Berlin

Lichterzünden und Demonstration

Sicherheitsvorkehrungen am Brandenburger Tor Foto: dpa

Vor dem Brandenburger Tor in Berlin ist am Dienstagabend Europas größter Chanukkaleuchter entzündet worden. Das erste Licht an dem achtarmigen Leuchter zum jüdischen Lichterfest Chanukka zündete Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller gemeinsam mit Bundesjustizminister Heiko Maas (beide SPD) und dem israelischen Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff.

Der zehn Meter hohe Chanukkaleuchter auf dem Pariser Platz ist nach Angaben des Jüdischen Bildungszentrums Chabad Lubawitsch der größte in Europa. Bis 20. Dezember wird an jedem Tag mit Einbruch der Dunkelheit eine Kerze mehr an dem achtarmigen Leuchter gezündet.

Toleranz »Wir wollen mit Chanukka Licht in die Dunkelheit bringen«, sagte der Berliner Chabad-Rabbiner Yehuda Teichtal. Die Ereignisse der vergangenen Tage, das Verbrennen israelischer Fahnen durch arabische und palästinensische Demonstranten vor dem Brandenburger Tor, beunruhige die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sehr. »Berlin ist aber ein Ort der Offenheit und Toleranz. Wir sind bereit, gemeinsam von hier die Welt zu beleuchten«, unterstrich der Rabbiner.

»Der Chanukka-Leuchter im Herzen Berlins steht für die Kraft und das Selbstbewusstsein des Judentums in unserer Stadt«, betonte Michael Müller. Mit Blick auf die antisemitischen Proteste der vergangenen Tage, bei denen Demonstranten Hass-Parolen skandiert und Flaggen mit Davidstern verbrannt hatten, sagte der Regierende: »Das Verbrennen von Israelfahnen ist ein schändlicher Akt, den wir niemals hinnehmen werden.«

Bund Unterstützung erhielt die besorgte jüdische Community auch von Politprominenz aus Land und Bund, die an Chanukka teilnahm. Grünen-Chef Cem Özdemir erklärte, »nach den Protesten vom Wochenende stehen wir solidarisch an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger«.

Die Entscheidung von US-Präsident Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, sei äußerst unklug, so Özdemir. Das Verbrennen israelischer Fahnen oder Gewalt gegen Symbole der jüdischen Religion seien aber völlig inakzeptabel.» Bei Antisemitismus gebe es «kein Pardon», so der Grünen-Chef.

Nur einen Kilometer Luftlinie entfernt demonstrierten unterdessen erneut palästinensische und arabische Gruppen gegen die Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump. Laut Polizeisprecher Thomas Neuendorf wurde die Kundgebung in Absprache mit dem Veranstalter vom Brandenburger Tor, wo sich auch die US-Botschaft befindet, an den Washingtonplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof verlegt. Die Polizei wollte so verhindern, dass Teilnehmer der Veranstaltungen aneinandergeraten. Sie war mit 400 Beamten im Einsatz, Dolmetscher übersetzten die arabischen Parolen. Bei einem erneuten Verbrennen israelischer Fahnen werde eingegriffen, sagte Neuendorf.

Antisemitismus
Ein Teil der mehreren Hundert Demonstranten skandierte «Israel bombardieren» und «Allahu Akbar». Zugleich forderte ein Redner die Absage an jegliche Form von Antisemitismus und Aufrufe zur Gewalt. Die Proteste richteten sich gegen die von Trump verkündete Anerkennung Jerusalems als alleinige Hauptstadt Israels. Bis zum frühen Abend blieb die Kundgebung weitgehend friedlich.

Mit dem achttägigen Lichterfest Chanukka feiern Juden den Sieg der Makkabäer über die syrischen Armeen im Jahr 164 v.d.Z. und die Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels. Weil damals das ewige Licht im Tempel wie durch ein Wunder acht Tage lang gebrannt haben soll, wird an dem Leuchter jeden Tag eine weitere Kerze angezündet.

Chanukkaleuchter stehen traditionell auch vor dem Weißen Haus in Washington, nahe dem Big Ben in London und auf dem Roten Platz in Moskau. epd/Jerome Lombard

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert