Nahost

Lohn der Gewalt

Foto: dpa

Als US-Präsident Donald Trump im Mai Bethlehem besuchte, sprach er ein Thema an, das in Deutschland kaum wahrgenommen wird. Er forderte die Palästinensische Autonomiebehörde auf, endlich die sogenannten Märtyrerrenten abzuschaffen. Diese gehen an Familien von Terroristen, die »im Kampf gegen Israel« starben oder im Gefängnis landeten.

Ihre Höhe hängt von der begangenen Tat ab. Für Haftstrafen von 30 Jahren und mehr kann diese sich auf über 3100 Dollar belaufen. Die Mitteilung des US-Außenministers Rex Tillerson, dass Mahmud Abbas dem US-Präsidenten ein Ende dieser Zahlungen zusicherte, wurde mittlerweile von der Autonomiebehörde dementiert. Für sie steht dabei viel auf dem Spiel, denn die Märtyrerrenten sind für etliche Familien – Schätzungen gehen von 35.000 aus – eine wichtige Einnahmequelle.

europa-parlament Am 23. Juni vergangenen Jahres verurteilte Palästinenserpräsident Abbas im Europäischen Parlament in Brüssel die Anwendung von Terror und Gewalt und sagte, dass die Hände der Palästinenser »im Wunsch nach Frieden« ausgestreckt seien. Die EU-Parlamentarier dankten es ihm mit langem Applaus. Eine Woche später, am 30. Juni, ermordete ein 17-jähriger Palästinenser die 13-jährige Israelin Hallel Yaffa Ariel. Er erstach sie schlafend in ihrem Bett mit einem Messer, bevor er von Sicherheitskräften erschossen wurde. Weil er damit als »Opfer der Besatzung« gilt, kann seine Familie neben diversen Vergünstigungen auch eine monatliche Zahlung in Höhe von 350 Dollar erhalten.

Es gibt weltweit keine andere Gesellschaft, in der es sich finanziell mehr lohnt, Juden zu töten, als die palästinensische. Während es in zivilisierten Ländern Haftstrafen gibt, werden in den Palästinensergebieten Straßen, Schulen und Plätze nach diesen »Volkshelden« benannt. Ob es sich bei den Opfern um Holocaust-Überlebende handelt oder um Säuglinge, um linke Friedensaktivisten oder rechte Siedler, ist egal.

Donald Trump forderte also ein Ende dieser Märtyrerrenten. Aber warum geht eine solche Initiative eigentlich nicht von Deutschland aus? Schließlich gilt die Sicherheit Israels als Teil der Staatsräson. Es dient dieser Sicherheit aber keineswegs, wenn auch deutsche Gelder zur Finanzierung der kostspieligen Märtyrerrenten zweckentfremdet werden.

bundesregierung In Berlin wird gerne über dieses Thema hinweggesehen. Und das, obwohl Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, im vergangenen Jahr auf Nachfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck einräumen musste, dass der Bundesregierung bekannt ist, dass palästinensische Institutionen Zahlungen an in Israel Inhaftierte sowie an Familien von Verletzten und Getöteten leisten. Darunter seien auch Angehörige von Attentätern, sagte sie. Das war am 1. September. Zwei Wochen zuvor »beteuerte die Bundesregierung noch, keine Kenntnis zu Transfers an die Angehörigen von Terroristen zu haben«, merkte Beck damals an.

Auch die Europäische Union will lieber nicht so genau wissen, wofür Abbas die Hilfsgelder verwendet. Die Autonomiebehörde verfügte im Jahr 2016 über ein Budget von 4,8 Milliarden Dollar, wovon 310 Millionen in die Unterstützung von Märtyrerfamilien flossen. Das macht stolze 6,5 Prozent des Gesamthaushalts aus. Möglich wird das auch durch die Tatenlosigkeit der EU und Deutschlands, die für die Verwendung ihrer Hilfsgelder viel zu wenig Transparenz verlangen und so ihren Teil zur Aufrechterhaltung dieses bluttriefenden Sozialsystems leisten.

Solange die Gelder fließen, kann nicht nur religiös und ideologisch zum Kampf gegen Israel aufgerufen werden, sondern auch mit ebendiesen ökonomischen Anreizen. Die EU müsste unter Federführung Deutschlands die Autonomiebehörde vor die Wahl stellen, entweder mit der Hetze gegen Israelis/Zionisten/Juden (die Grenzen sind fließend und Hass ohnehin nicht gut im Differenzieren) aufzuhören oder keine finanzielle Unterstützung mehr zu bekommen.

USA Die Realität ist aber eine andere. Zumindest in Brüssel und Berlin. Unterdessen machen die Amerikaner weiter Druck. Jared Kushner, Schwiegersohn und Berater von Präsident Trump, hat mit dem Sonderbeauftragten Jason Greenblatt die Position bei einem Treffen mit Abbas im Juni erneut verdeutlicht.

Im US-Senat wurde vergangene Woche diskutiert, die an die Palästinenserbehörde fließenden Finanzmittel drastisch zu reduzieren, sollten Terrorrenten weiter gezahlt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der »Taylor Force Act«, ist benannt nach Taylor Force, einem 28-jährigen amerikanischen Studenten, der bei einem Besuch in Israel im vergangenen Jahr von einem 21-jährigen Palästinenser ermordet wurde.

Klare Ansage also aus Washington. In Ramallah scheint die Nachricht angekommen zu sein. Israelische Medien berichten, dass schon einige Rentenzahlungen gestrichen worden seien. Offiziell ist das nicht. Eine Absetzung dieser Zahlungen würde den sozialen Frieden gefährden. Umfragen zufolge sind 91 Prozent der Palästinenser gegen die Einstellung.

Doch wird es höchste Zeit, den Terror zu ächten. Wenn die Europäische Union an diesem Punkt versagt, wird sie weder ihrer historischen Verantwortung noch den eigenen moralischen Ansprüchen gerecht.

Der Autor ist Schriftsteller und schreibt regelmäßig für Spiegel, Cicero und Welt.

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Bildungsministerkonferenz

Publizist Friedman: Leben jüdischer Kinder schlecht wie nie seit 1945

Schulen als Bildungsorte für Demokratie und Menschenrechte, gegen Hass und Antisemitismus: Der Publizist Michel Friedman sieht hier große Defizite in Deutschland

 18.12.2025

Australien

Polizei in Sydney stoppt Verdächtige – Pläne vereitelt?

Nur wenige Tage nach den tödlichen Schüssen an Sydneys weltberühmten Bondi Beach gibt es einen Einsatz von Anti-Terror-Einheiten. Die Verdächtigen sollen auf dem Weg zum Strand gewesen sein

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Thüringen

Klage der rechtsextremen AfD gegen Verfassungsschutzchef teils erfolgreich

In einem Punkt wurde den Klägern recht gegeben, in zwei anderen nicht. Es geht um Äußerungen von Stephan Kramer in einem Medienbericht

 18.12.2025

Verbundenheit

Chanukka und Advent: Licht gegen den Hass

Im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland versichert die Ratsvorsitzende Bischöfin Kirsten Fehr der jüdischen Gemeinschaft ihren Beistand und ihre Solidarität

von Bischöfin Kirsten Fehrs  18.12.2025

Landgericht Berlin

Gericht: »From the River to the Sea« ist Aufruf zur Judenvernichtung

Die 2. Große Strafkammer des LG Berlin I hat einen Mann wegen der Verwendung der Parole zu einer Geldstrafe verurteilt. Nun muss wohl der Bundesgerichtshof ein abschließendes Urteil fällen

 18.12.2025