Interview

»Mehr als 20 Raketen«

Frau Bar Ulpan, wie haben Sie das vergangene Wochenende in Aschdod erlebt, unter dem Raketenbeschuss aus Gaza?
Es ist leider so, dass wir uns an solche Situationen allmählich gewöhnen. Alle paar Monate gibt es Raketenalarm, und wir müssen in die Schutzräume. Am Wochenende wurden mehr als 20 Raketen auf Aschdod abgefeuert. Aschdod ist die fünftgrößte Stadt in Israel, eine Viertelmillion Menschen wohnt hier. Eigentlich ist es unmöglich, so zu leben, aber so ist die Lage.

Gab es Panik in der Bevölkerung?
Die ersten Raketen kamen überraschend. Da ist eine leichte Panik ausgebrochen, aber zum Glück haben wir jetzt den Iron Dome, der alle Geschosse abgehalten hat – bis auf eines. Dieses schlug am Montagnachmittag um 14 Uhr in der Innenstadt ein, als sich viele Menschen auf der Straße und in den Geschäften aufgehalten haben. Es ist wirklich ein Wunder, dass niemand ums Leben kam oder schwer verletzt wurde. Das ist aber nur der Fall, weil die Menschen extrem aufmerksam sind und sich sofort, wenn der Alarm ertönt, in die Schutzräume begeben. Wenn man sich auf der Straße aufhält, muss man hinter Mauern oder in Garagen Schutz suchen.

Wie reagieren Kinder auf diese Situation?
Für sie ist es sehr schwierig. Oft verstehen sie gar nicht, was eigentlich los ist, manchmal sind sie einfach müde vom ständigen Alarm. Manche machen vor Angst wieder ins Bett, sie zucken zusammen, wenn sie irgendwelche Geräusche hören. Sie sind traumatisiert. Es scheint zwar so, als würden sie sich daran gewöhnen, aber in ein paar Jahren werden wir sehen, wie sich solche Traumata auf die Kinder ausgewirkt haben.

Haben die Schulen nach der Verkündung des Waffenstillstands wieder geöffnet?
Am Dienstag noch nicht, aber am Abend haben wir uns mit Vertretern der Armee zusammengesetzt und eine Einschätzung der Lage vorgenommen. Am Mittwoch hat der Schulunterricht wieder begonnen.

Gab es nach dem Waffenstillstand noch Raketenalarm?
Die Lage ist immer noch angespannt. Selbst wenn wir die Kinder wieder zur Schule lassen, bin ich als Mutter nicht ganz glücklich darüber. Es gibt in den Schulen nicht genug Schutzräume für alle. Und wir haben nur 45 Sekunden, um den Schutzraum zu erreichen. Das ist für ganze Schulklassen viel zu wenig Zeit. Aber wir haben entschieden, die Schulen wieder zu öffnen, also schicke ich auch meinen Sohn hin, denn das Leben muss weitergehen.

Gibt es in Aschdod im Moment dennoch so etwas wie Normalität?
Die Menschen gehen wieder nach draußen. Aber sie entfernen sich nicht allzu weit von ihren Häusern. Und wenn sie aus dem Auto steigen, sehen sie sich als Erstes um, wo der nächste Bombenschutzraum ist. Das ist unsere Normalität. Aber wir hoffen auf ruhigere Tage.

Mit der stellvertretenden Stadtdirektorin von Aschdod sprach Ingo Way.

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025

Schleswig-Holstein

Polizei nimmt weiteren Hamas-Terroristen fest

Mahmoud Z. soll ein Sturmgewehr, acht Pistolen und mehr als 600 Schuss Munition für Anschläge gegen jüdische und israelische Einrichtungen organisiert haben

 13.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten klettern auf Brandenburger Tor

Oben angelangt entrollten sie ein Banner, auf dem sie Israel Völkermord vorwarfen

 13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025

Entscheidung

Waffen an Israel: Berliner Gericht weist Klagen ab

Sechs überwiegend in Gaza wohnende Personen klagten in zwei Fällen gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Das Berliner Verwaltungsgericht sieht die Klagen als unzulässig an

 13.11.2025

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025