Vatikan

Pius XII. wusste von Judenvernichtung

Die italienische Zeitung »Corriere della Sera« veröffentlicht brisante Archivfunde

 19.09.2023 11:08 Uhr

Papst Pius XII. Foto: picture alliance / dpa

Die italienische Zeitung »Corriere della Sera« veröffentlicht brisante Archivfunde

 19.09.2023 11:08 Uhr

Papst Pius XII. (1939-1958) wusste offenbar bereits seit Dezember 1942 von der Massenvernichtung von Juden im Dritten Reich. Die italienische Zeitung »Corriere della Sera« veröffentlichte in ihrer Sonntagsbeilage (»Lettura«) einen Brief im Original, aus dem dies hervorgeht.

In dem Schreiben des deutschen Jesuiten Lothar König heißt es unter anderem: »Die letzten Angaben über Rawa Russka mit seinem SS-Hochofen, wo täglich bis zu 6000 Menschen, vor allem Polen und Juden, umgelegt werden, habe ich erneut über andere Quellen bestätigt gefunden. Auch der Bericht über Oschwitz (Auschwitz) bei Kattowitz stimmt.«

Risiko Der Brief Königs ist an den persönlichen Assistenten von Papst Pius XII. gerichtet, Robert Leiber. Er enthält zudem den Hinweis, dass die beiliegenden Informationen »unter dem äußersten Risiko beschafft« worden seien. »Wenn sie nicht unter der allergrößten Vorsicht und Umsicht gebraucht« würden, sei das Leben des Autors und anderer Menschen in Gefahr.

Weiter schreibt König: »Hier ist die Besorgnis sehr groß, ob in Rom mit der nötigen Vorsicht vorangegangen würde und bei einer etwaigen Besetzung des Vatikans nichts, wirklich nichts Belastendes vorgefunden werden könnte, was man gegen die deutsche Kirche auswerten kann.«

Zwei Wochen später hielt Pius XII. eine von Radio Vatikan weltweit übertragene Weihnachtsansprache. Darin beklagte er, dass »Hunderttausende Menschen ohne irgendeine Schuld und nur aufgrund ihrer Nationalität oder Rasse in den Tod geschickt werden«.

Archivar In derselben Ausgabe der Zeitungsbeilage vom Sonntag findet sich ein Interview mit dem Vatikan-Archivar Giovanni Coco, der das Schreiben als erster ausgewertet hat. Darin berichtet er, dass der in dem Brief erwähnte Bericht über Auschwitz bislang noch nicht wiedergefunden worden sei.

Coco fügt hinzu, er gehe davon aus, dass bis zum Eintreffen des König-Briefes vom 14. Dezember 1942 der Vatikan zwar über die Existenz von Lagern wie Dachau oder Auschwitz informiert war. Man habe aber zunächst gemeint, dass die Konzentrationslager lediglich Masseninhaftierungslager seien, in denen viele Menschen aufgrund schlimmer Haftbedingungen starben.

Der nun gefundene Brief habe diese Wahrnehmung geändert, erklärte Coco. Das Schreiben habe sich in Beständen des vatikanischen Staatssekretariates befunden, die dem zentralen Apostolischen Archiv (früher: Vatikanisches Geheimarchiv) erst 2019 übergeben worden seien. kna

Antisemitismus

Jude in Berlin-Biesdorf massiv beschimpft

Die zwei unbekannten Täter zeigten zudem den Hitlergruß und verhöhnten das Opfer wegen dessen Schläfenlocken

 28.04.2024

Holocaust

»Blutiger Boden, deutscher Raum« - was die Nazis in Osteuropa planten 

Die Nationalsozialisten träumten von einem Riesenreich voller idealer Menschen. Wer ihnen nicht passte, sollte verschwinden oder sterben. Ein neuer Film zeigt die Abgründe des Generalplans Ost

von Cordula Dieckmann  28.04.2024

Gastbeitrag

Berlin und jüdisches Leben sind untrennbar miteinander verbunden

Wer Terror verharmlost und das Existenzrecht nicht anerkennt, der gehört nicht zu uns

von Dirk Stettner  28.04.2024

Meinung

Keine Ausreden mehr!

Hamburg hat ein Islamismus-Problem. Deutschland hat ein Islamismus-Problem. Ein Weckruf

von Noam Petri  28.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert deutsche UNRWA-Politik

Josef Schuster: »Die Bundesregierung tut sich mit dieser Entscheidung keinen Gefallen«

 28.04.2024

Holocaust

Chef der Gedenkstätten-Stiftung: Gästebücher voll Hassbotschaften 

Hass, Antisemitismus und Israelfeindlichkeit bekommt auch die Gedenkstätte Sachsenhausen zu spüren - seit Beginn des Gaza-Kriegs gibt es dort deutlich mehr Schmierereien

 28.04.2024

Terror-Verbündete

Erdogan: Die Türkei steht weiterhin hinter der Hamas

»Man kann die Vorfälle des 7. Oktober gutheißen oder nicht. Das ist vollkommen Ansichtssache«, so Türkeis Präsident

 28.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert Urteile zugunsten antisemitischer Parole

Der Schlachtruf bedeutet »nichts anderes als den Wunsch der Auslöschung Israels«, betont Josef Schuster

 28.04.2024

Berlin

Warum Steinmeier den Runden Tisch zum Nahost-Krieg absagte

Der Bundespräsident hat seit dem Überfall der Hamas auf Israel schon mehrere Runde Tische zum Nahen Osten veranstaltet. Der nächste sollte in der kommenden Woche sein. Doch er entfällt

 27.04.2024