Berlin

Organisationen unterstützen Lahav Shapiras Klage gegen die Freie Universität

Ein Gebäude der Freien Universität Berlin Foto: picture alliance / imageBROKER

Vor dem Verwaltungsgericht Berlin hat am Dienstag der Prozess des jüdischen Studenten Lahav Shapira gegen die Freie Universität Berlin begonnen. Der Kläger wirft der FU vor, ihn und andere Studierende nicht ausreichend vor antisemitischer Diskriminierung geschützt zu haben – und damit gegen das Berliner Hochschulgesetz verstoßen zu haben, dass die Hochschulen verpflichtet, präventiv gegen Diskriminierung vorzugehen. Unterstützt wird die Klage von mehreren zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich vor Prozessbeginn zu Wort meldeten.

Heike Kleffner, Geschäftsführerin des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) betonte, die Bedeutung des Verfahrens gehe über den konkreten Fall hinaus: »Die Klage ist von grundsätzlicher Bedeutung für alle Studierenden, die von Antisemitismus, Rassismus und rechtsextremen Angriffen betroffen sind«, so Kleffner. Hochschulen verfügten oft über keine wirksamen Schutzkonzepte. »Wir hoffen, dass von dieser Klage auch ein Signal der Ermutigung ausgeht: dass es möglich ist, Hochschulen über das Hochschulgesetz zu konkretem Handeln zu verpflichten.«

Auch Julia Kopp von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Berlin sieht Handlungsbedarf: »RIAS Berlin sind seit dem 7. Oktober 2023 deutlich mehr antisemitische Vorfälle an Berliner Hochschulen bekannt geworden als zuvor. 2024 wurden insgesamt 51 Fälle dokumentiert.« Es sei notwendig, dass Hochschulen nicht nur Haltung gegen Antisemitismus zeigen, sondern auch konkrete Maßnahmen ergreifen: »Oft sind es jüdische Studierende selbst, die auf Vorfälle hinweisen. Das ist eine zusätzliche Belastung.« Sie fordert eine bessere Bekanntmachung zivilgesellschaftlicher Melde- und Beratungsangebote an Hochschulen.

Der Geschäftsführer des Bundesverbands RIAS, Benjamin Steinitz, verweist auf die bundesweite Relevanz: »Antisemitismus an Hochschulen ist ein Problem in allen Universitätsstädten. 2024 wurden dreimal so viele Vorfälle gemeldet wie im Jahr zuvor.« In etwa jedem fünften Fall sei sogenannter Post-Schoa-Antisemitismus dokumentiert worden, so Steinitz. »Das beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl jüdischer Studierender massiv. Hochschulleitungen müssen ihrer Verantwortung zum Schutz aller Studierenden gerecht werden.«

Naomi Tamir von der Jüdischen Studierendenunion Deutschlands (JSUD) betont die Auswirkungen auf den Studienalltag: »Wissenschaftsfreiheit bedeutet, dass alle Studierenden die Möglichkeit haben, frei von Angst zu studieren. Doch täglich berichten uns jüdische Studierende von Aufrufen, Schmierereien oder Bedrängungen, die Gewalt oder Mord an Jüdinnen und Juden relativieren oder glorifizieren.«

Auch Marina Chernivsky, Geschäftsführerin der Beratungsstelle OFEK, sieht strukturelle Ursachen: »Die Verbreitung von Terrorapologie, Geschichtsrevisionismus und antisemitischen Verschwörungsmythen im Kontext des Nahostkonflikts hat an vielen Hochschulen diskriminierende Strukturen entstehen lassen. Diese erschweren jüdischen Studierenden die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung.«

Avraham Yishai von der International Association of Jewish Lawyers (IJL) ordnet die Klage in einen internationalen Kontext ein: »Diese Klage ist die erste ihrer Art in Deutschland. Sie ist Teil eines europaweiten Engagements, jüdische und israelische Studierende vor Belästigung und Einschüchterung zu schützen.« Die IJL führe ähnliche Verfahren in Polen, Italien und Lettland. »Unser Ziel ist ein sicheres und respektvolles Lernumfeld für alle.«

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