Meinung

Medien: Ein Herz für Attentäter

Zwei junge Palästinenser metzeln mit einer selbst für den Nahen Osten bemerkenswerten Brutalität vier ahnungslose, ins Gebet vertiefte Männer in einer Synagoge mit Äxten und Messern nieder, samt einem Wachmann, der die Betenden nicht mehr schützen konnte. Jeder mittelbegabte Polizeianwärter im ersten Ausbildungsjahr hätte die Frage, wer hier wen ermordet hat, rascher beantwortet als die Reporterin des »heute-journal« im ZDF.

Sie rätselte: »Wer ist Täter, wer ist Opfer?« War sie nicht auf dem letzten Nachrichtenstand? Doch, doch, das war sie; sie war sogar vor Ort. Meinte sie, die Opfer seien selbst schuld, oder, um die ebenso beliebte wie antisemitische Metapher zu benutzen, war der Mord das Ergebnis von »Auge um Auge, Zahn um Zahn«?

mitgefühl Auf die Idee könnte man kommen, denn die Reporterin beugte sich voller Mitgefühl – nein, nicht über die Angehörigen der Opfer – über Papa und Großtante der Täter, die kaltschnäuzig als »eine ganz normale Reaktion« rechtfertigten, was die eigene Brut gerade angerichtet hatte. Und natürlich durfte auch ein durchgeknallter, orthodoxer jüdischer Jugendlicher nicht fehlen: »Wir müssen alle Araber töten.« Danke, dass ich so umfassend aufgeklärt wurde.

Aber das ZDF, dem das Massaker bloß ein »schreckliches Ereignis« war, stand nicht alleine. CNN brachte Täter und Opfer praktischerweise in einer einzigen Schlagzeile unter: »4 Israelis, 2 Palästinenser bei einem Anschlag auf eine Synagoge getötet.«

reflexe Auch die Frankfurter Rundschau rückte ein fettes Bild auf die Titelseite, das eher dazu angetan war, antijüdische Reflexe zu bedienen: Geistig etwas labil wirkende Orthodoxe schauen beim Säubern des Tatorts zu. Nur Spiegel Online reagierte angemessen: Ein Rabbiner hat, die Arme verschränkt, seinen Kopf auf ein aufgeschlagenes Buch gelegt, berührend und mit der Überschrift »Nichts ist mehr heilig« nachdenklich stimmend.

Innehalten, zur Besinnung kommen, also das Gegenteil dessen, was die Mörder und deren Familien wollten und was eine öffentlich-rechtliche Anstalt geflissentlich transportiert hat, einschließlich tanzender und bonbonwerfender Idioten in der Westbank. Das sei auch nicht schön, meinte die Reporterin zwar noch, aber das hat ihren Beitrag nicht mehr rausgerissen. Die Mörder verklärt, die Opfer alleine im Dunkeln gelassen, der Hamas wird’s gefallen haben. Ich fand es widerlich. Aber typisch.

Der Autor ist Publizist und Filmautor.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert