Europaparlament

Rauswurf wegen Nazi-Vergleichs gefordert

Bei der EVP-Fraktion im Europaparlament wird heftig über Ungarn gestritten. Foto: imago images/Horst Galuschka

In der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament gibt es Bestrebungen, den ungarischen Abgeordneten Tamás Deutsch auszuschließen.

Dieser hatte eine Aussage des deutschen EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber (CSU) mit »den Methoden der Gestapo und des AVO« verglichen. Der AVO war in der Zeit des Kommunismus das ungarische Pendant zur Stasi.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Weber hatte zuvor mit Blick auf den geplanten Rechtsstaatsmechanismus in der EU gesagt, wer sich an Recht und Gesetz halte, müsse sich vor dem Mechanismus nicht fürchten. Das hatte vor allem in Ungarns Regierungspartei Fidesz, die nach wie vor Mitglied in der EVP ist, zu heftigem Widerspruch geführt.

ZOFF Am Mittwoch schrieben der österreichische EU-Parlamentarier Othmar Karas sowie 31 weitere christdemokratische Abgeordnete einen Brief an Weber, in dem sie die Aussagen ihres ungarischen Kollegen scharf missbilligten und Deutschs Ausschluss aus der Fraktion forderten. »Die Statements Deutschs, der er mehrfach wiederholt hat, sind schockierend und eine Schande«, so der Brief.

Allerdings unterzeichneten ihn nur zwei der 29 deutschen Mitglieder der Fraktion. Einige von ihnen sind zwar ebenfalls über das konfrontative Vorgehen Deutschs und die Attacken auf Weber erbost, halten aber die Austragung des Streits zwischen Weber und Deutsch in der Öffentlichkeit für kontraproduktiv. »Wenn diese beiden Zoff haben, warum muss Othmar Karas das gleich in die Öffentlichkeit tragen?« So sei eine gütliche Lösung nur noch schwieriger geworden, sagte ein deutscher Europaparlamentarier der Jüdischen Allgemeinen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Erst vor zwei Tagen wurde bekannt, dass József Szájer, ein weiterer langjähriger Parteifreund und Vertrauter des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, am vergangenen Freitag in Brüssel bei einer wegen der Corona-Pandemie verbotenen Sex-Party aufgegriffen wurde.

Szájer wurde von der Brüsseler Polizei angehalten, als er versuchte, über die Regenrinne aus dem ersten Stock eines Gebäudes zu fliehen, in dem die Polizei 25 nackte Männer bei einer Orgie angetroffen hatte. Er leitete bislang die Parlamentsdelegation von Orbáns Fidesz-Partei, die er 1988 mitgegründet hatte. Am Sonntag legte Szájer dann sein Mandat nieder.

AUSFÄLLIGKEITEN Tamás Deutsch ist seit Langem für seine harsche und oft ausfällige Sprache bekannt. Über den ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Gyurcsány sagte er einmal: »Es gibt hinterhältige Verrückte, es gibt eklige Spermien, es gibt widerliche Verfaulte, und dann gibt es dort noch Ferenc Gyurcsány.«

Die Forderung seiner Kollegen nach seinem Ausschluss aus der EVP-Fraktion sieht er als Beispiel von »Gewalt innerhalb einer politischen Familie«. Das zeige, so Deutsch auf der Fidesz-Webseite, »warum der bevorstehende ›rechtsstaatliche‹ Strafmechanismus mit allen Mitteln abgelehnt werden muss. Was einige jetzt gegen mich planen, werden sie auch gegen Ungarn versuchen zu tun«.

Sowohl Tamás Deutsch als auch József Szájer sind Veteranen der Fidesz-Partei. 1990 wurden beide in das erste demokratische Nationalparlament gewählt und übernahmen die Funktion von stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Deutsch diente von 1999 bis 2002 in der ersten Orbán-Regierung als Minister für Sport und Jugend, anschließend wurde er Vizepräsident des Parlaments. 2009 wechselte er schließlich nach Brüssel und Straßburg.

Der heute 54-jährige Deutsch ist in dritter Ehe mit der ehemaligen rhythmischen Sportgymnastin Erika Lazsányi verheiratet. Aus früheren Beziehungen hat er vier Kinder.

JÜDISCHE FAMILIE Im vergangenen Jahr war er Schirmherr der Maccabi-Spiele in Budapest, der Europameisterschaft jüdischer Sportler. Diese Woche traf Deutsch sich mit dem israelischen Botschafter in Ungarn, Yakov Hadas-Handelsman, um über ein Projekt zu sprechen, mit dem die historische Rolle ungarisch-jüdischer Sportler bekannt gemacht werden soll.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

2015 sagte der Fidesz-Politiker in einem Interview: »Ich bin jüdischer Abstammung und natürlich stolz darauf. Die Familie meines Vaters war eine rein jüdische Familie, und meine Großmutter und mein Großvater waren Juden.« Sie hätten die Schoa überlebt, weil sie sich assimiliert hätten. Er sei elf Jahre alt gewesen, als er zum ersten Mal von seiner jüdischen Herkunft gehört habe.

Tel Aviv/Birmingham

Ex-Geisel zu Ausschluss von Maccabi-Fans: »Schämt euch!«

Emily Damari kritisiert den Ausschluss von Fans des Fußballvereins Maccabi Tel Aviv vom Europacupspiel bei Aston Villa. Sie spricht von einer »unerhörten Entscheidung«

 17.10.2025

Berlin/Ankara

Wadephul setzt auf Wiederannäherung von Türkei und Israel

Der deutsche Außenminister ist zum Antrittsbesuch in Ankara eingetroffen. Er sieht sich in einer Rolle der klassischen Diplomatie. Das gilt auch für das schwierige Verhältnis des Gastgebers zum jüdischen Staat

 17.10.2025

Meinung

Das moralische Versagen der Linken

Wenn Antisemitismus offen auf der Straße marschiert, dann hört man aus den linken Reihen: nichts.

von Nicole Dreyfus  17.10.2025

München

Wegen »Hitlergruß«-Collage: AfD-Mann Bystron verurteilt

Der Politiker teilt eine Fotomontage in sozialen Medien. Zu sehen: unter anderem Angela Merkel mit erhobenem Arm und ausgestreckter Hand

 17.10.2025

New York

Bürgermeisterkandidat bezichtigt Israel eines Völkermords

Der Demokrat Zohran Mamdani will das Land außerdem »nicht als jüdischen Staat« anerkennen

 17.10.2025

Interview

»Völkermörder!«: Nach dem Linken-Eklat in Neukölln - Jetzt spricht Bat Yams Bürgermeister

Bat Yams Bürgermeister Tzvika Brot wurde bei einem Besuch in Berlin-Neukölln von Fraktionschef der Linkspartei als Völkermörder beschimpft. Im Interview spricht er über den Vorfall und die Zusammenarbeit zwischen deutschen und israelischen Kommunen

von Detlef David Kauschke  17.10.2025

Reisen

Israelischer Reisepass verliert an Wert

Visafrei können Israelis in nur noch 165 Staaten der Welt reisen. Wie sieht es mit den Inhabern deutscher Pässe aus?

 17.10.2025

Washington D.C.

»Ich liebe Hitler«: Antisemitismus-Skandal bei »Jungen Republikanern«

In nun veröffentlichten Chats wird der Holocaust verharmlost, die Sklaverei verteidigt und Gewalt gegen politische Gegner befürwortet

 17.10.2025

Großbritannien

Starmer kritisiert Fanverbot für Maccabi Tel Aviv: »Falsche Entscheidung«

»Wir werden Antisemitismus auf unseren Straßen nicht tolerieren«, versichert der Premierminister

von Imanuel Marcus  17.10.2025