Ghetto-Renten

Nahles will liefern

Erklärte eine angemessene Entschädigung der Ghetto-Arbeiter zu ihrer »Herzensangelegenheit«: Andrea Nahles Foto: dpa

Die rückwirkende Auszahlung von Ghetto-Renten kann vermutlich bald erfolgen. »So schnell wie möglich« soll die Vereinbarung des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD umgesetzt werden, heißt es in einer Stellungnahme des Arbeitsministeriums von Andrea Nahles (SPD). »Daran arbeiten wir mit Hochdruck und sind gute Schritte vorangekommen.«

Der Vertrag sieht vor, dass »den berechtigten Interessen der Holocaust-Überlebenden nach einer angemessenen Entschädigung für die in einem Ghetto geleistete Arbeit Rechnung getragen wird«.

gesetzentwurf Noch bis Ende dieses Monats will Nahles einen Gesetzentwurf vorlegen, wonach ehemalige jüdische Ghetto-Arbeiter mehr Rente erhalten als bislang, berichtet der »Spiegel«. Es geht um die im Gesetz vorgesehene, von der Rentenkasse bislang verweigerte rückwirkende Auszahlung ab 1997.

Jüdische Organisationen begrüßen Nahles’ Vorhaben. Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden, sagte, Nahles »versucht hier wirklich geradezu vorbildlich, rasch etwas zu erreichen«. Das sei wichtig, denn: »Jeden Tag verlieren wir aufgrund ihres hohen Alters Menschen, denen das ihnen zustehende Geld nicht nur sozial geholfen hätte, sondern ihnen auch das Gefühl des würdevollen Umgangs zuteil werden ließe.«

Auch Rüdiger Mahlo, der Deutschland-Repräsentant der Claims Conference, begrüßt die Ankündigung und fordert eine schnelle Umsetzung. »Die betagten Überlebenden des Holocaust haben lange auf die ihnen gesetzlich zustehende Gerechtigkeit gewartet.«

Der Sprecher des Bundesverbands Information und Beratung für NS-Verfolgte, Jost Rebentisch, sagt: »Wenn Ministerin Nahles gut beraten ist, bringt sie eine Gesetzesänderung auf den Weg, mit der die unselige Stichtagsregelung aufgehoben wird.« Bislang erfolgt nach deutschem Sozialrecht nur eine Rückzahlung von maximal vier Jahren. Rebentisch fordert aber, dass »allen, die im Ghetto gearbeitet haben, ohne Wenn und Aber die Rente ab 1997 zugesprochen wird«.

entschädigung Das Arbeitsministerium will sich zu den Einzelheiten der künftigen Regelung derzeit nicht äußern. Nach Informationen der Jüdischen Allgemeinen hat Nahles intern eingeräumt, dass – trotz gezahlter Zuschläge – die Betroffenen die Regelung »als ungerecht« empfinden. Daher erklärte sie eine angemessene Entschädigung zu ihrer »Herzensangelegenheit«.

Derzeit leben noch etwa 20.000 ehemalige Ghetto-Arbeiter, die – anders als Zwangsarbeiter – für ihre Arbeit entlohnt wurden: teils mit Geld, teils mit Naturalien. Für fast alle wurden Rentenbeiträge abgeführt.

Nach unbestätigten Informationen soll Volker Kauder, der Vorsitzende der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, sich gegen Nahles’ Plan gestellt haben, die Gelder aus der Rentenkasse zu nehmen. Dies sei, soll Kauder nach Angaben der Nachrichtenagentur dts gesagt haben, nicht Aufgabe der Rentenkasse.

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Berufungsverhandlung gegen X wegen antisemitischer Inhalte

Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, unterstütze den Prozess

 09.07.2025

Langenau

»Die Aktivisten wollen den Pfarrer und seine Familie zermürben«

Württembergs Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl fordert konkrete Schritte gegen »propalästinensische« Störer vor der Martinskirche. Die Stadt habe »versucht, es auszusitzen«

 09.07.2025

Berlin

Lahav Shapira verklagt FU: Prozess beginnt Dienstag

Der attackierte Student wirft seiner Universität vor, zu wenig gegen Antisemitismus auf dem Campus getan zu haben

 09.07.2025

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Interview

»Schau ma mal, dann seng ma scho«

Josef Schuster über 75 Jahre Zentralrat der Juden in Deutschland, Herausforderungen für die Gemeinden und die Frage, ob er für eine weitere Amtszeit kandidieren will

von Leticia Witte  09.07.2025

Berlin

Merz: Israels Angriffe auf Iran sind völkerrechtskonform

Sind die israelischen Angriffe auf den Iran vom Völkerrecht gedeckt? Der Kanzler nimmt dazu nun eine eindeutige Haltung ein

 09.07.2025

Berlin

Millionenförderung für jüdisches Leben

Die sogenannten Staatsleistungen machten dabei fast 8,9 Millionen Euro in dieser Summe aus. Als Zuwendung für personelle Sicherheitsleistungen flossen den Angaben zufolge 6,1 Millionen Euro

 09.07.2025

Skandal-Band

Felix Klein fordert, Konzerte von »Bob Vylan« abzusagen

Das britische Punk-Duo hatte bei einem Auftritt israelischen Soldaten den Tod gewünscht

von Hannah Schmitz  09.07.2025