Berlin

»Ort deutscher Schande«

Bundespräsident Christian Wulff (r.) mit Norbert Kampe, dem Leiter der Gedenk- und Bildungsstätte Foto: dpa

Bundespräsident Christian Wulff und der israelische Minister Jossi Peled haben am Freitag an den 70. Jahrestag der Wannsee-Konferenz erinnert. Sie besichtigten gemeinsam die Ausstellung in der heutigen Gedenk- und Bildungsstätte am Großen Wannsee, in der am 20. Januar 1942 hohe Staatsbeamte des Nazi-Regimes die Organisation der »Endlösung der Judenfrage« besprachen.

Wulff verwies in seiner Ansprache auf das Nebeneinander von Idylle und absolutem Schrecken, das an diesem Ort am Ufer des Wannsees deutlich werde. Der Konferenzort sei zum Symbol geworden für die geplante und behördlich systematisierte Tötung der Juden Europas. Er sei zu einem Ort der kalten Grausamkeit geworden, »einem Ort deutscher Schande«, so Wulff.

Der Mord an den europäischen Juden bedeute »die niedrigste Stufe, auf die deutsche Kultur jemals sinken konnte«. Die dauerhafte Erinnerung an die nationalsozialistischen Gräueltaten sei eine »nationale Aufgabe«.

Rechtsextremismus Mit Bezug auf den aktuellen Rechtsextremismus und die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle sagte Wulff, er empfinde »Scham und Zorn«. Man werde alles tun, damit Terror und mörderischer Hass auf Fremde und Fremdes in Deutschland nie mehr Platz haben.

In der Vergangenheit sei immer wieder vor dem wachsenden Rechtsextremismus gewarnt worden. Damals habe er die Warnungen für übertrieben gehalten, sagte Wulff und wandte sich dabei auch direkt an den anwesenden Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer. Heute müsse man die Frage stellen, »ob Sie damit nicht recht hatten«.

Der Bundespräsident legte ein Bekenntnis zur Solidarität mit Israel und allen Juden in der Welt ab. Wann immer jüdische Bürger verfolgt würden oder in Gefahr seien, so Wulff, fühle sich Deutschland ihnen nahe und verbunden.

Kaddisch Der israelische Minister im Amt des Ministerpräsidenten, Jossi Peled, bekundete die Entschlossenheit des jüdischen Staates, den heutigen Antisemitismus zu bekämpfen.

In bewegenden Worten schilderte der Minister auch seine persönliche Geschichte. Peled ist 1941 als Jozef Mendelevich in Polen geboren worden. Seine gesamte Familie, bis auf seine Mutter, wurde in Auschwitz ermordet. Für seinen Vater, den er nie kennenlernen durfte, sprach er das Kaddisch.

Nach der Gedenkveranstaltung sagte Peled der Jüdischen Allgemeinen, er sei sehr bewegt gewesen, das Gebet an diesem Ort und diesem Tag sagen zu können: »Ich habe das Kaddisch aber nicht nur für meinen Vater, sondern zugleich für alle sechs Millionen Opfer gesagt«.

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  20.11.2025 Aktualisiert

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal: Prozess beginnt

Ein 19-jährigen Syrer soll dort im Februar einem spanischen Touristen lebensgefährlich verletzt haben. Aufgrund einer sofortigen Notoperation überlebte das Opfer

 20.11.2025

Washington D.C.

Trump unterschreibt Gesetz zur Freigabe von Epstein-Akten

Der Druck auf den US-Präsidenten wurde zu groß - nun hat er die Veröffentlichung von Akten zu einem Fall genehmigt, den er nicht loswurde. Was das bedeutet

von Anna Ringle, Franziska Spiecker, Khang Mischke, Luzia Geier  20.11.2025

Russischer Eroberungskrieg

Neuer US-Friedensplan: Ukraine unter Druck

Die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt, doch hinter den Kulissen scheint weiter verhandelt worden zu sein. Kiew trifft dies zu einem doppelt ungünstigen Zeitpunkt

 20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025