Facebook

»Rechte Hasswelt« bleibt unangetastet

Facebook-Gründer und CEO Mark Zuckerberg (hier bei einer Anhörung im US-Kongress 2018) stand wiederholt für seine zu laxe Haltung im Kampf gegen Hate Speech in der Kritik. Foto: imago

Facebook geht nach einer Recherche des Bayerischen Rundfunks (BR), des Norddeutschen Rundfunks (NDR) und des Westdeutschen Rundfunks (WDR) immer noch nicht konsequent gegen rechte Hassrede auf seiner Plattform vor. Die Reporter hätten einen Datensatz mit 2,6 Millionen Posts und Kommentaren rechter Facebook-Gruppen ausgewertet, teilte der BR am Dienstag in München mit. »Das Recherche-Projekt #Hassmaschine offenbart einen exklusiven, systematischen Einblick in die rechte Hasswelt im Netz und das Versagen von Facebook, dies zu bekämpfen.« Der untersuchte Datensatz sei allerdings nicht repräsentativ.

https://twitter.com/BR_Recherche/status/1275292945206464512

Die Posts und Kommentare stammten aus 138 meist geschlossenen rechten Facebook-Gruppen, hieß es weiter. Die Daten reichten von 2010 bis November 2019. Mit einer einfachen Schlagwortsuche konnten demnach weit mehr als 1.000 mutmaßlich rechtswidrige Inhalte identifiziert werden, darunter Aufrufe zur Vergewaltigung, SS-Runen oder antisemitische Hasspropaganda. Zudem fanden die Reporter nach eigenen Angaben mehr als 10.000 schwere Beleidigungen, viele davon rassistischer Art.

AfD Die Recherche zeige, dass viele anstößige Beiträge oft jahrelang abrufbar bleiben, ohne von Facebook gelöscht zu werden, hieß es weiter. Zudem habe sich der Anteil der anstößigen und hassgeladenen Sprache in den analysierten Gruppen zwischen 2012 und 2018 vervierfacht. 25 der 138 untersuchten Gruppen hätten einen Bezug zur AfD: Sie trügen meist den Namen AfD im Titel, ohne offizielle Gruppen der Partei zu sein.

Nach Recherchen von BR, NDR und WDR waren darin aber mehrere Accounts von Bundes- und Landtagsabgeordneten zu finden. »Diese waren auch in Gruppen aktiv, in denen mutmaßlich strafbare Inhalte gepostet wurden.« Nach Angaben des BR ließ die AfD eine Anfrage der Sender dazu unbeantwortet.

Seit Oktober 2017 ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft. Das Gesetz verpflichtet Anbieter sozialer Netzwerke zur Löschung mutmaßlich rechtswidriger Inhalte. Seit einer kürzlichen Änderung sind sie zudem verpflichtet, Mord- oder Vergewaltigungsdrohungen, Volksverhetzungen sowie die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden, anstatt sie nur zu löschen oder zu sperren.

ANZEIGENSTOPP Unterdessen haben sich in den USA zahlreiche große Unternehmen der Kampagne »Stop Hate for Profit« angeschlossen und Werbeanzeigen bei Facebook storniert. Das berichtete die britische Tageszeitung »The Guardian« am Dienstag. Firmen wie North Face, Patagonia, REI und Upwork wollen vorerst bis Ende Juli bei Facebook selbst und anderen Diensten des Konzerns keine Anzeigen mehr schalten. »Stop Hate for Profit« will die großen Internetplattformen dazu bringen, stärke gegen Hasspostings auf ihren Seiten vorzugehen. Der Kampagne hat sich auch die jüdische Anti-Defamation League (ADL) angeschlossen.

ADL-Geschäftsführer Jonathan Greenblatt erklärte: «Wir sehen seit längerem, wie Facebook die schlimmsten Elemente in unserer Gesellschaft in unsere Häuser und Leben lässt.« Facebook habe wiederholt versagt im Kampf gegen Rassisten und Hetzer, so Greenblatt. Deshalb unterstütze man nun die Kampagne. epd/ja

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Gaza

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat nennt Ausladung Shanis »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigt sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025

Urteil

Bundesgerichtshof bestätigt Geldstrafen gegen Höcke

Das Landgericht Halle habe in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der AfD-Politiker die verbotene SA-Parole »Alles für Deutschland« und »Alles für« gerufen hat

 11.09.2025