Meinung

Lasst Ungarns Juden nicht allein

Angela Merkel besuchte die Budapester Synagoge und sprach mit Gemeindemitgliedern. Bei ungarischen Juden kam das gut an

von Rabbiner Joel Berger  03.02.2015 18:51 Uhr

Rabbiner Joel Berger Foto: dpa

Angela Merkel besuchte die Budapester Synagoge und sprach mit Gemeindemitgliedern. Bei ungarischen Juden kam das gut an

von Rabbiner Joel Berger  03.02.2015 18:51 Uhr

Selten fand der Besuch einer Bundeskanzlerin in einem EU-Mitgliedsland ein stärkeres Echo, als jene paar Stunden, die Angela Merkel am Montag in Budapest verbrachte. Die Kanzlerin vertrat unerschütterlich die freiheitliche Demokratie und den Rechtsstaat, und sie prangerte die willkürliche Behandlung der Opposition und das Abwürgen der Pressefreiheit an.

Ministerpräsident Viktor Orbán hingegen hat sich wiederholt als Vertreter eines »illiberalen Staates« präsentiert. Jüngst verdeutlichte Orbán die wahren Inhalte, die er und seine Regierung täglich zum Ausdruck bringen: »Wir wollen, dass Ungarn Ungarn bleibt!« Man wolle keine Minderheit mit einer anderen Kultur in Ungarn. Der Bürgermeister eines Städtchens in Ostungarn fühlte sich von diesen Worten zur Verteidigung ungarischer Werte dergestalt motiviert, dass er Puppen, die Benjamin Netanjahu und Schimon Peres zeigten, ruhigen Gewissens und öffentlich in seinem Ort aufhängte.

Mittäterschaft
Orbán und mehrere seiner Mitstreiter gelten zu Recht als Populisten, die einen »nationalen Freiheitskampf« gegen die EU führen. Was sie wollen, ist ein Rechtsstaat, der diesen Namen nicht mehr verdient. Judenhass, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile sind im ungarischen Alltag präsent. Erst vor einigen Tagen, also mehr als 70 Jahre nach der Massendeportation ungarischer Juden, sah sich Orbán bei einer Rede auf dem jüdischen Friedhof dazu gezwungen, erstmals zuzugeben, dass die Judenvernichtung unter aktiver Mittäterschaft der magyarischen Landsleute geschah.

Die jüdische Bevölkerung Ungarns empfing Merkel mit Hoffnungen und Erwartungen, die sie kaum erfüllen konnte. Mit großer Zufriedenheit registrierten die ungarischen Juden, dass die Kanzlerin die größte Synagoge des Landes besuchte und auf dem angrenzenden Friedhof am »Baum des Lebens« einen Stein niederlegte, um an die Opfer der Schoa zu erinnern.

Zuversicht In einem langen Gespräch mit Vertretern jüdischer Organisationen vermittelte die Kanzlerin Zuversicht; auch die schwierige Lage von Schoa-Überlebenden in einem Land mit einem erstarkten antijüdischen Umfeld wurde besprochen. Auch diesen Menschen wurde Hilfe in Aussicht gestellt. Die Kanzlerin regte eine Kooperation mit deutschen Universitäten an, die die Aufarbeitung der jüdischen Archive Ungarns ermöglichen soll.

Merkels Besuch zeigte, wie wichtig es ist, dass Europa Ungarns Juden nicht mit Orbán und seinen Leuten alleine lässt.

Der Autor ist in Ungarn geboren und war Landesrabbiner in Württemberg.

Georg M. Hafner

Auslöschen? Kein Problem!

Die Konsequenz des Frankfurter Urteils ist eine verheerende Verschiebung von roten Linien

von Georg M. Hafner  29.03.2024

Berlin

»UNRWA ist Teil des Problems«

Israels Botschafter Ron Prosor präsentiert Informationen zur engen Verbindung der Terrororganisation Hamas mit dem UN-Palästinenserhilfswerk

 28.03.2024

Halle / Frankfurt

DFB lässt proisraelisches Plakat bei Länderspiel abhängen

Plakat mit der Aufschrift »Bring them Home now« sei nicht genehmigt und entgegen UEFA-Regularien gewesen

 28.03.2024

Sachsen

Trotz antisemitischer Vorfälle: Leipziger Friedenspreis geht an »Handala«-Gruppierung

Die »pro-palästinensische Gruppierung« steht immer wieder wegen antisemitischer Vorfälle in der Kritik

 27.03.2024

Analyse

Allein

Der Jude unter den Staaten: Wie Israel von der Weltgemeinschaft verleumdet und im Stich gelassen wird

von Maria Ossowski  27.03.2024

Manchester Airport

Überlebende des 7. Oktober bei Einreise beschimpft

»Wir müssen sicherstellen, dass Sie hier nicht dasselbe tun wie in Gaza«, sagt ein Grenzbeamter zu den Israelis

von Imanuel Marcus  27.03.2024 Aktualisiert

USA/Israel

US-Verteidigungsminister empfängt israelischen Amtskollegen

»Wir den Kampf in Gaza nicht beenden, bevor wir alle Verschleppten nach Hause bringen«, erklärt Joav Gallant

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Berlin

Nach Angriff auf jüdischen Studenten: Hochschulgesetz wird verschärft

Möglichkeit der Exmatrikulation wurde zuvor von Rot-Grün-Rot abgeschafft

 26.03.2024