Meinung

Recht normal in Israel

Gegenwärtig gibt es heftige Kritik am Hohen Gerichtshof Israels. Diskriminierend, gar rassistisch sei der, denn er habe geurteilt, dass es keine israelische, sondern nur eine jüdische, arabische oder drusische Staatsbürgerschaft gebe. Doch die Schelte ist ungerechtfertigt: Die Kritiker werfen elementare Begriffe wie Religionszugehörigkeit, Staatsangehörigkeit und Nationalität derart durcheinander, dass man wirklich nicht mehr von journalistischer Sorgfalt sprechen kann.

melderecht In Israel wird, ähnlich wie hierzulande, die Religionszugehörigkeit zwar in Geburtsurkunden, nicht aber in Ausweisdokumenten vermerkt. Trotz seines Grundverständnisses als Heimat des jüdischen Volkes ist Israel ein bekennender Vielvölkerstaat. Die ursprünglich in den Personalausweisen vermerkten »ethnischen Gruppen« werden seit 2002 dort nicht mehr eingetragen. Jedoch besteht in Israel, ähnlich wie in Deutschland, eine Meldepflicht, und dort ist die Angabe der »ethnischen Gruppe« vorgesehen.

Dagegen wurde nun geklagt: Erfolglos, denn der Kläger versuchte, der Meldebehörde eine neue, ethnisch in Israel nicht etablierte Gruppe aufzuzwingen: Israelis. Das Gericht verwies darauf, dass es sich vor allem um eine philosophisch-soziologische Frage handelt, die von der israelischen Gesellschaft und sodann in der Knesset zu beantworten sei. Aktuelle Umfragen zeigen, dass alle Israelis die Beibehaltung dieser Angabe wünschen, die jüdischen, die arabischen und die drusischen.

minderheiten Wie ungerechtfertigt die Kritik ist, zeigt sich auch daran, dass der Hohe Gerichtshof für seine minderheitenfreundlichen Urteile bekannt ist: 2000 entschied er, dass arabische und jüdische Orte beim Wohnungsbau ähnlich viel Geld erhalten müssen. 2002 verpflichtete er Städte mit arabischer Minderheit, Ortsschilder auch in Arabisch aufzustellen. 2005 ließ er auf Antrag von Bewohnern der Autonomiegebiete den Verlauf des Sicherheitszaunes ändern. Und im Dezember 2012 ließ er die arabische Knesset-Kandidatin Hanin Zoabi zu, obwohl das Wahlkomitee sie wegen eindeutiger Parteinahme für Terroristen nicht registrieren wollte.

Zu Recht erklärte der Richter am Hohen Gerichtshof, Salim Jubran, im Übrigen ein Araber, jüngst: »Religionsfreiheit ist eines der Zivilgrundrechte in Israel, da es in der Unabhängigkeitserklärung statuiert ist und den Kern der grundlegenden Gesetze ausmacht: die Würde und Freiheit des Menschen.«

Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin und wird demnächst bei der israelischen Anwaltskammer zugelassen.

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025

Hamburg

Mutmaßlicher Entführer: Mussten im Block-Hotel nichts zahlen

Der israelische Chef einer Sicherheitsfirma, der die Entführung der Block-Kinder organisiert haben soll, sagt im Gericht aus. Die Richterin will wissen: Wer zahlte für die Unterbringung im Luxushotel der Familie?

 16.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Anschlag geplant? 21-Jähriger reiste legal ein

Mit einem Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem in Vorbereitungshaft genommenen Mann werden Details bekannt

 16.12.2025

Sydney

Jüdisches Ehepaar stirbt beim Versuch, einen der Angreifer zu stoppen

Boris und Sofia Gurman versuchten, das Massaker vom Bondi Beach zu verhindern, und bezahlten dafür mit ihrem Leben

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025