstag war Abbas zu einem Gespräch im Kanzleramt in Berlin. Bei der anschließenden Pressekonferenz sagte er, Israel habe »50 Massaker«, »50 Holocausts« in 50 palästinensischen Dörfern und Städten verübt. Der Vorfall hatte breite Empörung ausgelöst, auch weil Scholz auf diese Aussage nicht sofort reagierte.

»Wer in Deutschland den Holocaust relativiert oder verharmlost, gehört dafür bestraft.«

Mike Samuel Delberg

Die Anzeige wegen »Relativierung der Schoa« sei beim Staatsschutz eingegangen, bestätigte die Polizei. Das Ermittlungsverfahren werde momentan in einem Fachkommissariat des Landeskriminalamts bearbeitet und zeitnah an die Staatsanwaltschaft Berlin zur Kenntnisnahme und weiteren Entscheidung übersandt.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

immunität Unterdessen stellen sich Fragen nach dem diplomatischen Status von PLO-Chef Abbas während seines Deutschland-Besuchs. Nach Auffassung der Bundesregierung bestehe eine diplomatische Immunität, erklärte ein Regierungssprecher am Freitag in Berlin. Es habe sich um den offiziellen Besuch eines Repräsentanten der Palästinensischen Autonomiebehörde gehandelt, so die Begründung. Die Justizbehörden müssten jedoch verbindlich klären, ob die Voraussetzungen für eine solche Immunität tatsächlich vorgelegen hätten. Wäre dies der Fall, könnte Abbas nicht strafrechtlich belangt werden.

Der Strafrechtsexperte und Rechtsanwalt Juri Goldstein aus Erfurt erwartet nun von deutschen Ermittlungsbehörden Klarheit und Fingerspitzengefühl in der Bearbeitung des Falls. In der Rede von Mahmud Abbas sehe er die klare Absicht, den öffentlichen Frieden zu stören, sagte er unserer Zeitung. Die bevorstehende Arbeit der Ermittlungsbehörden werde jedoch viele Hürden überwinden müssen, um zur Strafbarkeit von Abbas zu kommen, so Goldstein. svz/dpa/kna

Senat

Mehrere Berliner Abgeordnete verlassen Linkspartei

Wegen eines Antisemitismus-Streits kehren einige Politiker der Linkspartei den Rücken - auch der ehemalige Senator Klaus Lederer

 23.10.2024

Straßburg

Alle Klarheiten beseitigt

Der Streit über EU-Gelder für die Palästinenser und die UNRWA entzweit das Europäische Parlament

von Michael Thaidigsmann  23.10.2024

USA/Israel

FBI übernimmt Ermittlungen nach Geheimdienstleck

Dokumente über Israels Vorbereitungen für einen Angriff gegen den Iran gelangten an die Öffentlichkeit. Wer steckt dahinter?

 23.10.2024

Washington D.C.

Trump wollte »Militärs wie Hitlers Generäle«

Sein ehemaliger Stabschef John Kelly erinnert sich an höchst problematische Aussagen

 23.10.2024

Herta Müller

»Das Wort ›Märtyrer‹ verachtet das Leben schlechthin«

Die Literaturnobelpreisträgerin wurde mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Herta Müller  23.10.2024

Dokumentation

»Eine Welt ohne Herta Müllers kompromisslose Literatur ist unvorstellbar«

Herta Müller ist mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier die Laudatio von Josef Joffe

von Josef Joffe  23.10.2024

Antisemitismus

Auch in Halle Stolpersteine gestohlen

In Halle wurden ebenfalls Stolpersteine aus dem Boden gebrochen

 22.10.2024

USA

Israelfeindliche Gruppen an Unis werden immer radikaler

Auch an der Columbia University ist die Situation alarmierend

von Imanuel Marcus  22.10.2024

Umfrage

Grüne am ehesten für Waffenexporte nach Israel

Die Mehrheit der Deutschen lehnt Waffenlieferungen an den jüdischen Staat jedoch ab

 22.10.2024