Einspruch

Quote statt Gedenken

Dieter Graumann Foto: wdr

Im Deutschen Bundestag wird eine würdige Gedenkstunde veranstaltet, der Bundestagspräsident hält eine eindrucksvolle Rede, der Bundespräsident, die Kanzlerin, das gesamte Kabinett und nahezu alle Abgeordneten sind anwesend, als Inge Deutschkron eine höchst bewegende und berührende Rede hält. Sie erzählt aus eigenem Erleben, wie es sich etwa damals anfühlte, als jüdisches Mädchen, gebrandmarkt mit dem gelben Stern, mitten durch Berlin zu gehen. Schwer war es, davon unberührt zu bleiben.

Die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF aber blenden sich bewusst mit ihren beiden Hauptprogrammen einfach aus. Es mag zwar nicht so gemeint gewesen sein, doch die beiden Sender transportierten hier das Signal von vermeintlichem Desinteresse: Eine Schande ist das – und schämen sollten sie sich dafür!

Zeitzeugen Jeder redet von verantwortungsvoller Gedenkkultur. Die Öffentlich-Rechtlichen jedoch scheinen nun der »Quotenkultur« Vorrang zu geben. Da spricht eine der letzten Zeitzeugen an einem so bedeutenden Tag, an einem so bedeutenden Ort. Doch anscheinend ist das, was sie sagt, für ARD und das ZDF nicht bedeutend genug, um ihr Programm zugunsten einer Live-Übertragung zu ändern: Boulevardmagazine statt der seltenen Möglichkeit, Geschichte aus erster Hand auf derart eindringliche Art und Weise zu vermitteln.

Gerade die öffentlich-rechtlichen Sender erklären uns in der aktuellen, kontrovers geführten Diskussion um die neuen GEZ-Zwangsgebühren, wie wichtig die Verantwortung ist, die sie wahrzunehmen haben. Diesen Anspruch befürworte ich persönlich sehr. Und ich denke: Er sollte uns auch etwas wert sein. Wenn aber die Verantwortung derart offensichtlich nicht wahrgenommen wird, kann ich keinerlei Absicht der Sender mehr erkennen, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Tatsache ist: Mit ARD und ZDF saß man vergangenen Mittwoch nicht in der ersten Reihe, sondern ganz weit draußen. Und mit dem ZDF, das hier offenbar zuständig war, sah man nicht etwa besser – sondern gleich überhaupt gar nichts.

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert