Antisemitismus

Neonazis posten Karte mit Adressen

»Wiedererstarken der militanten Neonaziszene«: bei einer Kundgebung von Rechtsextremen in Berlin Foto: dpa

Auf der Facebook-Seite der rechtsextremen »Freien Kräfte Berlin-Neukölln (FKBN)« wurde am 9. November eine Grafik mit jüdischen Einrichtungen in Berlin veröffentlicht. Das teilte die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) mit. Die Organisation hatte den Post entdeckt und zusammen mit dem Büro des Bundestagsabgeordneten und religionspolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, alle aufgelisteten jüdischen Einrichtungen informiert und gewarnt.

In Frakturschrift steht auf der Grafik der Satz: »Juden unter uns!«. Darauf sind rund 70 Einrichtungen samt Adressen aufgelistet, darunter Kitas, Schulen, Synagogen, Geschäfte, Friedhöfe und Restaurants. Daneben steht die Anmerkung: »Heut ist so ein schöner Tag«.

»Mit diesem Verweis auf die antisemitischen Pogrome von 1938 wollen Rechtsextreme erneut eine Drohkulisse gegenüber Jüdinnen und Juden erzeugen«, so die Einschätzung der MBR-Projektleiterin Bianca Klose.

label Der MBR sind die »Freien Kräfte Berlin-Neukölln (FKBN)« seit 2010 bekannt. Laut MBR-Projektleiterin Klose werden von der Gruppe »regelmäßig offen rassistische und antisemitische Beiträge überwiegend zu weltpolitischen Ereignissen geteilt«. Nach Beobachtungen der MBR dient das vorwiegend virtuell genutzte Kürzel »FKBN« aktionsorientierten Neuköllner Rechtsextremen als Label für Aktivitäten, bei denen sie anonym bleiben wollen.

Auch Volker Beck äußerte sich empört und sagte der Jüdischen Gemeinde in Berlin seine volle Solidarität und Unterstützung zu: »Ich sehe darin einen Angriff auf unsere offene Gesellschaft. Es ist ein Angriff auf uns alle.« Beck sprach von einer »gezielten Provokation«. Konsequenzen werde der Vorfall laut Beck allerdings kaum haben. »Unserer ersten juristischen Einschätzung zufolge erfüllt dieses Posting aber nicht den Tatbestand der Volksverhetzung«, so Beck.

strafverfolgung »Wie auch bei anderen Feindeslisten ist es jetzt wichtig, sich solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen«, sagte MBR-Projektleiterin Bianca Klose am Donnerstag der Jüdischen Allgemeinen und fordert: »Die Strafverfolgungsbehörden müssen diese Drohungen ernst nehmen.« Sie zeigten »ein Wiedererstarken der militanten Neonaziszene Berlins«. Wenn gewaltbereiten Rechtsextremen von Zivilgesellschaft und Strafverfolgungsbehörden nichts entgegengesetzt werde, so Klose weiter, »fühlen sie sich bestärkt«.

Diese Auffassung teilt auch Volker Beck. Wie sein Büro der Jüdischen Allgemeinen mitteilte, habe er sich daher am Donnerstagmorgen unverzüglich an Bundesjustizminister Heiko Maas gewandt mit der Bitte, »endlich nachdrücklich gegen Facebook vorzugehen«, um Hasskriminalität im Netz besser verhindern und verfolgen zu können. ja

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025

Internet

Expertin: Islamisten ködern Jugendliche über Lifestyle

Durch weibliche Stimmen werden auch Mädchen von Islamistinnen verstärkt angesprochen. Worauf Eltern achten sollten

 19.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025